Finanzen

China: Devisen-Reserven schrumpfen wegen Börsen-Krise

Lesezeit: 3 min
20.10.2015 02:43
Chinas Devisenreserven weisen einen merklichen Rückgang auf. Ursächlich sind ständige Devisenmarkt-Interventionen der Notenbank zur Stützung des Yuan. Ökonomen raten davon ab, den Yuan bis zum Letzten zu stützen.
China: Devisen-Reserven schrumpfen wegen Börsen-Krise

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Investoren machen sich Gedanken darüber, wie sich die schwindenden Devisenreserven Chinas entwickeln werden. Im Juni des vergangenen Jahres hatte das Land einen Rekordstand von vier Billionen Dollar an Devisenreserven. Mittlerweile sind die Reserven auf 3,5 Billionen Dollar zurückgegangen. Der Kapitalabfluss findet im Rekordtempo statt und die chinesische Notenbank (PBoC) führt Devisenmarktinterventionen durch, um den Yuan zu stützen und den rapiden Währungsverfall zu stoppen. Trotz der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und den Forderungsausfällen im Bankensystem galt der hohe Bestand an Devisenreserven in den Augen der Investoren immer als Garant für die finanzielle Stabilität Chinas. Doch der stetige Devisenschwund könnte Zweifel an der Fähigkeit der Chinesen erwecken, Lösungen für die finanziellen Probleme zu finden. Denn dieser Prozess verkleinert auch den Spielraum für Devisenmarktinterventionen. Alleine im August musste die PBoC 200 Milliarden Dollar aus seinen Reserven zapfen, um eine Devisenmarktintervention durchzuführen. „Die Kriegskasse der PBoC ist beträchtlich, aber nicht unbegrenzt (…) Es ist nicht richtig, diesen Kampf [Anm.d.Red. Devisenmarktintervention] der Währungsstabilisierung zu lange durchzuführen. Wir denken, dass die Notenbank maximal eine Billion Dollar verkaufen sollte“, zitiert die Financial Times den China-Ökonomen bei Société Générale, Wei Yao. Das staatliche chinesische Devisenamt (SAFE) hält die exakte Höhe der Devisenreserven unter Verschluss und investiert die Gelder im Regelfall in US-Staatsanleihen.

Die niedrigen Renditen, die das SAFE in den vergangenen Jahren aufgrund seines konservativen Portfolios erzielten, haben die Regierung in Peking dazu veranlasst, im Jahr 2007 den chinesischen Staatsfonds China Investment Corporation (CIC) zu gründen. Der CIC konzentriert sich auf risikoreichere und weniger liquide Investitionen. Aufgrund der Konkurrenz zwischen dem Devisenamt und der CIC wurden beispielsweise in britische Immobilien oder italienische Banken getätigt. Während die CIC-Investitionen nicht in den offiziellen Statistiken der Devisenreserven vorzufinden sind, bleibt es ungeklärt, ob dies bei den Vorstößen des SAFE genauso ist.

Eine weitere Geheimnisquelle ist Chinas Offshore-Intervention. Die PBoC beschränkt sich traditionell auf Devisenmarktinterventionen auf dem heimischen Markt. Doch vor kurzem hat die Notenbank Offshore-Yuan gekauft, um die Ausbreitung zwischen den Onshore- und Offshore-Zinsen einzugrenzen. Analysten vermuten, dass die Bestände an Offshore-Yuan (CNH) ebenfalls als Devisenreserven verbucht werden, um den Reserven-Bestand künstlich anzuheben.

Der Yuan soll Teil des IWF-Währungskorbes und damit zu einer Weltwährung werden. Doch damit verpflichtet sich Peking auch, dem IWF detaillierte Informationen über die heimischen Währungsreserven zu geben. Dazu gehören auch Informationen über die finanziellen Sicherheiten, die gegenüber den weniger liquiden Mitteln gehalten werden. Tao Wang, Ökonomin bei UBS, schätzt die chinesischen Investitionen in US-Schuldpapiere auf 1,4 Billionen Dollar plus weitere 800 Milliarden Dollar an Investitionen in Schuldpapiere aus vor allem Europa, Großbritannien und Japan. Damit liegen die investierten Reserven weit unter dem Gesamtvolumen von 3,5 Billionen Dollar. „Wir glauben, dass die weit verbreitete Besorgnis über die Angemessenheit und die Liquidität der Reserven ein Ausdruck des aktuellen extremen Marktpessimismus in Bezug auf China ist, was mit der Realität nicht zu tun hat“, so Wang, die die Währungsreserven des Landes offenbar für stabil hält.

Eine Volkswirtschaft wie China – mit einem festen Wechselkurs und Kapitalverkehrskontrollen – empfiehlt der IWF, dass die Notenbank Devisenreserven im Wert von 30 Prozent der kurzfristigen Schulden, zehn Prozent der Exporte und fünf bis zehn Prozent der Geldmenge M2 hält. „Zur Geldmenge M1 zählen das außerhalb des Bankensektors zirkulierende Bargeld sowie täglich fällige Einlagen (Sichteinlagen) von Nichtbanken, da sie kurzfristig in das uneingeschränkt liquide Bargeld umgewandelt werden können. Die Geldmenge M1 bezeichnet also das Geld, über das jederzeit verfügt werden kann (…) Rechnet man zur Geldmenge M1 Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten und Termineinlagen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren hinzu, erhält man die Geldmenge M2“, berichtet die Bundesbank.

Basierend auf diesen Kriterien, braucht China zwischen 1,6 und 2,6 Billionen Dollar an Reserven, sagt Mansoor Mohi-Uddin, leitender Marktstratege bei Royal Bank of Scotland in Hong Kong. Mohi-Uddins Aussage harmoniert mit Frau Yaos Aussage, dass die „Notenbank maximal eine Billion Dollar verkaufen“ kann, um die Währung zu stabilisieren. Angesichts der begrenzten Natur der chinesischen Devisenreserven, glauben die Ökonomen, dass die Behörden zu gegebener Zeit weitere Yuan-Abschreibungen ermöglichen werden. „Über einen längeren Zeitraum erwarten wir, dass die chinesische Regierung, Yuan-Abschreibungen erlauben wird. Falls erforderlich, wird es zu Devisenkontrollen statt zur Aufwendung der Reserven für die Stützung der Währung kommen“, so Wang.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...