Französischen Forscher haben einen Durchbruch in der Fortpflanzungsmedizin vermeldet: Sie haben nach eigenen Angaben erstmals aus einfachen menschlichen Hautzellen funktionsfähige Spermien gezüchtet. Mit ihrer Methode wollen sie zeugungsunfähigen Männern ermöglichen, eigene Kinder zu zeugen. Ob dafür unbedingt männliche Hautzellen notwendig sind oder mit der neuen Methode auch aus weiblichen Hautzellen Spermien produziert werden können, ist unbekannt. Derzeit wird noch getestet, ob die Babys der Versuchstiere sich normal entwickeln und sich selbst fortpflanzen können.
Die Forscher haben nach eigenen Angaben eine geringe Anzahl künstlicher Spermien von Tieren und Menschen vorliegen. Der Autor der Studie ist Leiter des Biotechnologie-Startups Kallistem, das seit Jahren zu dem Thema forscht und bereits eine Art „künstliche Hoden“ aus Stammzellen produziert.
Wie Euronews berichtet, wurden die Spermien jedoch nicht etwa aus Stammzellen, sondern aus ganz normalen Hautzellen gewonnen. Konkret soll dies in einer Art Bioreaktor passieren, der mit Hilfsstrukturen aus Chitosan die Spermien beim Reifungsprozess unterstützt. Dieser äußerst komplexe und langwierige Prozess war bei bisherigen Zuchtversuchen immer in der letzten Phase gescheitert. Erst das Biopolymer Chitosan macht es nun möglich, eine Art Gerüst zu bilden, dank dem das Spermium die 72-Tage der Reifung überstehen kann.
Das Biopolymer Chitosan, das auf dem Material Chitin basiert, das der Panzer von Krustentieren enthält, ist jüngst wegen seiner erstaunlichen Wundheilkräfte bekannt geworden: So ist Chitosan der Hauptbestandteil eines neuen Wundheilungsgels, das selbst starke Blutungen innerhalb von Sekunden stillt.
Die nun von den Forschern in Lyon veröffentlichten Ergebnisse müssen noch von der wissenschaftlichen Gemeinde geprüft werden. Diese sind bisher äußerst skeptisch, so ein Bericht der französischen Zeitung Le Monde. Noch gebe es keine Belege dafür, dass die gezüchteten Zellen, die wie Spermien aussehen, auch als solche funktionieren. Auch die Bekanntmachung des Durchbruchs vor einer Veröffentlichung in der Fachpresse löste Misstrauen bei den Forscherkollegen aus.
Das Team arbeitet jedoch mit der staatlichen Forschungseinrichtung CNRS zusammen, die einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse veröffentlichte, Details des Verfahrens wurden zudem durch einen Patentantrag bekannt. Die Wissenschaftler halten eine Marktreife in drei Jahren für realistisch und haben nach eigenen Angaben zwanzig Jahre für die Entwicklung gebraucht.
Auch stellen sich bereits einige Kritiker ethische Fragen zu der neuen Methode: So ist bisher nicht klar, ob für das neue Verfahren unbedingt männliche Hautzellen notwendig sind, oder ob sich mit der Methode auch aus weiblichen Hautzellen Spermien produzieren lassen. In diesem Fall wäre eine Fortpflanzung etwa von zwei Frauen künftig auch ganz ohne männliches Zutun möglich.