Der Gründer der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, hat wegen des Konflikts in der Führung der AfD mit seinem Austritt aus der Partei gedroht. Sollte es nicht gelingen, diese Kräfte auf dem Bundesparteitag am 13. Juni politisch zu isolieren, wäre die Gründung einer eigenen neuen Partei womöglich der einzige Weg, hieß es aus den Kreisen der Lucke-Anhänger.
«Wir sehen für uns keine Zukunft in der AfD, wenn die Partei nicht entschieden denjenigen Einhalt gebietet, die pöbelnd Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen oder an den politischen Rändern unserer Gesellschaft hausieren gehen», heißt es in einer Botschaft, die Lucke und vier weitere Europaabgeordnete der AfD am Montag an alle Partmitglieder verschickten.
Der Machtkampf in der AfD würde allen sogenannten Altparteien zur Ehre gereichen. Er wird mit äußerster Härte geführt und zu einem signifikanten Teil von Steuergeldern finanziert.
Der Lucke-Flügel rief die AfD-Mitglieder auf, einem von ihm gegründeten neuen Verein namens «Weckruf 2015» beizutreten. Ziel des Vereins sei es, gemeinsam für eine Erneuerung der AfD ohne «Karrieristen, Intriganten und Vertreter der Neuen Rechten» zu kämpfen. Luckes Gegner in der AfD befürchten allerdings, dass dieser Verein zur Keimzelle für eine neue Konkurrenzpartei werden könnte.
Luckes wichtigste Gegenspielerin in der AfD ist zur Zeit die Co-Vorsitzende Frauke Petry. Die Chefin des sächsischen Landesverbandes zeigt mehr Verständnis als er für «Wutbürger» und rechten oder sehr konservativen Kräfte in der Partei. Lucke wirft ihr vor, die Parteimitglieder gegen ihn aufgehetzt zu haben.
Die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch sagte, Lucke müsse sofort die Gründung einer neuen Partei ausschließen oder aber die AfD verlassen.
«Frauke Petry wird lernen müssen, dass sie mich nicht gleichzeitig angreifen und zu vertrauensvoller Zusammenarbeit auffordern kann», sagte Lucke der Neuen Osnabrücker Zeitung. Petry forderte Lucke ihrerseits auf, sich von den Berichten über eine mögliche Parteineugründung zu distanzieren. «Ich bitte ihn daher, umgehend und heute noch auszuschließen, dass die Neugründung einer Partei oder Vereinigung geplant ist», erklärte Petry gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die Mitglieder der AfD sehnten eine Einigung seitens der Bundesspitze herbei. Dafür wollten sie und die große Mehrheit der Partei weiter kämpfen.
Dem Lager der Lucke-Anhänger gehören unter anderem der Vorsitzende des AfD-Landesverbandes in Baden-Württemberg, Bernd Kölmel, und der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, an. Petry kann ihrerseits auf die Unterstützung des Brandenburger AfD-Chefs Alexander Gauland und des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Marcus Pretzell zählen.
Liebe Mitglieder und Förderer der AfD,
in seinem Mitgliederrundschreiben vom 11.5. hat Bernd Lucke in deutlichen Worten auf die Gefahren hingewiesen, die unserer Partei drohen. Sehr viele Mitglieder haben daraufhin geschrieben und ihren Zuspruch und ihre Unterstützung ausgedrückt. In den allermeisten Zuschriften offenbart sich eine große Unzufriedenheit mit dem Erscheinungsbild der AfD und dem Kurs, den einige ihrer führenden Vertreter einschlagen. Viele Mitglieder denken deshalb an einen Austritt oder fordern offen die Gründung einer neuen Partei.
Dieser Entwicklung wollen wir, heutige oder frühere Mitglieder im Bundesvorstand oder in Landesvorständen, nicht tatenlos zusehen. Denn auch wir verspüren dieselbe Bedrohung. Auch wir sehen für uns keine Zukunft in der AfD, wenn die Partei nicht entschieden denjenigen Einhalt gebietet, die pöbelnd Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen oder an den politischen Rändern unserer Gesellschaft hausieren gehen.
Wir sind nicht bereit, diesen Gruppen als seriöse, bürgerliche Fassade zu dienen. Unser Engagement für eine gute Sache darf nicht für die Zwecke derer missbraucht werden, die aus der AfD eine radikale, sektiererische Partei von Wutbürgern machen möchten. Wir müssen uns gegen diese Versuche wehren, wenn wir eine glaubwürdige Alternative für eine politische Erneuerung sein wollen.
Aber diese Alternative bieten wir nicht, wenn wir tröpfchenweise und unbemerkt die AfD verlassen. Und noch immer besteht die AfD weit überwiegend aus vernünftigen, anständigen und motivierten Mitgliedern, von denen viele sich ähnliche Sorgen machen. Wir dürfen uns nicht vereinzeln lassen.
Deshalb haben wir uns in der Initiative Weckruf 2015 zusammengefunden. Deshalb bitten wir Sie: Treten Sie nicht aus, sondern schließen Sie sich unserer Initiative an, damit wir gemeinsam, überlegt und koordiniert handeln können. Vor einer Entscheidung sollten wir abwarten, welche Weichen auf dem Bundesparteitag am 13. Juni gestellt werden.
Denn wir haben in den letzten zwei Jahren in der AfD viel erreicht und wir wollen das Erreichte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Aber leider hat sich nicht alles zum Guten entwickelt. Die Bedrohungen, denen unser aller Arbeit ausgesetzt ist, sind ernst und in der Parteiführung fehlt die nötige Einigkeit, um kraftvoll dagegen vorzugehen.
Es ist ein Alarmsignal, dass einige führende Vertreter der AfD Entwicklungen decken und fördern, die das Ansehen der AfD ramponieren. Es ist ein Alarmsignal, dass drei Landesvorsitzende öffentlich die Mitgliedschaft in der rechtsextremen NPD verharmlosen.
Diese öffentlich wahrnehmbaren Entwicklungen sind leider nur die Spitze des Eisbergs. Ein großer Teil dessen, was die Partei gefährdet, spielt sich in internen Zusammenkünften und Zirkeln ab, in denen die Machtübernahme vorbereitet wird. Die Basis der Partei wird so bewusst in Unkenntnis der Bedrohung gehalten, der die AfD ausgesetzt ist. Aber wir, die wir täglich in der AfD in verantwortlichen Positionen gearbeitet haben, wir kennen zumindest einen Teil dieser Umtriebe. Und wir wissen: Wenn wir jetzt nicht entschieden entgegensteuern, ist die Partei verloren.
Deshalb haben wir heute den Weckruf 2015 gegründet. Wir laden alle Mitglieder ein, dieser Initiative beizutreten. Wir bitten insbesondere diejenigen, sich uns anzuschließen, die kurz- oder mittelfristig einen Austritt aus der AfD erwägen oder die nicht allein zurückbleiben wollen, wenn andere gingen.
Wir wollen mit dieser Initiative das Schicksal der AfD zum Guten wenden. Sie haben es in der Hand: Mit Ihrer breiten Unterstützung können und wollen wir uns auch künftig für die AfD einsetzen als einer Partei, die sachlich und konstruktiv sowohl konservative, als auch liberale und soziale Wertvorstellungen vertritt.
Für uns ist diese Art von AfD entscheidend: Nur in einer solchen Partei können wir Mitglieder sein. Deshalb kann die AfD nicht erfolgreich sein, wenn manche Führungspersonen weiterhin versuchen, die politischen Ränder aufzuweichen und auch radikale Kräfte integrieren wollen, die grundsätzlich systemkritisch, fundamental-oppositionell und nationalistisch daherkommen.
Mit solchen Vorstellungen haben wir nichts gemein. Genau so wenig haben wir etwas gemein mit den Karrieristen und Opportunisten, die sich mit diesen Kräften verbünden. Dafür haben wir nicht gearbeitet, dafür werden wir nicht arbeiten, und dafür geben wir unsere Namen und unseren Ruf nicht her.
Sie wissen, für welche Politik und für welchen Stil der politischen Auseinandersetzung wir, die Unterzeichner dieser email, stehen. Damit haben wir uns das Vertrauen von Millionen von Wählern erworben. Vertrauen auch Sie uns: Resignieren Sie nicht, treffen Sie keine übereilten Entscheidungen und treten Sie nicht einsam aus. Schließen Sie sich mit uns im Weckruf 2015 zusammen! Nur so hat die AfD eine Zukunft.
Gemeinsam können wir der Bedrohung der Partei entgegenwirken. Gemeinsam können wir die Mitglieder aufrütteln, die weniger als wir in der täglichen Arbeit der Partei erleben, was die Partei gefährdet. Die weniger als wir von geschlossenen Facebookgruppen und verdeckten Foren wissen, in denen mit verbalen Pöbeleien zum Sturm auf die Inhalte unserer Partei und ihre führenden Repräsentanten geblasen wird. Die weniger als wir täglich erleben müssen, wie Karrieristen, Intriganten und Vertreter der Neuen Rechten in einer unheiligen Allianz versuchen, sich eine Partei zueigen zu machen, die sie nie alleine hätten aufbauen können und die sie nie alleine zum Erfolg werden führen können.
Die AfD ist unsere Heimat. Wir brauchen die Mehrheit der Vernünftigen, Anständigen und Toleranten, damit sie es bleibt. Nichts wäre schlimmer, als die AfD unter der Führung einer Minderheit dem sicheren Verfall preisgeben zu müssen.
Deshalb appellieren wir auch an Frauke Petry, sich dem Weckruf 2015 anzuschließen. Er vertritt die von Tausenden unserer Mitglieder basisdemokratisch beschlossenen programmatischen Positionen der AfD: Das Bundestagswahlprogramm, das Europawahlprogramm und die politischen Leitlinien. Wir reichen allen AfD-Mitgliedern die Hand, die unverändert zu diesen Positionen stehen und öffentlich klare Kante zeigen gegen jeden, der nur seine persönlichen Interessen verfolgt oder die AfD zu einer radikalisierten Protestpartei umbauen will. Diesen Weg sind schon viele Parteien gegangen. Er war nie vom Erfolg gekrönt. Er ist falsch und würde von uns nicht mitgegangen werden. Die AfD muss eine unideologische, sachlich und konstruktiv arbeitende Volkspartei für die Mitte der Gesellschaft bleiben.
Mehr Informationen zum Weckruf 2015 finden Sie auf unserer Homepage. Bitte melden Sie sich dort als Unterstützter an und treten Sie dem Weckruf 2015 bei.
Herzliche Grüße
Bernd Lucke
Hans-Olaf Henkel, Bernd Kölmel, Joachim Starbatty, Ulrike Trebesius