Politik

Atlantische Gemeinschaft: Schäuble verspottet Putin in den USA

Lesezeit: 2 min
18.04.2015 01:04
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich bei einer transatlantischen Veranstaltung über Russlands Präsident Wladimir Putin lustig gemacht. In der Sache klang Schäubles Spott eher wie das Pfeifen im Walde: Deutschland will den Konflikt mit Russland beenden. Doch zu einer eigenständigen Haltung fehlte Schäuble in den USA eindeutig der Mut.
Atlantische Gemeinschaft: Schäuble verspottet Putin in den USA

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat bei einer Diskussion des Council on Foreign Relations in New York versucht, den russischen Präsidenten Wladimir Putin lächerlich zu machen. Schäuble antwortete auf die Frage nach der Entwicklung in der Ukraine mit einem, wie er es nannte, Witz. Es gebe in Europa einen berühmten Preis, den Karlspreis. Dieser werde für Verdienste um die europäische Integration verliehen. Er schließe nicht aus, dass eines Tages Putin diesen Preis erhalten könnte. Putin habe die Europäer zu einer Einheit zusammengeschweißt (erstes Video über dem Artikel, ab Minute 53:00).

Schäuble konnte sich des, wie die FAZ es nennt, „herzlichen Gelächters“ des Publikums sicher sein. Das stimmt nicht wirklich, denn die Lacher waren eher in der Minderheit, weil die meisten Amerikaner noch nie im Leben vom Karlspreis gehört haben. Auch in Deutschland ist der Preis eher eine intime Veranstaltung, in der sich die politischen Eliten selbst auszeichnen. Die FAZ klärt daher ihr Publikum über die Bedeutung dieses Preises auf, und rückt Schäuble in das aus ihrer Sicht rechte Licht, indem sie schreibt: „In seiner bescheidenen Art erwähnt er nicht, dass sich unter dem Jahr 2012 auf der Aachener Liste der illustren Preisträger der Name Wolfgang Schäuble findet.“ Zuletzt hatte der mittlerweile längst in Vergessenheit geratene EU Ratspräsident Herman Van Rompuy den Preis erhalten.

Doch tatsächlich war der Spott Schäubles eher ein Ausdruck der Hilflosigkeit in der Ukraine Krise, die längst zu einem Stellvertreter-Krieg zwischen den USA und Russland ausgeartet ist. Die Europäer zahlen den Preis dafür, und Schäuble ist das offenbar auch bewusst. In seiner Antwort deutete Schäuble nämlich an, dass er es durchaus für denkbar hält, dass Putin in dem Streit mit dem Westen kurzfristig erfolgreich sein könne. Schäuble sagte, dass es keine militärische Lösung für die Ukraine gäbe. Er sagte, dass er damit auch mit dem amerikanischen Präsidenten und dem amerikanischen Vizepräsidenten übereinstimme.

Schäuble wies darauf hin, dass Deutschland alle Anstrengungen unternehmen wolle, um zur Zusammenarbeit mit Russland zurückkehren zu können. Er werde daher auch demnächst mit seinem russischen Amtskollegen zusammentreffen, um ihm zu sagen, dass die Minsker Vereinbarungen umgesetzt werden müssen. Dann sei eine Zusammenarbeit mit Russland wieder möglich. Schäuble strich auffallend oft hervor, wie einig die Europäer in den Sanktionen sind. Auch dies klang mehr nach einer Beschwörung als nach einer überzeugenden Feststellung. Denn tatsächlich sind die Europäer tief gespalten. Die Mehrheit der EU-Staaten will ein Ende der Sanktionen, weil die russischen Gegensanktionen verheerende Wirkungen auf die ohnehin angeschlagene Wirtschaft in Europa haben.

Es dürfte im Auditorium geschuldet gewesen sein, dass Schäuble sich nicht dazu durchringen konnte, eine entschiedene, eigenständige deutsche Außenpolitik in der Russland Frage zu skizzieren. Schäuble sprach immer wieder von einer „Atlantischen Gemeinschaft“, als gebe es neben der „Europäischen Gemeinschaft“ bereits eine zweite politische Union.

In Russland dürften Schäubles Witze über Putin weniger gut ankommen. Ein wesentliches Element des aktuellen Konfliktes liegt darin, dass Russland von der westlichen Wertegemeinschaft herablassend behandelt wird. Solche Überheblichkeit hat in der Geschichte der Kriege zwischen den Nationen in der Regel nicht zum Frieden geführt, sondern bestehende Spannungen meist verschärft.

Auch das deutsche Publikum dürfte sich dem Schenkelklopfen des transatlantischen Freundeskreises nicht vorbehaltlos anschließen. Ein kritisches Publikum erwartet vom Auftritt deutscher Politiker im Ausland, dass deutsche Interessen vertreten werden - gegebenenfalls auch Widerspruch gegenüber Freunden. Das transatlantische Bündnis wird erst wieder mit Leben erfüllt werden können, wenn deutsche Politiker nicht um der Pointe willen einen Kotau vor den Amerikanern machen und gleichzeitig andere Partner – in diesem Fall die Russen – vor den Kopf stoßen.

Schäuble neigt dazu, für einen spontanen Applaus seine gesamte Argumentation in Misskredit zu bringen. Das ist schade. Denn der CDU-Politiker vertrat im großen Ganzen bei dem Auftritt in New York wie auch beim zweiten Auftritt in den USA (bei Brookings, zweites Video über dem Artikel) durchaus differenzierte Auffassungen und formulierte, wenngleich verhalten, auch Kritik an den amerikanischen Partnern.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Ukraine greift russische Raffinerien mit Drohnen an
31.05.2023

Die Drohnenangriffe der Ukraine auf Russland nehmen zu. Nach einem Luftangriff auf Moskau gerieten nun zwei russische Raffinerien ins...

DWN
Finanzen
Finanzen Märkte reagieren: Ende des US-Schuldenstreits zum Greifen nah
30.05.2023

In den USA läuft das Drama um den drohenden Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt weiterhin nach Drehbuch: Eine...

DWN
Ratgeber
Ratgeber Rentenpunkte: Lohnt sich der Kauf im Jahr 2023?
31.05.2023

Wer vorzeitig in Rente will, kann Sonderzahlungen an die Deutsche Rentenversicherung leisten. Doch rechnet sich das?

DWN
Finanzen
Finanzen Aggressive Zinserhöhung: Schwedens Immobilienkrise verschärft sich
30.05.2023

Schwedens Immobilienkrise ist auf vier Hauptfaktoren zurückzuführen. Immobilienfirmen weltweit haben niedrige Zinsen und steigenden...

DWN
Technologie
Technologie Neue Welle von Cyberattacken trifft den Westen unvorbereitet
30.05.2023

Die Cyberangriffe auf westliche Unternehmen und staatliche Institutionen erreichen ungeahnte Ausmaße. Die desaströse Lage hat nach...

DWN
Politik
Politik DWN Exklusiv – Folker Hellmeyer: „Wir erleben die größte existenzielle Krise seit 1949“
28.05.2023

Die Machtachsen verschieben sich zu Ungunsten des Westens, konstatiert Folker Hellmeyer, Experte für Weltwirtschaft und Geopolitik. Ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Cum-Ex: Jahrelange Haft für Schlüsselfigur Hanno Berger
30.05.2023

Früher kontrollierte Hanno Berger als Finanzbeamter für den Staat Banken. Später wirkte er an einem Geschäftsmodell mit, durch das der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Das Ende des Wirtschaftswachstums: Kommt nun der Untergang des Abendlandes?
29.05.2023

Stagniert unsere Wirtschaft in Wahrheit seit Jahren? Sinkt der Lebensstandard bereits? Christian Kreiß deckt die Faktoren auf, auf die es...