Der bayerische Finanzminister Markus Söder hat die Prüfung einer «Auszeit» Deutschlands vom Schengen-Abkommen gefordert. «Das gesamte Schengen-System gehört auf den Prüfstand», schreibt der CSU-Politiker in einem Gastbeitrag für die Bild am Sonntag. Er verwies dabei auf die «Weigerung mancher EU-Staaten (...), ihren Anteil bei der Bewältigung der rasant steigenden Flüchtlingszahlen zu übernehmen». Wenn sich in Europa nichts ändere, müsse in Deutschland eine «Schengen-Auszeit» geprüft werden.
Bei einer Feierstunde in Schengen hatten EU-Spitzenpolitiker am Samstag davor gewarnt, angesichts des Zustroms von Flüchtlingen nach Europa den vor 30 Jahren beschlossenen Verzicht auf Grenzkontrollen infrage zu stellen. Die Schengen-Vereinbarung von damals 5 und mittlerweile 26 EU-Staaten sei ein historischer Fortschritt.
Freizügigkeit sei ein hohes Gut, schrieb Söder in seinem Gastbeitrag. Sie dürfe aber den Schutz der Bürger nicht gefährden. «Ein Staat oder ein Staatenbund, der seine Grenzen und damit seine Bürger nicht mehr ausreichend schützen kann, verliert deren Akzeptanz.»
Nach der zeitweiligen Wiedereinführung von Grenzkontrollen wegen des G7-Gipfels im oberbayerischen Elmau waren 3517 Personen vorläufig festgenommen, 135 Haftbefehle vollstreckt, 10 555 Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz und 237 Rauschgiftdelikte ermittelt worden.
Die Flüchtlinge dürften in der Debatte nur als Vorwand verwendet werden: Viele europäische Staaten denken wie Großbritannien und wollen auch die innereuropäische Migration stoppen. Erneute Grenzkontrollen wären ein erster Schritt.
Die Debatte über Flüchtlinge hat in Europa unwürdige Dimensionen angenommen. Vor allem die Osteuropäer weigern sich, Flüchtlinge aufzunehmen. Aber auch Großbritannien, Frankreich oder Dänemark schotten sich konsequent ab. Söder möchte offenkundig den Druck auf die anderen EU-Staaten erhöhen, um diese zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen zu bewegen.