Politik

Ökonom Stiglitz: USA wollen mit TTIP die Weltwirtschaft steuern

Der ehemalige Chefökonom der Weltbank, Joseph Stiglitz, warnt die Unterzeichner der Freihandelsabkommen TPP und TTIP. Bei den beiden Deals würde es nicht um Freihandel gehen. Stattdessen wollen die USA den weltweiten Handel dominieren und bestimmen. Die Parlamente – und damit die Bürger – sollen entmachtet werden.
07.10.2015 01:09
Lesezeit: 1 min

Der Nobelpreisträger und ehemalige Chefökonom der Weltbank, Joseph Stiglitz, ist der Ansicht, dass die Freihandelsabkommen TTIP und TPP ein Schwindel der USA sind. Nicht der freie Handel soll gefördert, sondern die Unterzeichner der Abkommen sollen im Sinne „der mächtigsten Wirtschaftslobbys jedes Landes“ gesteuert und kontrolliert werden. „Neuseeland hat gedroht, wegen der Art und Weise, wie Kanada und die USA den Handel mit Milchprodukten steuern, aus der Vereinbarung auszusteigen. Australien ist unzufrieden darüber, wie die USA und Mexiko den Zuckerhandel steuern“, schreibt Stiglitz in einem Gastbeitrag für die Schweizer Handelszeitung.

Über das TPP-Abkommen würden die USA unter anderem versuchen, die internationale Tabakindustrie zu steuern. Diese Branchen würden durch große Stimmblöcke eine große Unterstützung aus ihren jeweiligen Ländern bekommen. Einem geleakten Dokument der EU-Kommission zufolge sollen Konzerne im Rahmen des TTIP-Abkommens sogar direkt in das Gesetzgebungs-Verfahren eingreifen können. Laut dem Dokument müssen Gesetzesentwürfe künftig darauf überprüft werden, ob sie den Interessen von Konzernen schaden oder nicht.

US-Tabakkonzerne nutzen seit Jahrzehnten private Schiedsgerichte, um gesundheitliche Vorschriften einzudämmen, so Stiglitz. Entscheidend ist hierbei die ISDS-Klausel, die die Investoren dort schützen soll, wo es an Rechtsstaatlichkeit und glaubwürdigen Gerichten fehlt. Doch nach Ansicht von Stiglitz ist dieses Argument „Unsinn“. Denn die ISDS-Klausel kommt nicht nur beim TPP-Abkommen zum Einsatz, sondern soll auch für das TTIP-Abkommen gelten. Dabei gebe es keine Zweifel an der Qualität des Rechtssystems innerhalb der EU. Von einer fehlenden Rechtsstaatlichkeit könne in Bezug auf die EU nicht die Rede sein. Das Argument ist also nicht schlüssig.

Staaten sollen keine Verträge unterschreiben, die Schiedsgerichtsklauseln mit internationalen Unternehmen enthalten, sagt auch Pia Eberhardt von Corporate Europe Observatory. Diese Verträge stellen eine gefährliche Droh-Kulisse dar, mit denen globale Politik gemacht wird. Die Steuerzahler müssen für die Folgen zahlen – meist ohne davon überhaupt Kenntnis zu erlangen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Arbeitsmarkt: Top-Berufe, die es vor 20 Jahren noch nicht gab
31.03.2025

Eine Studie von LinkedIn zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Jobs und Fähigkeiten schafft, Karrieren und Arbeitswelt verändert:...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie: Kurs knickt nach Orcel-Aussage deutlich ein
31.03.2025

Die Commerzbank-Aktie muss nach einer starken Rallye einen Rückschlag hinnehmen. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte zuvor einen möglichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU vor Herausforderungen: Handelskriege könnten die Wirtschaft belasten – der Ausweg heißt Binnenmarkt
31.03.2025

Die protektionistischen Maßnahmen der USA und mögliche Handelskonflikte belasten die EU-Wirtschaft. Experten wie Mario Draghi fordern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betonblock: Lego verklagt Hersteller von Anti-Terror-Betonklötzen
31.03.2025

Lego verklagt das niederländische Unternehmen Betonblock. Die Anti-Terror-Blöcke des Herstellers erinnerten zu sehr an die...

DWN
Technologie
Technologie Neue EU-Vorschriften: Plug-in-Hybriden drohen deutlich höhere CO2-Emissionen
31.03.2025

Mit der Einführung neuer, verschärfter Emissionsmessungen für Plug-in-Hybride (PHEVs) wird die Umweltbilanz dieser Fahrzeuge erheblich...

DWN
Politik
Politik Marine Le Pen wegen Veruntreuung zu Fußfesseln verurteilt - FN-Chef Bardella: "Hinrichtung der französischen Demokratie"
31.03.2025

Marine Le Pen wurde in Paris wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen - das...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerk mit Speicher: Für wen sich die Investition wirklich lohnt
31.03.2025

Balkonkraftwerk mit Speicher: eigenen Strom gewinnen, speichern und so Geld sparen. Doch so einfach ist es leider nicht, zumindest nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Der Handelskrieg gefährdet die US-Ausnahmestellung
31.03.2025

Da Investitionen nach neuen Möglichkeiten abseits der zuletzt florierenden US-Finanzmärkte suchen, wird an der Wall Street diskutiert, ob...