Technologie

Alternative zu Rohöl: Plastik aus Erdgas

Ein Niederländer hat ein Verfahren für die ressourcenschonendere Herstellung von Plastik vorgestellt. Statt aus Rohöl gewinnt er Ethen aus Erdgas. Das gasförmige Ethen ist der Grundstoff zahlreicher Kunststoffe wie Polyethylen und PVC.
04.09.2015 14:42
Lesezeit: 2 min

Die Herstellung von Plastik ist relativ aufwändig und verbraucht große Mengen des kostbaren Rohstoffs Erdöl. Am Beginn der Produktionskette vieler Kunststoffe, wie auch bei der des viel verwendeten Polyethylen steht Ethen bzw. Äthylen. Ethen ist die meistproduzierte organische Grundchemikalie weltweit und wird aus der Bearbeitung von Erdöl gewonnen.

Da der Rohstoff Erdöl endlich ist, sind Forscher schon seit einiger Zeit auf der Suche nach Alternativen, die ressourcenschonend und umweltfreundlich sind. Einem Bericht des Wissenschaftsmagazins phys.org ist zu entnehmen, dass ein niederländisches Forscherteam dabei einen großen Schritt nach vorne gemacht hat.

Zwar gibt es schon Bioplastik, das aus verschiedensten nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden kann. Um die weltweit benötigten Mengen Kunststoff herzustellen reicht dies aber bei weitem nicht aus. Der Niederländer Tymen Tiemersma hat deswegen nicht nach neuen Biokunststoffen gesucht, sondern eine Möglichkeit gefunden Kunststoffe wie das Polyethylen ohne Erdöl herzustellen. Dabei entwickelte er ein neues Verfahren für die Gewinnung von Äthylen.

Er fand einen Weg, um auch aus Erdgas Ethen zu gewinnen. Das war theoretisch schon vor Tiemersmas Idee möglich, allerdings kam es dabei zu einer großen Hitzeentwicklung, was die Herstellung von Ethen aus Biogas zu einer enorm aufwändigen und kostspieligen Sache machte. Eine Produktion im großen Stil wäre nicht wirtschaftlich gewesen.

Tiemersma hatte die Idee, das Verfahren lohnenswert zu machen, indem er es mit einem anderen System kombinierte. Biogas wird nämlich unter anderem auch für die Herstellung von Synthesegasen benötigt. Bei diesem Verfahren wiederum werden große Mengen Energie in Form von Hitze benötigt. Der Verfahrenstechniker fand damit einen Weg, die Ethen-Herstellung aus natürlichen Ressourcen auch wirtschaftlich attraktiv zu machen.

Die einfache aber auch geniale Lösung Tiemersmas besteht darin, die große Hitze aus der Ethengewinnung direkt für die Synthesegasgewinnung zu nutzen, für die Temperaturen von über 800 Grad benötigt werden. Außerdem setzte der Techniker einen Katalysatorstoff ein, ein spezielles Partikel, das es möglich macht Stoffe umzuwandeln.

Beide Verfahren werden damit auf einen Schlag lukrativer. Somit werden die großen Mengen Energie eingespart, die nötig wären, um die Temperaturen bei der Ethengewinnung wieder zu senken. Gleichzeitig kann mit der enormen Abwärme die Synthesegasgewinnung von statten gehen, sodass auch dabei eine Menge Energie gespart wird.

Das Verfahren könnte aber auch für mehr als nur die Gewinnung Äthylen eingesetzt werden. Mit der Technik könnten beispielsweise Elektroautos angetrieben oder wichtige Düngemittel für die Landwirtschaft produziert werden.

Einen Haken hat die Sache dann aber dennoch: Denn auch dieser fossile Brennstoff steht uns nur in begrenzten Mengen zur Verfügung. Bei einem theoretisch weltweit gleichbleibenden Verbrauch würden die bekannten Gaslagerstätten weltweit noch etwa 150 Jahre reichen. Tiemersmas Verfahren kann also auch nur eine Zwischenlösung sein. Doch vielleicht lässt sich sein Verfahren auch erweitern, sodass es mit anderen Rohstoffen betrieben werden kann.

Derzeit arbeiten er und ein paar andere Forscher daran, effektiv Methan aus Biomasse zu gewinnen. Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas und macht zwischen 80 und 99 Prozent des Gasgemisches aus. Auch Ethen ist in geringem Anteil im Erdgas vorhanden.

Zwar wird vielerorts schon Biogas aus Bioabfall gewonnen, der Methananteil bei diese Gasen liegt jedoch nur bei etwa 60 bis 75 Prozent. Das ist zu wenig für viele Weiterverarbeitungsschritte. Bisher wird das Biogas daher hauptsächlich verbrannt, um Strom und Wärme zu erzeugen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Heizungsgesetz soll weg – doch hohe Öl und Gaspreise werden die Bürger belasten
26.04.2025

Die frisch geformte Koalition unter der Führung von Friedrich Merz plant, das Heizungsgesetz abzuschaffen. Doch auch ein Anstieg der Öl-...

DWN
Politik
Politik Trumps Handelskrieg zwingt EU und China zu einer Annäherung – doch der Preis ist hoch
26.04.2025

Der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China zwingt die EU zu einem Strategiewechsel. Doch der geopolitische Preis ist hoch...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?
26.04.2025

Der Druck auf die Europäische Zentralbank wächst, während die Zinsen sinken und der EURIBOR neue Tiefstände markiert. Was bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Funkmast auf Futterwiese: Das verdienen Landwirte mit Mobilfunkmasten
26.04.2025

Wer als Landwirt ungenutzte Flächen oder Scheunendächer für Mobilfunkanbieter öffnet, kann mit Funkmasten stabile Zusatzeinnahmen...

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...