Politik

Bundesregierung stellt sich auf neue Kredite für Griechenland ein

Lesezeit: 2 min
06.08.2015 01:38
Die Bundesregierung stellt sich auf neue Brückenkredite für Griechenland ein. Diese werden notwendig, damit Griechenland weitere Rückzahlungen an die EZB und den IWF leisten kann. Die Regierungskoalition Syriza kämpft intern, um die Zustimmung für weitere Austeritäts-Maßnahmen zu erhalten.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Bundesregierung zweifelt einem Medienbericht zufolge an einer raschen Einigung mit Griechenland über das dritte Hilfspaket. Da eine Vereinbarung wohl nicht rechtzeitig vor dem 20. August zustande käme, rechne die Bundesregierung mit einer weiteren Brückenfinanzierung, berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Es seien noch viele Fragen im Reformpaket ungeklärt. Einer Einigung mit den Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) müssen aber unter anderem das griechische und das deutsche Parlament zustimmen. Das sei nicht zu schaffen, zitiert die Zeitung einen hochrangigen Regierungsvertreter. Zudem versuche die griechische Regierung die Beschlüsse über besonders umstrittene Reformen wie den Stopp der Frühverrentung und die Streichung von Steuervorteilen für Landwirte auf den Herbst zu verschieben. Die Bundesregierung stimme den neuen Krediten aber nur zu, wenn das griechische Parlament allen Reformen zustimmt.

Das Hilfspaket soll noch in diesem Monat beschlossen und verabschiedet werden. Die Zeit drängt, da Griechenland bis zum 20. August mehr als drei Milliarden Euro an alten Schulden an die EZB zurückzahlen muss. Das Land hat bereits im Juli eine Brückenfinanzierung von rund sieben Milliarden Euro erhalten, um es kurzfristig vor einem Finanzkollaps zu bewahren.

Griechenlands linke Regierungspartei will dem klammen Staat rasch Zugriff auf fast ein Drittel der in Aussicht gestellten Krediten sichern. Der Fraktionssprecher der Syriza-Partei im Parlament, Nikos Filis, brachte am Mittwoch im staatlichen Fernsehen eine erste Auszahlungstranche von 25 Milliarden Euro ins Gespräch. Dies wären knapp 30 Prozent der von den Geldgebern für insgesamt drei Jahre avisierten Gesamtsumme. Zugleich benötigen die Banken, deren Aktien an der Börse im freien Fall sind, Geld in eben dieser Größenordnung. Ministerpräsident Alexis Tsipras sieht die Verhandlungen mit den Gläubigern bereits auf der Zielgeraden.

Das Kreditpaket soll noch in diesem Monat beschlossen und verabschiedet werden. Die Zeit drängt: Am 20. August muss Griechenland mehr als drei Milliarden Euro an alten Schulden an die EZB zurückzahlen. Zudem stehen die einheimischen Banken, die wegen der drohenden Staatspleite drei Wochen geschlossen waren, mit dem Rücken zur Wand. Viele Kunden hatten in Unsicherheit über den Verbleib des Landes in der Euro-Zone ihre Konten geräumt.

Die Talfahrt der Bankenaktien setzte sich an der Athener Börse ungebremst fort: Einheimische Branchengrößen wie die Alpha Bank und die Piraeus Bank verloren jeweils knapp 30 Prozent. Der Branchenindex büßte mehr als 27 Prozent ein.

Die EZB bereitet gerade eine umfassende Bilanzprüfung der großen Geldhäuser vor, wie ihre oberste Bankenaufseherin Daniele Nouy in einem Brief an einen Europa-Abgeordneten schrieb. Falls dann Kapitallücken bei einem oder mehreren wichtigen Instituten zum Vorschein kämen, könnten diese durch Gelder aus einem neuen griechischen Rettungspaket gestopft werden. Nach den Beschlüssen des Euro-Gipfels vom Juli soll in einem dritten Kreditprogramm ein Puffer für die Institute von bis zu 25 Milliarden Euro geschaffen werden, um notwendige Kapitalspritzen oder Abwicklungen zu finanzieren.

Angesichts der Probleme der Finanzinstitute mutet ein baldiges Abkommen des griechischen Staates mit seinen Geldgebern umso dringlicher an. Die von Tsipras angestrebte Einigung mit den Gläubigern ist wegen der damit verbundenen Reformauflagen - etwa bei Renten und Privatisierungen - in der Regierungspartei jedoch heftig umstritten. Die Links-Regierung könne jedoch nur im Amt bleiben, wenn auch die linken Abgeordneten dem neuen Kreditpaket zustimmten, mahnte Filis - ein enger Vertrauter von Tsipras. Einer Einigung mit EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) muss das Parlament zustimmen. Etwa ein Viertel der Syriza-Abgeordneten ist gegen neue Reform- und Spar-Auflagen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...