Politik

Die Euro-Vorschläge: Austeritäts-Fantasien von einem anderen Stern

Lesezeit: 2 min
12.07.2015 15:10
Die Vorschläge der Euro-Gruppe zur Rettung Griechenlands sind hanebüchener Unsinn. Das Land rast in eine Depression - und die Euro-Retter fordern die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Uns fehlen die Worte.
Die Euro-Vorschläge: Austeritäts-Fantasien von einem anderen Stern

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Die Mehrheit der Euro-Finanzminister hat die jüngsten griechischen Reformvorschläge als noch nicht ausreichend betrachtet und darüber auch am Sonntag beraten. Die Minister sehen in mehreren Bereichen Nachbesserungsbedarf.  Es folgt eine Auflistung der wichtigsten Forderungen an die Regierung in Athen.

Die Vorschläge der Euro-Finanzminister (zusammengefasst von Reuters) - und wie sinnvoll/sinnlos sie sind:

* Die staatlichen Einnahmen sollen durch eine Stärkung des Mehrwertsteuer-Systems und die Verbreiterung der Steuerbasis erhöht werden.

Völliger Unsinn. Die Mehrwertsteuer trifft die Ärmsten. Steuererhöhung in einer Depression = die Verabreichung von Zyankali an einen Sterbenden.

* Die Rentenreformen sollen ambitionierter ausfallen. Zudem soll die griechische Regierung klären, wie sie die Auswirkungen eines Gerichtsurteils vom Juni gegen die Rentenreform 2012 abfedern will.

Rechtsstaatlicher Bankrott: Nicht mehr die Gesetze gelten, sondern der Wunsch der Kreditgeber.

* Die Unabhängigkeit der Statistikbehörde Elstat soll gestärkt werden.

Haha, haha, haha!

* Für die Binnenwirtschaft soll die griechische Regierung mehr Liberalisierungen vornehmen und Empfehlungen der OECD umsetzen. Das gilt unter anderem für Bäckereien, Ladenöffnungszeiten am Sonntag und Verkäufe von Arzneimitteln.

Unsinn: Die Leute sollen sparen, werden weniger Geld haben - dafür aber sollen sie länger einkaufen gehen? Wie krank ist das denn?

* Die Regierung in Athen soll Privatisierungen stärker vorantreiben, darunter die des Stromnetzbetreibers Admie. In Klammern gesetzt ist die Alternative, dass die Regierung andere Einnahmenquellen findet. Auch der am Samstag bekanntgewordene Vorschlag der deutschen Bundesregierung, einen Treuhandfonds mit Vermögenswerten des griechischen Staates in Höhe von 50 Milliarden Euro zu schaffen, ist in Klammern gesetzt. Mit dem Verkauf der Vermögenswerte könnte Griechenland nach Vorstellung der Bundesregierung seine Schuldenlast reduzieren.

Da kommen wir dem Kern schon näher: Es geht um die Plünderung des griechischen Volksvermögens durch die internationalen Konzerne. Nachdem die griechische Wirtschaft durch die Banken-Schließung so gut wie ruiniert ist, können sich nun die Ausländer bedienen. Kein griechisches Unternehmen hat eine Chance, beim Ausverkauf zuzugreifen.

Dazu passend: Die Royal Bank of Scotland (RBS) dampft Reuters-Informationen zufolge im Rahmen ihrer strategischen Neuausrichtung ihr Geschäft in Griechenland ein. Die dortige Sparte für Schifffahrtskredite solle zum Verkauf gestellt werden. Die britische Großbank ist seit Jahrzehnten einer der größten Kreditgeber für die internationale Schifffahrt. Die Filiale in Griechenland mit ihren rund 60 Mitarbeitern spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Kreditportfolio der Sparte beläuft sich auf fünf Milliarden Dollar. Das bedeutet: Die erfolgreiche Handelsschifffahrt wird in Griechenland ausgetrocknet. Einer der Wettbewerber der Griechen, wird sich freuen, obwohl er gar nicht am Tisch sitzt: Großbritannien kann seine Marktposition verbessern. (Alles zum Thema Plünderung im Buch von DWN-Herausgeber Michael Maier. Er hat die Katastrophe minutiös genau vorhergesagt - das Buch hier).

* Der Arbeitsmarkt soll stärker liberalisiert werden. In dem vorliegenden Entwurf sind dabei Tarifverhandlungen und das Recht von Firmen auf Massenentlassungen in Klammern gesetzt. Eine Rückkehr zu alten Regeln, die dem Ziel eines nachhaltigen Wachstums entgegen stehen, soll es nicht geben.

Man versteht nicht, wie die Medien überhaupt noch schreiben können, dass es sich um "Reformen" handelt. Das Recht auf Massenentlassung als höchstes Ziel der Euro-Zone - muss nicht weiter kommentiert werden.

* EU-Regeln zur besseren Kontrolle des Finanzsektors soll die griechische Regierung voll umsetzen.

Die EU als Kontrolleur? Wir schlagen etwas viel Effizienteres vor: Schickt Goldman Sachs, die wissen, wie man Griechenland wieder auf Euro-Kurs bringt.

* Ebenfalls in Klammern gesetzt ist die Forderung, dass Gesetzesänderungen von 2015, die nicht mit den Institutionen vereinbart worden sind, rückgängig gemacht oder ersetzt werden.

Besser wäre: Die inkompetente und unbelehrbare Politik der EU (Egoisten Union) als Ganzes in Klammern setzen und in der Schublade verschwinden lassen.

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