Politik

Russland legt Veto gegen UN-Untersuchung zu MH17 ein

Russland hat die Einrichtung eines Untersuchungs- und Straftribunals der Vereinten Nationen zum Abschuss der Passagiermaschine MH17 über der Ukraine durch ein Veto blockiert. Russland sieht in der Form, in der die Resolution verfasst war, eine politische Vorgabe, die gegen Russland gerichtet sei.
30.07.2015 00:28
Lesezeit: 2 min

Ein Jahr nach dem Abschuss eines Passagierflugzeuges mit 298 Insassen über der Ostukraine hat Russland eine Untersuchung des Falles durch ein unabhängiges UN-Tribunal verhindert. Moskaus Botschafter Witali Tschurkin stimmte am Mittwoch im UN-Sicherheitsrat in New York als einziger Landesvertreter gegen eine auch von Deutschland unterstützte Resolution, mit der ein unabhängiges Untersuchungs- und Strafgremium nach Kapitel VII der UN-Charta eingesetzt werden sollte. Trotz elf Ja-Stimmen scheiterte die Resolution, weil Russland als eines von fünf ständigen Ratsmitgliedern sein Vetorecht nutzte.

Unmittelbar vor der Abstimmung hatte der Sicherheitsrat mit einer Schweigeminute der 298 Opfer gedacht. Die Boeing der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 war vor einem Jahr über der Ostukraine vermutlich von einer Flugabwehrrakete abgeschossen worden. Die Regierungen in Kiew und in Moskau beschuldigen sich gegenseitig, für den Tod der Menschen verantwortlich zu sein.

«Wir bedauern sehr das Versagen des UN-Sicherheitsrates, dieses entsetzliche Unglück aufzuklären», sagte Malaysias Verkehrsminister Dato' Sri Liow Tiong Lai. «Es muss eine Botschaft an die wachsende Zahl nichtstaatlicher Akteure gesendet werden, dass sie für Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden.» Es sei höchste Zeit, den Ankündigungen Taten folgen zu lassen und zu ermitteln, wer Schuld sei am sinnlosen Tod von fast 300 Menschen. «Es ist die Gerechtigkeit, auf die die Familien der Opfer warten.»

Tschurkin sagte, Russland habe die Aufklärung des Abschusses immer vorangetrieben und sei zur Zusammenarbeit bereit. «Als einziges Land haben wir viele Daten öffentlich gemacht, und wir haben unser Expertenwissen angeboten.» Tschurkin sagte, dass es noch nie ein Straftribunal unter Kapitel VII wegen eines Flugzeugabsturzes gegeben habe. «Ich kann nicht verstehen, warum der Abschuss als Bedrohung des internationalen Friedens eingestuft werden soll.» Er sagte, dass auch der Abschuss einer russischen Maschine durch die Ukraine im Jahr 2001 oder des Abschusses einer iranischen Maschine durch die USA kein solches Strafgericht eingesetzt worden sei. Russland hatte einen eigenen Entwurf vorgelegt, in dem der Abschuss untersucht hätte werden sollen, allerdings ohne die Klassifizierung des Vorfalls als Bedrohung für den Frieden, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur TASS.

Seine US-Kollegin Samantha Power erinnerte an die tragischen Einzelschicksale von ganzen Familien, Kindern, Studenten, Nonnen und Wissenschaftlern - sowie an den Schmerz der Angehörigen: «Wir sind bestürzt und entsetzt. Wie muss es dann erst den Familien gehen?» Die Schuldigen müssten gefasst werden, Straflosigkeit wäre ein furchtbares Signal.

«Russland hat die Separatisten ermutigt, den internationalen Ermittlern den Zugang zu verweigern. Das Veto ist nur konsequent. Russland verweigert damit Gerechtigkeit», kritisierte Power. Trotz des Vetos werde es Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Familien geben. «Und Moskau wird den Aufschrei der Angehörigen hinnehmen müssen.»

Vor allem die Niederlande und Malaysia, aber auch andere Staaten wie Australien fordern seit langem ein unabhängiges, internationales Tribunal, um zu klären, wer für den Abschuss verantwortlich ist. Mit dem Tribunal soll Russland zudem zu einer stärkeren Mitarbeit bei der Tätersuche gebracht werden.

Russland lehnt die Einrichtung eines Tribunals ab, weil die niederländischen Ermittlungen zu der Tragödie noch nicht abgeschlossen seien. Russland beklagt außerdem, dass Beweismittel aus Moskau bisher in keiner Weise gewürdigt worden seien.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...