Politik

Folgen Merkel nicht: 22 Abweichler gegen Griechenland

Bei der Abstimmung im Bundestag werden vermutlich 22 Abgeordnete aus der Union gegen Angela Merkel stimmen. Das sind doppelt so viele als bei der vorigen Griechen-„Rettung“. Trotzdem hat der Widerstand eher symbolischen Wert.
26.02.2015 15:55
Lesezeit: 3 min

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Im Bundestag zeichnet sich eine breite fraktionsübergreifende Zustimmung für die Verlängerung der Griechenland-Kredite an diesem Freitag ab. Doch in Probeabstimmungen der Regierungsfraktionen stimmten bei der Union 22 Abgeordnete mit Nein, 5 enthielten sich. Bei der letzten Abstimmung im November 2012 haben allerdings nur zwölf Unions-Abgeordnete gegen die Griechenland-Kredite gestimmt. Der Widerstand hat allerdings eher symbolischen Wert: Interne Kritiker wie etwa CDU-Mann Klaus-Peter Willsch wurden entmachtet.

Die SPD votierte einen Tag vor der eigentlichen Abstimmung einstimmig für die geplante Verlängerung des Hilfsprogramms bis Ende Juni. Die Grünen haben ebenfalls bereits Zustimmung signalisiert.

Die Fraktionschefs Volker Kauder und Thomas Oppermann warnten die Regierung in Athen allerdings, ihre Zusagen wieder infrage zu stellen. Wenn Griechenland in den kommenden Monaten gegen die Absprachen mit den Gläubigern verstoße, seien diese hinfällig, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble. Die Debatte über ein drittes Hilfspaket wirft bereits ihre Schatten voraus.

Die Regierung in Athen ist auf den Zeitaufschub angewiesen, weil am Sonntag um 00.00 Uhr das Hilfsprogramm eigentlich endet und ohne Hilfe von außen die Staatspleite droht. Der Bundestag muss die mühsam ausgehandelte Fristverlängerung billigen. Weil eine Zustimmung der Grünen als sicher gilt und auch die Linke erstmals in der Euro-Rettungspolitik mit der Koalition stimmen will, dürfte es nur wenige Nein-Stimmen geben. Bei der Entscheidung über das zweite Griechenland-Paket 2012, das nun verlängert wird, waren noch 90 von 496 Abgeordneten dagegen.

Wegen der strikten Sparauflagen war die Linke bislang immer gegen die Griechenland-Kredite. Jetzt wird sie wohl erstmals mehrheitlich für das Kreditprogramm stimmen. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass die Athener Regierung nun linksgeführt ist. In einer Probeabstimmung am Mittwoch votierten 29 Linke-Abgeordnete dafür, 4 dagegen, 13 enthielten sich. Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi fordert die Unterstützung Griechenlands „mit aller Macht“. Allerdings müsse Bundesregierung einsehen, dass ihre „erpresserische Verhandlungsführung“ ein gewagtes Spiel mit dem Feuer sei. (Video am Anfang des Artikels). Endgültig wollen sich die beiden Oppositionsfraktionen erst am Freitag in Sondersitzungen kurz vor der Parlamentsabstimmung entscheiden.

Schäuble und Kauder äußerten in ihrer Fraktion Teilnehmern zufolge scharfe Kritik am griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis. Der hatte am Mittwoch erneut einen Schuldenschnitt ins Gespräch gebracht, was der Vereinbarung der Eurogruppe mit Griechenland widerspräche. Der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo hatte er zudem gesagt: „Wenn Ihr denkt, Ihr tut gut daran, progressive Regierungen wie unsere zur Strecke zu bringen, dann macht Euch auf das Schlimmste gefasst.“

Schäuble kritisierte Varoufakis‘ Äußerungen als „wenig hilfreich“. Nach Angaben von Teilnehmern sagte er in der Fraktion, die griechische Regierung trage mit solchen Interviews wenig dazu bei, das Vertrauen zu erhöhen. Sie „strapaziere die Solidarität der europäischen Partner“ erheblich. Kauder wurde mit den Worten wiedergegeben: „Da ist ein Ton eingezogen durch die neue griechische Regierung, der bisher in Europa nicht üblich war. Wir treffen unsere Entscheidungen aber nicht nach diesen halbstarke Sätzen, die da kommen.“

Oppermann rief die Athener Regierung auf, angekündigte Reformen auch umzusetzen. Ihre neuen Reform-Vorschläge müsse sie ausarbeiten und präzisieren, damit sie auch funktionierten, sagte er nach der Fraktions-Sondersitzung. Genau das soll die Athener Regierung gemäß der Vereinbarung in der Eurogruppe bis Ende Juni leisten. Erst wenn das Kreditprogramm auf dieser Basis abgeschlossen wird, können weitere Gelder der Euro-Partner und des IWF ausgezahlt werden. Zusammen mit Rückflüssen aus Gewinnen der EZB mit griechischen Anleihen geht es um 7,2 Milliarden Euro. Insgesamt wird das Land mit 240 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt.

Nach Einschätzung zahlreicher Experten wird Griechenland allerdings auch nach dem Ende des zweiten Rettungspakets weitere Kredite von außen benötigen. „Die entscheidende Frage stellt sich vor dem Sommer. Wenn Griechenland im Euro bleiben soll, wird es dann ein drittes Kreditpaket in mittlerer zweistelliger Milliardenhöhe für Griechenland geben müssen“, sagte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider zu Spiegel Online. Die US-Ratingagentur Fitch schrieb, es sei „höchst unwahrscheinlich“, dass das Land bis zum Sommer an den Kapitalmarkt zurückkehren könne. Dies mache ein Anschlussprogramm wahrscheinlich.

Die Griechen schöpften nach der vorerst abgewendeten Pleite wieder Vertrauen und brachten ihr Geld zurück zu den Banken. Ein Banker sagte Reuters in Athen, am Dienstag und Mittwoch seien insgesamt 850 Millionen Euro eingezahlt worden. Allein im Januar - und damit noch überwiegend vor dem Syriza-Wahlsieg - hatten sie neuen EZB-Daten zufolge gut 12 Milliarden Euro abgehoben.

Die vorherigen Bundestags-Abstimmungen zu Griechenland im Überblick:

7. Mai 2010: Die Regierungsfraktionen von Union und FDP sowie die oppositionellen Grünen stimmen mit wenigen Ausnahmen einer Bürgschaft für Notkredite von bis zu 22,4 Milliarden Euro bis 2012 zu. Die meisten SPD-Abgeordneten enthalten sich, die Linke stimmt dagegen.

27. Februar 2012: Abstimmung über das zweite Kreditpaket in Höhe von 130 Milliarden Euro, welches bis Ende 2014 laufen soll. Die schwarz-gelbe Koalition verfehlt die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit (50 Prozent plus 1 Stimme). Bei den Regierungsparteien Union und FDP gibt es einige Enthaltungen und Nein-Stimmen. SPD und Grüne stimmen dieses Mal mehrheitlich dafür, die Linke bleibt beim Nein.

30. November 2012: Der Bundestag stimmt für die Ausweitung des Rettungspakets. Schwarz-Gelb verpasst erneut die Kanzlermehrheit. Von Union und FDP kommen vereinzelt Nein-Stimmen. (12 von der Union, 10 aus der FDP). Auch SPD und Grüne stimmen mehrheitlich zu, die Linke bleibt wieder beim Nein. Mit dem Ergebnis werden weitere 43,7 Milliarden Euro an Krediten freigegeben.

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