Angesichts immer neuer Gewalt, die insbesondere von der ukrainische Armee im Donbass gezielt provoziert zu werden scheint, hat der Kremlchef Wladimir Putin bei einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel größere Anstrengungen für eine Waffenruhe angemahnt. Es sei «alternativlos» für eine Lösung der Krise, dass die Konfliktparteien direkt einen Dialog führten, betonte Putin nach Kremlangaben, wie die dpa meldet. Notwendig seien zudem ein Ende der wirtschaftlichen und finanziellen Blockade des Donbass sowie eine mit den Aufständischen abgestimmte Verfassungsreform, sagte Putin.
Staatschef Poroschenko hatte am Samstag angekündigt, die abtrünnigen Gebiete wieder unter die Kontrolle der ukrainischen Regierung zu bringen. «Ich wurde vom Volk gewählt, um die Einheit der Ukraine zu wahren, und ich werde alles tun, um die Gebiete (der Rebellen) in die Ukraine zurückzuführen», betonte Poroschenko. Die ukrainische Führung hatte ihre umstrittene Anti-Terror-Operation gegen die schwer bewaffneten Separatisten im April vorigen Jahres begonnen. Seither starben mehr als 6000 Menschen; Hunderttausende sind auf der Flucht - ein Großteil davon nach Russland.
Die martialischen Töne von Poroschenko kamen auch für den Westen überraschend. Erst in der vergangenen Woche hatten Frankreich und Deutschland versucht, die Regierung in Kiew auf die Einhaltung der Waffenruhe zu verpflichten - offenbar ohne durchschlagenden Erfolg.
Vor einer am Dienstag (1. September) erwarteten Feuerpause starben drei Zivilisten durch Beschuss von ukrainischer Seite, wie die Rebellen mitteilten. Die Militärführung in Kiew berichtete, dass bei Kämpfen zwei Soldaten getötet und drei verletzt worden seien. Kremlchef Putin kritisierte im Gespräch mit Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande am Samstag, dass das ukrainische Militär Wohnviertel beschieße.
Bei dem Telefonat ging es auch um ein mögliches Krisentreffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Details nannte der Kreml zunächst nicht. Möglich ist dem Vernehmen nach einer Vierertreffen am 28. September am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Dort tritt Putin das erste Mal seit zehn Jahren wieder mit einer Rede auf.
Bei dem Gespräch von Merkel, Putin und Hollande bestand nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert Einigkeit, dass der Mitte Februar in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbarte Friedensplan die Grundlage für eine Verbesserung der Lage in der Region Donbass bleibe. Hollande und Merkel unterstrichen demnach, dass verfassungswidrige Wahlen in den Rebellengebieten eine Gefahr für den Minsker Prozess seien.
Die Aufständischen betonten dagegen, dass sie an der Abstimmung am 18. Oktober festhielten. Rebellenführer Alexander Sachartschenko kritisierte am Sonntag Äußerungen Poroschenkos, der einen in der Verfassung festgelegten Sonderstatus für den Donbass abgelehnt hatte. Frühere Aussagen der ukrainischen Regierung über Sonderrechte bezeichneten die Aufständischen als Täuschungsmanöver. Poroschenko habe lediglich das Militär neu aufstellen und dem Westen neue finanzielle Zugeständnisse abtrotzen wollen, hieß es.
Vor wenigen Tagen hatte die Ukraine von den privaten Gläubigern einen Schuldenschnitt von 20 Prozent erhalten. Dies wiederum ist Grundlage für neue Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF).