Politik

Griechische Zentralbank warnt vor dem Zerfall der EU

Die griechische Zentralbank hat in einem ungewöhnlich dramatischen Appell vor einer griechischen Staatspleite gewarnt: Diese würde den „Austritt Griechenlands aus dem Euro und höchstwahrscheinlich auch den Austritt Griechenlands aus der EU“ zur Folge haben. Sollte der Grexit wirklich eintreten, wäre dies der Anfang des Zerfalls der EU in ihrer gegenwärtigen Form.
17.06.2015 17:18
Lesezeit: 1 min

Griechenland braucht nach Einschätzung der Zentralbank dringend eine Einigung mit den Gläubigern. Andernfalls könnte das Land «Schlimmes» erleben. In seinem am Mittwoch vorgelegten Bericht zur Lage der griechischen Wirtschaft warnt die Zentralbank in ungewöhnlich dramatischen Worten: «Ein Fehlschlag der Verhandlungen wird der Anfang eines schmerzhaften Kurses sein. Dies würde zum Austritt Griechenlands aus dem Euro-System und höchstwahrscheinlich zum Ende der Mitgliedschaft Griechenlands in der EU führen.» Der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Griechenland und den Gläubigern sei ein «historischer Imperativ», den beide Seite nicht ignorieren könnten. Die Zentralbank gibt sich interessanterweise in einem Nebensatz sehr optimistisch: Man habe schon weitgehende Übereinstimmung erzielt, nun gelte es, die letzten Details zu fixieren. Diese Botschaft deutet darauf hin, dass die EZB, der ja die Zentralbank in Athen angehört, im Grund auch davon ausgeht, dass es eine Einigung geben werde.

Die Warnung vor dem Zerfall der EU hat natürlich einen hohen taktischen Wert: Vor allem Angela Merkel und Francois Hollande müssten dann vor ihre Völker treten und das sündteure Scheitern des politischen Experiments einräumen. Auch der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, der am Mittwoch in Athen weilte, hat große Sorgen um seine eigene Zukunft: Österreich steckt in einer verheerenden Spirale der Arbeitslosigkeit und würde auf die Spur Griechenlands geraten, wenn die Target-Forderungen der Oesterreichischen Nationalbank an die griechische Zentralbank abgeschrieben werden müssten.

Die Krise werde «unkontrollierbar» werden, schreibt die Zentralbank, es werde Ansteckungen geben. Die Griechen von heute hätten nicht das Recht, ihren Nachfahren dieses Problem zu übertragen. Die Zentralbank bezeichnet eine Umstrukturierung des griechischen Schuldenberges als wichtigen Bestandteil einer Lösung des Euro-Problems.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...