Politik

Katalonien: Separatisten rufen zu zivilem Ungehorsam auf

Katalanische Separatisten haben die Bevölkerung der nordspanischen Region zu zivilem Ungehorsam aufgerufen: Demnach müssen die Katalanen der spanischen Gesetzgebung nach dem Wahlsieg des Unabhängigkeitsbündnisses nicht mehr gehorchen. Spanien versucht derzeit, mit neuen Gesetzen eine Abspaltung der Region zu verbieten.
28.09.2015 13:25
Lesezeit: 2 min

Der katalanische Politiker Antonio Baños von der linken Partei CUP hat nach dem Sieg des Parteienbündnisses für eine Unabhängigkeit der Region die katalanische Bevölkerung zu „zivilem Ungehorsam“ aufgerufen: „Ab morgen können und müssen die Katalanen der spanischen Gesetzgebung nicht mehr gehorchen.“ Das Wahlergebnis sei demnach ein Sieg des Feminismus, des Antikapitalismus und des Volkswillens. „Der katalanische Souverän wird keinen Gesetzen Folge leisten, die sich gegen Katalonien richten.“ Die Äußerung richtet sich gegen aktuelle Bemühungen der spanischen Zentralregierung, mit neuen Gesetzen eine Abspaltung der Region zu verbieten.

Die CUP, die für ihre antikapitalistische Haltung bekannt ist, hat durch die Wahl ihre Präsenz im Parlament mehr als verdreifacht – von drei auf zehn Sitze. Damit könnte die Partei die Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung spielen, da das Bündnis um Artur Mas  „Juntos pol Si“ mit 62 von 135 Sitzen auf die Unterstützung der kleineren CUP angewiesen ist. Nach eigenen Aussagen will die CUP diese neue Macht ausschließlich dazu einsetzen, die Unabhängigkeit von Spanien zu erreichen, berichtet die spanische Zeitung El País.

Diese neue Macht könnte auch für den Anführer der Unabhängigkeitsbewegung des Parteienbündnisses um die CDC und bisherigen Präsidenten der Regionalregierung Artur Mas zum Problem werden. Denn die CUP will eine unabhängige Regierung am liebsten ohne den bisherigen Präsidenten und liest aus den Wahlergebnissen auch ab, Mas sei „nicht unentbehrlich“, da das Ergebnis seiner Partei CDC hinter den Erwartungen zurückblieb. Denn Mas hatte eigentlich die absolute Mehrheit der Stimmen angestrebt, als er die Regional-Wahlen zu einer indirekten Volksabstimmung erklärte. Diese Mehrheit wurde verfehlt – lediglich 47 Prozent der Wähler stimmten letztlich für eine Abspaltung. Die Zeitung El País berichtet daher, Mas versuche, sich den Erfolg der CUP anzueignen, um seine eigene Niederlage zu vertuschen.

Nur eine absolute Stimmenmehrheit über 50 Prozent hätte es jedoch erlaubt, „auf den Balkon zu treten und die Republik auszurufen“, so die spanische Zeitung El Diario. Die jetzt erreichte Mehrheit der Sitze im Parlament hingegen bedeute demnach lediglich das Mandat, in naher Zukunft ein echtes Referendum über die Unabhängigkeit abzuhalten. Auch die Reaktion an den Märkten zeigt, dass die Anleger das Wahlergebnis und das Verfehlen der absoluten Stimmenmehrheit so deuten, dass eine direkte Abspaltung unwahrscheinlicher wurde: Die Risikoprämien für spanischen Staatsanleihen sanken am Montag um 10 auf 130 Basispunkte, nachdem sie vor der Wahl wegen des ungewissen Risikos einer Unabhängigkeit stark gestiegen waren, so die Wirtschaftszeitung Expansion.

Der Listen-Erste der CUP, Antonio Baños, sieht das anders und hat seine Partei bereits zum Beschleuniger des Abspaltungsprozesses erklärt. „Heute beginnt der Bruch und der Ungehorsam, heute wird die Republik geboren“, so Baños nach der Wahl am Sonntag. Er verbreitete via Twitter Videos zu Songs namens „Tschüss Papa“ oder „Das ist das Ende der Welt, wie wir sie kennen“ mit einer Widmung an den spanischen Staat und twitterte dazu: „Ohne Groll, leb wohl“ oder „Dies ist der erste Tag vom Rest unseres Lebens in Freiheit“.

Die deutsche Regierung hat als erste europäische Führung auf das Wahlergebnis reagiert und auf die Einhaltung der Gesetze gepocht, „sowohl hinsichtlich der EU-Verträge als auch der nationalen Gesetze, also der spanischen Verfassung“, zitiert El País den Sprecher der Bundesregierung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...