Polen gehört zu den EU-Ländern, die die Russland-Sanktionen aus Überzeugung mittragen und sogar auf einer Verschärfung jener Sanktionen bestehen. Die polnische Ministerpräsidentin Ewa Kopacz gilt zudem als Unterstützerin einer polnisch-amerikanischen Allianz und einer erweiterten Militär-Präsenz der Amerikaner in ihrer Heimat, um sich gegen eine angebliche russische Gefahr zu wappnen.
Doch in Polen ist mittlerweile eine neue Oppositions-Partei entstanden, die den Kurs der Regierung in Warschau nicht teilt, berichtet die Financial Times. Die Zmiana-Partei richtet sich gegen die westlichen Russland-Sanktionen und strebt gute polnisch-russische Beziehungen an. Bei den anstehenden Parlamentswahlen im Oktober 2015 will Zmiana mehr als zehn Prozent aller Wählerstimmen einholen.
Zmiana-Chef Mateusz Piskorski bezeichnet die Rhetorik des Westens gegenüber Russland als eine „Sprache der Konfrontation und des Dritten Weltkriegs“. Piskorski zufolge habe Polens überzogene Reaktion auf die russischen Eingriffe in der Ukraine den dortigen Konflikt erst wirklich eskalieren lassen. „Es gab keine militärische Invasion, sondern eine Zersetzung des ukrainischen Staates, der heute ein gescheiterter Staat (…) Wir sind gegen alle diejenigen, die behaupten, dass Russland eine aggressive imperialistische Macht ist“, sagte Piskorski den Financial Times.
Andere europäische Länder seien „rationaler und pragmatischer, wenn es um Ostpolitik geht“. Für den Zmiana-Chef ist die Notlage der polnischen Bauern, die aufgrund der Russland-Sanktionen Einbußen verzeichnen, wichtiger als die Ereignisse in der Ukraine.
Der Nationale Sicherheitsrat in Warschau stuft Zmiana als eine „eindeutig pro-russische Partei“ ein. „Wir müssen genau darauf achten, wer solche Parteien finanziert und zu wessen Gunsten diese Parteien arbeiten“, sagt der polnische Außenminister Gregorz Schetyna. Piskorski wird in polnischen Regierungskreisen als ein „Agent des Kremls“ angesehen. Doch diesen Vorwurf lehnt der 37-jährige Politologe ab. „Russland ist unser Nachbar und Partner (…) Russland ist das letzte Land, das in Polen einmarschieren würde“, so Piskorski.
Er ist überzeugt davon, dass in Polen und innerhalb der EU ein Stimmungsumschwung bezüglich der Russland-Sanktionen kommen wird. So hätten mittlerweile einige polnische Parteien die Rhetorik von Zmiana übernommen. Die Menschen seien unzufrieden mit den Verwirrungen zwischen Moskau und Warschau.
Tatsächlich gibt es innerhalb der EU einen Stimmungsumschwung. Nach Spanien, Zypern und Griechenland hat sich nun auch Tschechien für ein Ende der fortlaufenden Konfrontation mit Russland ausgesprochen. Hinsichtlich der Sanktionen müsse man sich fragen, ob man den Preis dafür zahlen wolle, sagt der Berater des tschechischen Präsidenten. Man stünde am Scheideweg und, „wenn wir falsch abbiegen, könnte das in einem Kalten Krieg“ enden. Von einer Mehrheit für neue Russland-Sanktionen kann innerhalb der EU jedenfalls keine Rede mehr sein.
Regierungs-Chefin Ewa Kopacz sagte hingegen kürzlich, dass die aktuellen Militär-Manöver Russlands die Staats- und Regierungs-Chefs der EU dazu nötigen sollen, eine weichere Linie bezüglich der Russland-Sanktionen einzunehmen. Der Kreml wolle somit den Entscheidungsprozess innerhalb der EU beeinflussen, zitiert der EU Observer Kopacz.