Finanzen

US-Regierung und Syriza spielen Euro-Retter an die Wand

Im Schulden-Poker hat die Syriza-Regierung einen mächtigen Verbündeten: Die USA verlangen, dass die EU neue Kredite an Griechenland vergibt. Angela Merkel ist offenbar zu weitgehenden Zugeständnissen bereit. Die Euro-Retter rechnen mit einer Einigung in den kommenden Tagen.
11.06.2015 00:23
Lesezeit: 2 min

Die Amerikaner wollen, dass Griechenland wegen der Nato im Euro bleibt. Das ergibt eine originelle Allianz zwischen einer extrem linken Regierung in Griechenland und den USA. Syriza will Kredite, am liebsten ohne weitere Bedingungen. Die US-Regierung will Kredite für die Griechen, egal, unter welchen Bedingungen. Merkel soll nach Obamas Wunsch die Führungsrolle im Schulden-Poker übernehmen.

In Brüssel wird indes ein neuer Griechenland-Deal erwartet. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das Ziel ist, Griechenland im Euro zu halten, “ sagte Merkel am Mittwoch auf dem Weg zum Tagungsort den wartenden Journalisten.

Merkel wäre nun offenbar zufrieden, wenn sich Griechenland auch nur zu einer einzigen Wirtschafts-Reform verpflichtet und diese im Parlament absegnen lässt, wie Bloomberg berichtet.

Bisher habe Deutschland höhere Steuern, Privatisierungen und weniger großzügige Versorgungsleistungen verlangt, doch nun begnüge man sich mit einem klaren Bekenntnis der griechischen Regierung auf eine einzige Maßnahme, um die Pattsituation zu beenden, sagte ein mit den Verhandlungen betrauter EU-Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte. Im Endeffekt habe Merkel zu Tsipras gesagt, er könne zu ihr kommen, wenn er zu einem Kompromiss bereit sei. Tsipras könne als „Ouvertüre“ seinem Parlament einen minimalen Deal vorschlagen.

Mit der Regelung könnten andere Reformschritte vorerst aufgeschoben und später weiter bzw. neu verhandelt werden. Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert und seine Stellvertreterin Christiane Wirtz waren für Stellungnahmen nicht erreichbar. Eine Sprecherin des deutschen Finanzministeriums lehnte eine Stellungnahme ab.

Auch der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, hält eine Einigung zwischen Griechenland und seinen Gläubigern bis zum Treffen der Euro-Finanzminister am kommenden Donnerstag für möglich. Die Zeit werde allerdings knapp, warnte Dijsselbloem am Mittwoch bei einem Besuch in Helsinki. Die Vertreter der Gläubiger benötigten Zeit, die neuen Vorschläge Griechenlands für eine Einigung zu prüfen.

Es seien nur noch einige Punkte zu klären, sagte Dijsselbloem, der auch niederländischer Finanzminister ist.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici schlägt in dieselbe Kerbe: "Ich mag die griechische Tragödie, aber jetzt müssen wir uns auf das Happy End zu bewegen", sagte Moscovici am Donnerstag im RTL Radio. Offenbar ist nicht nur die Frage des Primärüberschusses im Staatshaushalt zu lösen. "Wir sind nahe der Landebahn", sagte Moscovici. "Wir können und müssen erfolgreich sein."

Indessen wurde bekannt, dass Griechenland eine neunmonatige Verlängerung des „Bailout“-Programms in die Verhandlungen einbringt, was vor zwei Tagen von der griechischen Regierung dementiert wurde. Dieser Vorschlag wurde der griechischen Regierung jedoch seitens der EU bereits vor geraumer Zeit offeriert. Dies könne Griechenlands Regierung dazu anregen, im Gegenzug jene schmerzhaften Zugeständnisse zu machen, die Athen bisher ablehnte. Welche das konkret sein sollen, wurde von den EU-Diplomaten nicht spezifiziert.

Die wesentlichsten Forderungen Griechenlands an seine Gläubiger sind die 10,9 Milliarden aus dem EFSF, die für die Bankenrekapitalisierung der Banken vorgesehen waren. Die Erlaubnis von der EZB, die Grenze für die T-Bills (kurzfristige Staatsanleihen) aufzuheben bzw. zu erhöhen, um die alten T-Bills abzulösen. Die Rückzahlung der von der EZB in früheren Jahren angekauften Staatsanleihen, insgesamt 6,7 Milliarden Euro, die der ESM übernehmen soll.

Die EZB gibt den Griechen mit einem Liquiditäts-Puffer mehr Zeit bei den Verhandlungen: Mario Draghi erhöhte am Mittwoch die Not-Kredite für griechische Banken um mehr als zwei Milliarden Euro auf 83 Milliarden Euro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...