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Bitcoin für Geldscheine: Der Chip, der das Bargeld retten soll

Lesezeit: 4 min
29.05.2015 00:23
Geldscheine könnten künftig mit einem Chip versehen und registriert werden. Die digitale Sicherung soll das Bargeld vor der weltweiten Abschaffung retten, so die Entwickler. Sie verstehen ihre Erfindung als Angebot an die Zentralbanken, den innovativen Bitcoin-Ansatz für sich zu adaptieren.

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Das österreichische Start-up Edaqs hat ein digital gesichertes Bargeldsystem entwickelt. Die „DICE-Technologie“ soll eine Art Schutzsystem darstellen, das ein digital verschlüsseltes und – laut Hersteller – fälschungssicheres physisches Währungs-System bietet. DICE ermöglicht durch das Anbringen eines RFID-Chip auf die Scheine eine digitale Echtheits-Prüfung der Banknoten an entsprechenden Terminals.

Ziel sei es, die Vorteile von Papiergeld mit der digitalen Möglichkeit, einer „nach militärischen Standards geprüften“ Sicherheitsverschlüsselung zu verbinden. Den Entwicklern zufolge ist DICE eine unabhängige Technologie, wird jedoch in Zusammenarbeit mit führenden Regierungen und Notenbanken entwickelt. Die russische und australische Zentralbank sollen bereits Interesse angemeldet haben.

Das Konzept basiert allgemein auf der Registrierung von Banknoten, sei es durch Seriennummern, Barcodes oder eben RFID-Chips. Diese werden bei vernetzten Händlern, Banken und anderen  Terminals registriert. Sollte das Geld mit einem Verbrechen in Verbindung stehen, gefälscht oder aus anderen Gründen entwertet sein, wird der Käufer gewarnt.

Bei der RFID-Variante gehen die Möglichkeiten sogar noch weiter: Sollten die registrierten Gelscheine etwa bei einem Bankraub gestohlen werden, kann die Bank sie auf Antrag entwerten lassen. Dadurch werden Sie spätestens beim nächsten Scan an einem Händlerterminal als wertlos erkannt und somit unbrauchbar.

Den Herstellern zufolge wurde das DICE-Verfahren entwickelt, um „die Sicherheits-Probleme des heutigen Bargeldsystems zu lösen“. Wie genau das funktioniert, ist in der Publikation beschrieben. Gründer Daryl de Jorí stellt klar: „Das System beruht nicht allein auf eine RFID-Banknote, sondern auf der Erfassung der Banknoten im Allgemeinen. Hierzu gehören auch aufgedruckte Codes und sogar Seriennummern. Damit stehen wir für den Erhalt des Bargeldes und werden diesen Weg auch weiterhin verfolgen.“

De Jorí erklärt, wie ihm während den Verhandlungen mit diversen Nationalbanken erst richtig bewusst wurde, dass bestimmte Länder „die Abschaffung des Bargeldes bereits fest beschlossen haben und die gesetzlichen Hürden Stück für Stück fortschaffen“, so de Jori. Grundsätzlich sehe er vor allem in den führenden Industrieländern „eine rasante bargeldfeindliche Entwicklung“. Die Auswirkungen einer bargeldlosen Gesellschaft seien hingegen leider nur den wenigsten bekannt, anders sei der Erfolg in den skandinavischen Ländern nicht zu erklären, so der Gründer.

In Dänemark etwa nutzen nahezu zwei Drittel der Bankkunden bereits kostenlosen Bank-Apps und der Staat wolle nun auch Pin-freies mobiles Zahlen großflächig fördern. „Bereits heute können Privatnutzer gegenseitig auf der Straße digitales Geld austauschen und die Nationalbank arbeitet auch offiziell auf eine bargeldlose Gesellschaft hin. Ehe man es wahrnimmt, wird in Dänemark Bargeld keine große Rolle mehr spielen.“

Reine Kryptowährungen wie Bitcoin und eine Bitcoincard sind für de Jorí jedoch „keine Lösung für ein Leben nach dem Bargeld.“ Wie er mit dem DICE-System stattdessen das Bargeld digital retten will , erklärt er im Interview mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten:

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie entstand die Idee zur Entwicklung des DICE-Systems?

Daryl de Jorí: DICE entstand aus der Weiterentwicklung einer intelligenten Kryptowährung, die anders als der Bitcoin einen stabilen, dynamisch-geschützten und vor allem inflationsbefreiten Realwert bietet. Aus dem heraus, konzipierte man ein Banknotensystem, welches alle Probleme der heutigen Banknoten mit den Vorteilen einer bargeldlosen Wirtschaft anhand neuester technischen und wissenschaftlichen Methoden löst. Ein anderer Grundgedanke zu DICE war, der Abschaffung des Bargeldes sämtliche Argumente zu entziehen und in ein passives System zu vereinen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie wird das Projekt finanziert?

Daryl de Jorí: Das obliegt der Behörde, die für die Geldpolitik des jeweiligen Währungssystems zuständig ist. Wir empfehlen die Systeminstandsetzung sowie Instandhaltung über einmalige bzw. jährliche Gebühren per Terminal und auf freiwilliger Basis. Vergleichbar mit den heutigen POS/CC Terminals.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie sicher ist die Technologie verschlüsselt?

Daryl de Jorí: In der MRC-Ausführung (Machine Readable Code wie zum Beispiel DataMatrix oder Barcode) gar nicht. Hier liegt das Augenmerk auf das schnelle Einlesen der Seriennummer. In der RFID-Variante greifen wir auf eine neue Verschlüsselungstechnik eines Entwicklungspartner zurück, dessen Details im Moment aus vertraglichen Gründen nicht erläutert werden können. Diese Variante ist allerdings fälschungssicher.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Aktuell stehen nicht selten Staaten hinter Cyber-Angriffen – wäre ihre Technologie nicht eine Einladung für die NSA und Co?

Daryl de Jorí: Nein. Die Informationen des Systems enthalten nur terminalgebundene Daten. In der Theorie kann man mit den Daten lediglich die Bargeldwirtschaft analysieren und erweiterte Erkenntnisse zur Finanzstabilität des Landes ermitteln. Für die Länder ist der Einsatz des DICE-Systems zudem kaum risikobehaftet, zumal auch bei einem Komplettausfall des Systems die Banknoten normal weiterzirkulieren können. Hinzu kommt, dass zum Beispiel der Einzelhändler sich freiwillig am System anschließen darf und es diesem obliegt, die Vor- und Nachteile für sich einzuschätzen.

Wir setzen uns mit all unseren Projekten und Initiativen jedenfalls für mehr Transparenz im Finanzmarkt und im Kreditgeschäft ein, sowohl mit unserem System zur Transparenten Bankenüberwachung IRDAQ I FiBa für das Finanz und Bankensystem als auch mit unserem Echtzeitkreditratingsystem IRDAQ II für souveräne Staaten – wir würden hier sogar die Veröffentlichung anonymer Daten im Rahmen von Open Data unterstützen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Hat die Europäische Zentralbank Interesse angemeldet?

Daryl de Jorí: Dazu können wir im Moment leider keine Auskunft geben.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Gibt es neben den Zentralbanken auch andere, etwa private potentielle Kunden?

Daryl de Jorí: Als Ausführer des Systems kommen nur staatliche Institutionen wie Zentralbanken und Nationalbanken in Frage. Die Einzelhändler und Banken sind letztendlich die Kunden der Zentralbank und haben als solche nur Einsicht auf die Validität der geprüften Banknote.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten:  Viele Bankkunden schätzen gerade die Anonymität am Bargeld: Widerspricht ihr Geschäftsmodell nicht genau dem? Anders gefragt: Was hat digital erfasstes Bargeld noch für einen Vorteil gegenüber neuen digitalen Zahlungsmöglichkeiten etwa via Smartphone?

Daryl de Jorí: Digitale Zahlungsmöglichkeiten sind fast ausschließlich personengebunden. Von DICE erfasste Banknoten werden von Terminals im Einzelhandel erfasst und erzeugen so auch einen indirekten Schutz für den Bürger, der nach wie vor eine passive und anonyme Rolle im System spielt. Der Privatnutzer besitzt mit der DICE-Banknote lediglich ein Stück Papier, wie jetzt auch, oder in der RFID-Variante ein passiv sendendes Objekt, welches unvergleichbar harmloser als jede NFC-Bankomatkarten mit unverschlüsselten Kartentransaktionen ist. Leider würde eine Aufzählung der Vorteile von DICE den Rahmen sprengen. Ein befürwortender Privatnutzer hatte als Beispiel genannt, dass er so endlich sein gesamtes Erspartes bei der Bank beheben könnte und vor den Negativzinsen zu schützen, während er keine Angst mehr vor Einbrecher haben müsste.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Viele Kunden misstrauen den Zentralbanken aufgrund der aktueller Geldpolitik ohnehin: Wäre DICE eine Möglichkeit für die Zentral-Banken, aus geldpolitischen Entscheidungen heraus, bei Bedarf große Mengen an Bargeld zu entwerten?

Daryl de Jorí: Nein. Das käme einem Diebstahl gleich und wäre so, wie wenn die EZB ab heute keine 50-Euro-Banknoten mehr als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptieren würde. Und die Banken selbst dürfen keine Banknoten entwerten. Die Entwertung einer Banknote erfolgt nur nach Berücksichtigung eines behördlichen Antrags.

***

Dayrl De Jorí ist für die Entwicklung neuer Systeme und Technologien im Unternehmen zuständig. Unterstützt wird er von einem Wirtschaftsmathematiker aus Hamburg, einem Softwarearchitekt aus Österreich und einem internationalen Team aus Entwicklern. EDAQS wurde als ARGE 2008 gegründet, mit dem Ziel für mehr Transparenz am Finanzmarkt zu sorgen. Seitdem wird es von den Gründungsmitgliedern mit der Weiterentwicklung unterstützt und privat finanziert. Seit 2014 regelt eine britische Holding die Rechteverteilung an den diversen Systemen und Projekten.


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