Sachsens Innenminister Markus Ulbig hat Grenzkontrollen nun auch an der deutschen Grenze zu Tschechien angekündigt: "Für die sächsischen Bürger und Bürgerinnen gilt, dass Grenzkontrollen im Schengen-Raum jederzeit anstehen können." Ulbig sagte dem Sender MDR INFO am Morgen, er empfehle allen im Grenzgebiet, Ausweispapiere immer bei sich zu tragen. Die Behörden hätten nach der Entscheidung zur Kontrolle der Binnengrenzen die Verpflichtung, illegale Grenzübertritte zu verhindern: "Das bedeutet, dass Kontrollen durchgeführt werden können und diejenigen, die illegal die Grenze übertreten, werden - wenn sie Asyl begehren - in ein geordnetes Verfahren gebracht."
Ulbig konnte noch nicht sagen, ob Flüchtlinge wegen der Kontrollen in Bayern nun auf Routen über Tschechien ausweichen: "Wir haben natürlich die Informationskanäle geschaltet, im Zentrum von Petrovic werden die Informationen kurzfristig abgeglichen, wir stehen im engen Kontakt mit Bundespolizei und haben zusätzlich eine Hotline zum tschechischen Innenministerium geschalten, so dass es sofort Informationen gibt, falls sich Reiserouten verändern würden."
Die tschechischen Behörden haben 200 zusätzliche Polizisten an die Grenze zu Österreich geschickt. Das teilte eine Polizeisprecherin am Montag mit. An drei Eisenbahn- und elf Straßenübergängen würden zunächst stichprobenartig die Personalien kontrolliert. Die neuen Kräfte könnten flexibel eingesetzt werden.
Am Sonntagabend hatte Deutschland Kontrollen an der Grenze zu Österreich eingeführt. Prag befürchtet, dass Flüchtlinge nun auf die Route von Österreich über Tschechien nach Deutschland ausweichen könnten. «Bislang hat sich die Flüchtlingswelle nicht hierher verschoben», sagte Innenminister Milan Chovanec im Rundfunk. «Wir wollen dem keine Chance geben.» Am Montag hat auch Österreich seine Grenzen zu Ungarn dichtgemacht. Allerdings ist noch nicht klar, wie Österreich die Grenzen wirksam kontrollieren will.
In Absprache mit Tschechien wolle auch die Slowakei «sofortige Maßnahmen» an den Grenzen zu Österreich und Ungarn ergreifen, sagte Chovanec nach einem Gespräch mit seinem slowakischen Kollegen Robert Kalinak. Das weitere Vorgehen werde laufend der aktuellen Lage angepasst.
Die Prager Zeitung «Lidove noviny» sieht hinter der immer neuen Verschiebung der Grenze ein beinhartes, politische Kalkül:
«Die Politik ist ein sehr hartes und zuweilen auch schmutziges Spiel. Und Deutschland beherrscht diese Disziplin sehr gut. Die Schließung der Grenzen führt zu unhaltbaren Bedingungen in jenen Staaten des Schengenraums, in welche die Migranten zuerst strömen. Das erhöht den Druck auf diese Staaten, einer gemeinsamen europäischen Aktion zuzustimmen, vor allem der Umverteilung mittels Quoten. Insbesondere Ungarn dürfte unter extremen Druck geraten und könnte aus der Ablehnungsfront der Visegrad-Staaten (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) ausscheren. (...) Die Politik ist ein schmutziges Geschäft. Es bleibt zu hoffen, dass das deutsche «Vorübergehend» nicht 23 Jahre andauert.»