Technologie

Forscher entwickeln erstes künstliches Gehirn

Erstmals ist es einem Forscherteam gelungen, einen Teil eines Rattenhirns künstlich nachzubauen. 81 Wissenschaftler bauten dazu zehn Jahre lang 30.000 Neuronen nach. Zwischen Forschern und privaten Investoren ist ein Wettlauf um die Entwicklung des ersten vollständigen Hirns entbrannt.
16.10.2015 11:11
Lesezeit: 2 min

Einem internationalen Forscher-Team ist es erstmals gelungen, einen Teil eines Rattenhirns künstlich nachzubauen. Das so genannte Blue Brain Projekt bildet die Hirne verschiedener Säugetiere mittels Software auf einem Supercomputer nach. Der Projektleiter Henry Markram von der polytechnischen Hochschule in Lausanne hat im Fachblatt Nature veröffentlicht, dass er und seine 81 Kollegen nach einem Jahrzehnt Forschungsarbeit endlich das Abbild eines voll funktionsfähigen Hirnteils mit rund 30.000 Neuronen und etwa 37 Synapsen rekonstruiert haben.

Im Vergleich zu den 85 Milliarden Neuronen, die ein menschliches Hirn enthält, ist das zwar etwa soviel wie ein Sandkorn. Dennoch ist die Entwicklung ein großer Schritt, da es um das Muster geht: Ist erst einmal ein kleiner Teil nachgebaut und funktioniert, so kann das Bauprinzip für den Nachbau der übrigen Teile angewendet werden.

Die Forscher haben dazu die Daten aus bestimmten Hirnzellen der Ratten genutzt um zu berechnen, wie mehrere Hirnzellen in einem Hirnteil zusammen funktionieren.  Danach haben sie die Hirn-Aktivität simuliert, indem sie die Bewegung eines Schnurrhaars als eine Art Testprogramm auf der Hardware laufen ließen. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass ihre Hirn-Kopie sich exakt so verhält wie ein richtiges Gehirn und dieselben Muster an elektronischen Signalen entstehen - das digitale Hirn also funktioniert.

Hinter der Entwicklung steht das Human Brain Project, das die vergangenen zehn Jahre und rund eine Milliarde Dollar an Forschungsgeldern investiert hat. Das Projekt ist eines der größten und längsten wissenschaftlichen Projekte in dem Bereich. Die schiere Länge des nun veröffentlichten Berichts hielt bisher auch viele Forscher davon ab, eine Einschätzung dazu abzugeben, da es einige Zeit brauchen um sich ein qualifiziertes Urteil über die Ergebnisse zu bilden.

Trotz oder gerade wegen der schieren Unmöglichkeit, alle Synapsen eines Gehirns künstlich nachzubauen, gilt die Erschaffung eines künstlichen Hirns oder einer menschenähnlichen künstlichen Intelligenz derzeit als eines der meistverfolgten Ziele in der Wissenschaft. Dabei verfolgen nicht mehr nur Universitäten, sondern zunehmend auch private Institute und Unternehmen dieses Ziel.

Microsoft-Mitgründer Paul Allen hat jüngst für 500 Millionen Dollar zwei Teams von Hirnforschern angeheuert, um das menschliche Hirn zu dekonstruieren und mittels Reverse Engineering von Grund auf nachzubilden. Ziel seines Allen Institute for Artificial Intelligence in Seattle sei es, eine Künstliche Intelligenz zu schaffen, die soweit zu bringen, dass sie eine High-School Prüfung bestehen kann, so ein Bericht der Washington Post. Auch Tesla-Gründer Elon Musk hat zusammen mit Facebook-Gründer Zuckerberg und Hollywood-Schauspieler Ashton Kutcher ein ähnliches Projekt namens Vicarious finanziert, um die weltweit erste menschenähnliche künstliche Intelligenz zu schaffen, so ein Bericht vom Techinsider. Neben den Tech-Riesen gibt es auch Projekte wie Nara.me, die AI für jedermann anbieten wollen, berichtet Wired.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...