Politik

Wirtschaftsweise lehnen Euro-Finanzminister ab, fordern Regeln für Euro-Austritt

Die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung erteilen der Idee eines eigenen Finanzministers für die Euro-Zone eine Absage: Sie sprechen von „übereilten Integrationsschritten“ und fordern eine Insolvenz-Ordnung für Euro-Staaten und die Möglichkeit des Austritts aus dem Euro.
28.07.2015 00:10
Lesezeit: 1 min

In der Debatte um eine engere Allianz der Euro-Länder zur Vermeidung künftiger Krisen warnen deutsche Wirtschaftsexperten vor der Einrichtung eines europäischen Finanzministeriums. Derartige kurzfristig wirksame Integrationsschritte würden auf lange Sicht Gefahren bergen, schreiben vier der fünf "Wirtschaftsweisen" in einem Gastbeitrag für die FAZ laut Vorabbericht aus der Dienstagsausgabe. Die Wirtschaftsweisen kritisieren in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Pläne der fünf EU-Präsidenten: "Das gilt insbesondere für jüngst diskutierte Vorschläge wie die Einrichtung einer Fiskalkapazität, einer europäischen Arbeitslosenversicherung oder einer Wirtschaftsregierung für die Währungsunion."

Solche übereilten Integrationsschritte verletzten den Leitgedanken der Einheit von Haftung und Kontrolle. Es könnte zu einseitigen und dauerhaften Transferleistungen kommen, ohne gleichzeitig die demokratische Kontrolle auf die europäische Ebene zu verlagern. Die Wirtschaftsweisen lehnten den Vorschlag der Präsidenten der EU-Kommission, des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments, der EZB und der Eurogruppe daher ab.

Sie fordern stattdessen die stärkere Kontrolle der Einhaltung der fiskalpolitischen Regeln und die Beachtung des im Maastricht-Vertrag festgelegten No-Bailout-Gebots: „In Zukunft muss daher mehr auf das Einhalten der gemeinsamen Regeln geachtet werden. Als Ultima Ratio sollte aber auch der Austritt eines Mitgliedstaats aus der Währungsunion möglich sein.“

Die Wirtschaftsweisen sehen ihre Ablehnung in einem größeren Kontext: Es gehe jetzt „um weit mehr als Griechenland“, schreiben sie in der FAZ. Die Gemeinschaft müsse eine Handhabe bekommen, wenn sich ein Mitgliedsstaat dauerhaft der Kooperation verweigere.

Die Berater der Bundesregierung stützen damit die Sichtweise von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: Er will eine politische Union in einem Kerneuropa nur mit Staaten, die dieselbe fiskalpolitische Orientierung verfolgen wie Deutschland.

Der von der Bundesregierung eingesetzte Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung soll am Dienstag ein Sondergutachten zu "Konsequenzen aus der Griechenland-Krise für einen stabileren Euro-Raum" vorlegen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Zinssenkung: Drückt Fed-Chef Powell den Notrufknopf?
21.04.2025

Das Risiko, dass im Finanzsystem etwas ausbrennt, wächst zunehmend. Sollte dies eintreten, könnte die US-Notenbank gezwungen sein, eine...

DWN
Panorama
Panorama Vererbter Reichtum: Der jüngste Milliardär der Welt ist ein 19-jähriger Deutscher
21.04.2025

In der Regel dauert es viele Jahre, oft Jahrzehnte, bis Menschen ein Milliardenvermögen aufbauen – meist durch harte Arbeit,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Personalbeschaffung: So erkennen Sie Lügen im Vorstellungsgespräch
21.04.2025

Fast jeder vierte Bewerber schummelt im Lebenslauf oder beim Vorstellungsgespräch – die Dunkelziffer könnte noch höher sein....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU investiert Milliarden in eigene KI-Gigafabriken: Brüssel will Abhängigkeit von US-Datenmonopolen beenden
21.04.2025

Die Europäische Kommission plant eine industriepolitische Offensive von historischer Dimension: Mit bis zu 20 Milliarden Euro sollen...

DWN
Politik
Politik Tech-Milliardäre planen libertäre Parallelstadt – und haben Grönland im Visier
21.04.2025

US-Tech-Milliardäre planen eine eigene Stadt – mit Grönland als möglichem Standort. Hinter dem Projekt stehen Namen wie Peter Thiel...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lohntransparenz: geheimes Gehalt - das letzte große Tabu?
21.04.2025

Ein dänischer Berater teilt sein Gehalt auf LinkedIn – und löst eine Welle an Reaktionen aus. Warum bleibt das Thema Gehalt in Europa...

DWN
Panorama
Panorama Die bestbezahlten Bank-CEOs in Europa: Auf der Liste steht ein Deutscher
21.04.2025

Im Jahr 2024 war Sergio Ermotti, CEO von UBS, der bestbezahlte Bank-CEO Europas mit einem Gesamteinkommen von 15,6 Millionen Euro. Auf der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...