Deutschland

Verdi-Chef zeigt sich kämpferisch: In den Kitas drohen wieder Streiks

Lesezeit: 2 min
08.08.2015 19:48
Die Schlichtung im Kita-Streik ist an der Gewerkschaftsbasis durchgefallen. Verdi-Chef Bsirske zeigt sich kämpferisch und verlangt ein besseres Angebot. Die Arbeitgeber wollen aber nicht «draufsatteln». Am Donnerstag kommt es zum Showdown.
Verdi-Chef zeigt sich kämpferisch: In den Kitas drohen wieder Streiks

Eltern von Kleinkindern müssen sich darauf einstellen, bald wieder vor verschlossenen Kita-Türen zu stehen. Verdi-Chef Frank Bsirske erklärte im Tarifstreit für Erzieher und Sozialarbeiter die Schlichtung für gescheitert und drohte neue Streiks an. Nach einem Treffen mit rund 300 Verdi-Streikdelegierten aus ganz Deutschland forderte er die kommunalen Arbeitgeber am Samstag auf, noch einmal kräftig nachzulegen, um Streiks zu verhindern. Doch die winken bereits ab. Die nächsten Verhandlungen sind am Donnerstag im hessischen Offenbach.

Knapp 70 Prozent der Verdi-Mitglieder lehnten in einer Befragung den Schlichterspruch von Ende Juni ab, der zwischen 2 und 4,5 Prozent mehr Geld vorsieht. «Das ist ein absolut klares Signal an die eigene Gewerkschaft und auch an die Arbeitgeber», sagte Bsirske. «Der Streik wird fortgesetzt. Die Schlichtung ist gescheitert.» Er will der Bundestarifkommission, die am Dienstag in Frankfurt am Main das weitere Vorgehen berät, eine entsprechende Empfehlung geben. «Eine Befriedung auf dieser Grundlage ist nicht möglich. Die Arbeitgeberseite ist gut beraten, das Signal ernst zu nehmen.»

Wenn die Arbeitgeber zu «substanziellen Zugeständnissen» bereit seien, könne ein Streik noch vermieden werden, sagte Bsirske. Er kündigte «unkonventionelle Streikformen» an. Bereits im Frühsommer waren über Wochen in vielen Bundesländern Kindertagesstätten und Horte bestreikt worden.

Der kommunale Arbeitgeberverband VKA weist die Forderung nach Zugeständnissen zurück. «Schon dieser Schlichterspruch geht bei vielen Städten und Gemeinden an die Schmerzgrenze und sieht deutliche Verbesserungen für die Betroffenen vor», erklärte der Verband. Es müsse eine Überforderung der Kommunen vermieden werden. «Genau das droht jetzt, wenn erneut "draufgesattelt" wird», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in Berlin.

Der Städte- und Gemeindebund warnte insbesondere vor neuen flächendeckenden Streiks, die zulasten der Eltern und Kinder gehen würden. Gerade vor dem Hintergrund der ständig steigenden

Flüchtlingszahlen bestehe kaum Verwaltungskapazität, auch derartige

Streikfolgen aufzufangen und Alternativen zu entwickeln.

Auch bei den ebenfalls von dem Tarifstreit betroffenen Gewerkschaften GEW und Beamtenbund fiel der Schlichterspruch durch. Bei der GEW stimmten ebenfalls fast 70 Prozent der Mitglieder gegen eine Annahme der Schlichtung, allerdings wurde nach Angaben der Gewerkschaft die nötige Mehrheit für eine Fortsetzung des unbefristeten Streiks verfehlt. Beim Beamtenbund lehnten über 60 Prozent den Schlichterspruch ab.

Der Ende Juni von dem früheren sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) und dem einstigen Hannoveraner Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) vorgeschlagene Schlichterspruch liegt relativ weit von den Vorstellungen der Gewerkschaften entfernt. Diese hatten eine deutliche Aufwertung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst durch bessere Eingruppierungen gefordert. Die Gewerkschaftsvertreter stimmten dem Schlichterspruch zwar zu, mussten aber erkennen, dass es an ihrer Basis Widerstand gibt.

«Es herrscht große Enttäuschung in den Betrieben», berichtete eine Streikdelegierte aus einer nordrhein-westfälischen Kita am Samstag in Fulda. «Es gibt Ärger und Wut und totales Unverständnis, wie man nach so einem Arbeitskampf mit so einem Ergebnis aus der Schlichtung gehen kann», sagte die 54-Jährige.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...