Politik

Griechenland: Juncker hofft auf Wunder und brüskiert öffentlich Mme. Lagarde

Lesezeit: 2 min
13.11.2012 02:37
Der Troika-Bericht über Griechenland ist nicht so positiv wie von Euro-Gruppenchef Juncker dargestellt. Es fehlt ein wesentlicher Punkt: Die Einschätzung darüber, ob Athen von seinen Schulden erdrückt wird. Die EU setzt darauf, dass die EZB nun mit ein paar kleinen Tricks aushilft.
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Der luxemburgische Premier und Euro-Gruppenführerchef, Jean-Claude Juncker, hat am Montag bekanntgegeben, dass der Troika-Bericht zu Griechenland bescheinige, dass alles bestens sei und dass die EU nun guten Gewissens die nächste Tranche überweisen könne (zur Erinnerung: Juncker ist der Meinung, dass die Politiker lügen sollten, wenn es schwierig wird - siehe Video am Ende des Artikles). Anlass für Junckers Zuversicht ist ein Bericht, der errechnet, dass Griechenland nur 32 Milliarden Euro zusätzlich braucht (mehr hier).

Diese Interpretation können jene nicht teilen, die den Troika-Bericht genau gelesen haben. Da fällt nämlich auf, was alles nicht drinnen steht: Trotz ihres ausdrücklichen Auftrags hat die Troika nämlich keine Aussage getroffen, ob die Griechen in der Lage sein werden, ihre Schulden jemals zu bedienen. Der Grund, warum diese Passage fehlt, ist der erbitterte Streit zwischen dem IWF und der EU: Der IWF sagt, dass Griechenland unter einer Schuldenlast von 140 - 160 Prozent in den kommenden Jahren zusammenbrechen wird. Daher verlangt der IWF einen Schuldenschnitt: Die EZB soll auf einen signifikanten Teil ihrer Forderungen verzichten, nur dann könne Griechenland auf die Beine kommen.

Die EU lehnt das ab, weil sich vor allem Bundesfinanzminister Schäuble Gedanken über das Wahljahr 2013 macht. In Europa herrscht eine gewisse Angst, dass das offizielle Eingeständnis der Pleite Griechenlands einen Flächenbrand auslösen könnte.

Daher vertraut die EU weiter auf die bewährte Strategie des Verschiebens und hofft, wie schon seit Jahren, auf ein Wunder: Die Konjunktur könnte anspringen, die Olivenbäume in Griechenland durch gentechnische Behandlung tausendfache Frucht bringen oder aber die sagenumwobenen Ölvorkommen in der Ägäis könnten endlich gemeinsam angezapft werden.

Bis eines dieser magischen Ereignisse eintritt, sollte nun am besten die EZB mit einigen kleinen Tricks aushelfen. Zwar wird die EZB die Bedingungen für Kredit-Sicherheiten nicht offiziell erhöhen (Spekulation der Welt), aber Mario Draghi möchte den Griechen offenbar empfehlen, sich die bestehenden Papiere noch einmal genau anzusehen: Da der Tiefpunkt der Griechen-Krise schon mehrere Monate zurückliegt und sich seit neuestem wieder Spekulanten um griechische Papiere balgen (hier), ist auch der Wert dieser Papiere wieder gestiegen. Deshalb, so die Überlegung in der EZB, könnten die Griechen wieder mehr Kredit aufnehmen. Sie könnten damit die Zeit überbrücken, bis der tiefste und noch immer tiefere Tiefpunkt (© Ex-Fußballteamchef Rudi Völler nach dem Island-Spiel - hier) erreicht ist.

Von einem Höhepunkt ebenfalls weit entfernt ist die Beziehung zwischen Christine Lagarde und Jean Claude Juncker, wie bei der gemeinsamen Pressekonferenz der beiden am Montag deutlich wurde: Juncker sagte, die Griechen werden bis 2022 Zeit erhalten, um ihre Schulden abzubauen. Lagarde verdrehte während der etwas konfusen Aussagen Junckers die Augen, schüttelte den Kopf und sagte später, dass es keinen Beschluss gebe, das Ziel nicht nach hinten zu verschieben (Video der PK hier, Juncker bei ca. Minute 24:00, Lagardes Körpersprache leider nicht im Bild). Theoretisch ist Griechenland am Donnerstag auch praktisch pleite (mehr hier). Dem dürfte aber dadurch abgeholfen werden, dass die EZB besagte Neuinterpretation der Werthaltigkeit von griechischen Sicherheiten vornehmen wird. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte jedenfalls, dass Griechenland auch diesmal nicht über jene fiskalische Klippe fallen werde, die durch die europäische Insolvenzverschleppung so regelmäßig unter die Füße der armen Hellenen geschoben wird, dass man die Uhr danach stellen könnte.

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