Die ungarischen Behörden räumen offenbar das Flüchtlingslager Röszke an der serbischen Grenze. Tausende Menschen würden mit Zügen in Richtung österreichische Grenze gebracht, meldet Reuters. Über Röszke gelangten bislang jeden Tag Tausende Flüchtlinge auf dem Weg in die EU nach Ungarn.
Am Montag verstärkte Ministerpräsident Viktor Orban den Grenzschutz im Süden des Landes mit fast 900 Polizisten. Ungarn hat angekündigt, ab Dienstag jeden festzunehmen, der illegal über die Grenze ins Land gelangt. Asylbewerber sollen in Lagern untergebracht werden. Ab Montagmittag bis zum 30. September sollen zudem im ganzen Land die Kontrollen der Polizei verschärft werden. Dies sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Kriminalitätsbekämpfung nötig, teilte die Polizei mit.
Nachdem an der österreichisch-ungarischen Grenze bei Heiligenkreuz die Lage wegen des Flüchtlingsansturms eskaliert war, hatte Österreich die Reißleine gezogen und angesichts des dramatisch gestiegenen Zustroms von Flüchtlingen ebenso wie Deutschland Grenzkontrollen ein. "Deutschland hat ein Signal gesetzt. Wenn Deutschland Grenzkontrollen einführt, muss auch Österreich das tun", sagte Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Montag.
Offenbar hat Ungarn die Flüchtlinge gezielt nach Österreich gebracht: „Für uns sah es so aus, als ob die ungarischen Behörden diese Menschen loswerden wollten“, zitiert Die Presse den Polizeisprecher. Statt der sonst üblichen 40 bis 50 Flüchtlinge kamen bis Montagmittag 4500 über die Grenze.
Innenministerin Mikl-Leitner kündigt an, dass die temporären Kontrollen „so schnell als möglich“ beginnen werden. Man werden je nach Lage entscheiden, „an welchen Grenzübertritten wir das schwerpunktmäßig machen.“ Österreich hat weiterhin einen massiven Zustrom an Flüchtlingen. "Es kommen Tausende in Österreich an, zur Stunde sind etwa 18.000 Flüchtlinge in Österreich", sagt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. An der ungarisch-österreichischen Grenze in Nickelsdorf sind nach Polizeiangaben derzeit etwa 9000 Flüchtlinge.
Die Regierung hat angesichts der sich zuspitzenden Lage das Bundesheer mobilisiert: Zweitausend Mann des Bundesheers sollten vor allem humanitäre Hilfe im Inneren leisten, sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Die Soldaten sollten jedoch auch an der Grenze eingesetzt werden und die Polizei bei Kontrollen unterstützen. Wenn nun tatsächlich tausende neue Flüchtlinge auf ungarischer Seite an die Grenze gebracht werden, könnte das Bundesheer allerdings mit der Bewachung der Grenze weitgehend ausgelastet sein.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnt vor einer lebensgefährlichen Situation für Flüchtlinge in Ungarn. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und ihr österreichischer Amtskollege Werner Faymann dürften ihre „Menschenrechte zuerst“-Haltung nicht durch überfallartige Grenzschließungen oder Bahnsperren infrage stellen, forderten beide Organisationen.
Doch durch Warnungen wie dieser besteht die Gefahr, dass die Flüchtlinge in Unruhe geraten und so schnell wie möglich Ungarn verlassen wollen.