Die ukrainische Regierung wird am Freitag Gespräche mit ihren Anleihen-Gläubigern über einen möglichen Schuldenschnitt führen. Die Investoren sollen bereit sein, einen Schuldenschnitt von 40 bis 50 Prozent zu akzeptieren, wenn dadurch eine Zahlungsunfähigkeit der Ukraine abgewendet werden kann, berichtet die Financial Times.
Allerdings dürfte eine Erleichterung bei der Schuldenlast des Landes nur möglich sein, wenn der Kreml kooperiert. Russland ist einer der größten Anleihen-Gläubiger der Ukraine. Doch Kiew will Moskau keine speziellen Vorrang bei den Verhandlungen zur Schulden-Restrukturierung einräumen. Der größte Gläubiger der Ukraine ist der US-Vermögensverwalter Franklin Templeton. Seit 2010 hat das US-Unternehmen über sieben Milliarden Dollar in ukrainische Staatsanleihen investiert (Video am Anfang des Artikels).
Doch einige Finanz-Analysten sind der Ansicht, dass es keinen Schuldenschnitt geben wird. Stattdessen sollen die Schulden-Tilgungstermine zeitlich auseinandergezogen werden, sagt der ehemalige ING-Banker Robert Grant. Schließlich habe es auch bei vergangenen Schulden-Restrukturierungen keinen Schulden-Schnitt gegeben.
Die Ukraine muss im aktuellen Jahr Auslandsschulden von etwa acht Milliarden Dollar begleichen. Davon entfallen drei Milliarden auf Russland als Gläubiger. Im vergangenen Monat sagte der russische Finanzminister Anton Siluanow, dass Russland die drei Milliarden Dollar bereits in das aktuelle Haushaltsbudget aufgenommen habe. Offenbar wird Russland auf einer Auszahlung der Summe beharren.
Währenddessen hat sich der IWF bereit erklärt, der Ukraine Kredite im Volumen von 17,5 Milliarden Dollar zu gewähren. Die erste Tranche in Höhe von fünf Milliarden Dollar wurde dem überschuldeten Land bereits zur Verfügung gestellt. Die IWF-Kredite sind Teil eines größeren internationalen Kredit-Pakets in Höhe von 40 Milliarden Dollar. Konkret hat der IWF seine bisher eher für kurzfristige Zahlungsprobleme ausgelegten Hilfen (Stand-By-Arrangement) umgewandelt in ein langfristiger angelegtes Programm (Extended Fund Facility). Damit erhält die Ukraine auch einen Zugriff auf europäische Steuergelder.
Denn Über die Extended Fund Facility wird Kiew Kredite von der EU, den USA, der Weltbank und dem IWF, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) erhalten. Die ukrainische Finanzministern Natalia Jaresko hatte am Dienstag Waffen-Käufe im Wert von 3,8 Milliarden Dollar angekündigt. Die Rüstungs-Deals sollen über die frischen Kredite finanziert werden.
Der Investor David Zervos von Jeffries warnte im vergangenen Jahr vor neuen Krediten an die Ukraine: „Man sollte sich nicht täuschen: Auch eine pro-EU-Regierung wird von korrupten Individuen geleitet. Das Land bleibt funktionsgestört.“ Zervos ist der Auffassung, dass das insolvente Land jetzt einen Schuldenschnitt braucht: „Wenn die pro-EU-Politiker intelligent wären, würden sie jetzt die Schulden wegblasen und einen radikalen Schuldenschnitt durchführen. Sie können dann die alte Garde für das Desaster verantwortlichen machen und neu starten“, schreibt Zervos in einem Brief an seine Investoren.
Doch ausländische Investoren wie George Soros fordern eine Rettung des Landes mit EU-Steuergeldern. Denn auch Soros hat in ukrainische Schuldpapiere investiert.