Politik

Russisches Militär-Gericht verurteilt Krim-Aktivisten zu 20 Jahren Straflager

Der ukrainische Regisseur Oleg Senzow und der Anarchist Alexander Koltschenko sind von einem russischen Militärgericht zu 20 Jahren Straflager verurteilt worden. Die Beweise für das Verfahren stammten vom Geheimdienst. Der Fall zeigt, dass Angeklagte auch in Russland chancenlos sind, wenn sie als Terroristen eingestuft werden.
25.08.2015 21:01
Lesezeit: 1 min

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Ein russisches Militärgericht hat den ukrainischen Regisseur und Krim-Aktivsten Oleg Alexander Koltschenkozu 20 Jahren Straflager verurteilt. Das Gericht in der südrussischen Stadt Rostow am Don sprach den 39-Jährigen am Dienstag als Terroristen schuldig. Senzows Mitangeklagter Alexander Koltschenko, ein Umweltaktivist, wurde zu zehn Jahren Straflager verurteilt. Beide sollen auf der im März 2014 von Russland einverleibten Schwarzmeerhalbinsel Krim Terroranschläge verübt und geplant haben. Der Filmemacher hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Menschenrechtler prangerten das Verfahren als einen Schauprozess mit gefälschten Vorwürfen und Beweisen an. Senzow hatte Russland die Besetzung der völkerrechtlich zur Ukraine gehörenden Krim vorgeworfen. Er sagte in seinem Schlusswort, dass er von einem «Okkupationsgericht» keine Gerechtigkeit erwartet habe. Die Grundlage für die Verurteilung hat der russische Geheimdienst gelegt. Objektive Beweise für seine Mitwirkung lagen nicht vor. Die FAZ berichtet, dass zwei andere Angeklagte Geständnisse abgelegt hätten, und damit einerseits selbst mit geringeren Strafen davonkamen, andererseits aber Senzow und den mit ihm angeklagten Anarchisten Alexander Koltschenko belastet hätten. Beiden wird die Zugehörigkeit zum rechtsextremen Rechten Sektor vorgeworfen - was in beiden Fällen mehr als konstruiert erscheint.

Der Urteil gegen ihn erging auch wegen der Gründung und Führung einer Terrororganisation sowie wegen illegalen Besitzes von Sprengstoff und Waffen. Beide Beschuldigte sollen unter anderem Brandanschläge auf russische Gruppen verübt haben.

Die Bürgerrechtsorganisation Amnesty International warf dem Militärgericht ein ungerechtes Verfahren vor. Es habe zudem glaubhafte Vorwürfe der Folter gegeben, hieß es in einer Mitteilung. Der Prozess wie zu Zeiten des Sowjetdiktators Josef Stalin sei Teil des russischen «Propaganda-Krieges» gegen die Ukraine, sagte Heather McGill von Amnesty. Die Organisation hatte eine Verhandlung vor einem zivilen Gericht nach ukrainischem Recht gefordert.

Deutsche Filmschaffende wie Daniel Brühl, Iris Berben, Michael Ballhaus, Fatih Akin und Veronica Ferres setzen sich in einem offenen Brief für die Freilassung Senzows ein. Das Schreiben an die russischen Behörden ist unter anderem an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gerichtet. Die russische Justiz steht international wegen Willkür und als von Machtinteressen gesteuert in der Kritik.

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