Politik

Slowenien: „Wir sind mit Flüchtlingen überfordert“

Lesezeit: 2 min
23.10.2015 11:53
Slowenien meldete am Freitag über 14.000 Flüchtlinge, die auf der Durchreise in den Norden sind. Am Tag zuvor waren es nur etwas weniger. Slowenien hat insgesamt nur knapp 5.000 uniformierte Polizisten. Das Land ist mit dem Aufkommen überfordert.
Slowenien: „Wir sind mit Flüchtlingen überfordert“

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Slowenien meldete am Freitag über 14.000 Flüchtlinge, die auf der Durchreise nach Österreich und weiter nach Deutschland sind. Am Vortag waren es bereits 12.000 Menschen. Die bislang höchste Zahl von Flüchtlingen und Migranten an einem einzelnen Tag wurde mit 10.000 am 23. September in Ungarn registriert. Das EU-Land hat inzwischen seine Grenze zu Serbien und Kroatien mit Stacheldraht abgeriegelt.

Als Folge ist der EU-Nachbar Slowenien jetzt zu einem Brennpunkt in der Flüchtlingskrise geworden. Das Land ist wegen des nicht nachlassenden Ansturms auf seine Grenze heillos überfordert. Nach Angaben der Regierung können nur 2.500 Flüchtlinge am Tag registriert und nach Österreich weitergeleitet werden.

Auf der anderen Seite habe Österreich in der Nacht die Einreise von Flüchtlingen vorübergehend gestoppt, hieß es. Daher warteten am Grenzübergang Spielfeld bereits 2.500 Flüchtlinge auf ihre Weiterreise nach Deutschland. Die österreichische Innenministerin fordert eine Festung um Europa.

Auch die Lage am slowenisch-österreichischen Grenzübergang Spielfeld sei chaotisch, meldete die Nachrichtenagentur APA. Hunderte Flüchtlinge marschierten auf den viel befahrenen Bahngleisen in Richtung Norden. Die Strecke wurde für den Eisenbahnverkehr gesperrt. Etwa 6.000 Flüchtlinge kamen am Donnerstag am Grenzübergang Spielfeld aus Slowenien an. Freitagvormittag waren noch etwa 1.500 Flüchtlinge in der Sammelstelle. Die anderen wurden mit Bussen in Notquartiere gebracht. Dennoch mussten einige Flüchtlinge die Nacht nahe dem Gefrierpunkt im Freien verbringen, meldet der Kurier.

Die slowenische Botschafterin in Deutschland, Marta Kos Marko, sagt im Deutschlandfunk-Interview, das Land sei überfordert. Daher werde die EU um Hilfe gebeten. Slowenien habe insgesamt nur 5.300 uniformierte Polizisten. Darum sei auch die Armee an der Grenze zu Kroatien eingesetzt worden.

Die Flüchtlinge kommen vor allem aus Syrien, Afghanistan, Pakistan und dem Irak. Sie würden auf dem Weg keine Pausen machen, um schnellstens nach Westeuropa zu gelangen, berichtete eine Mitarbeiterin des Roten Kreuzes der kroatischen Zeitung Jutarnji list. Die Flüchtlinge und Migranten befürchteten, die Grenzen könnten doch dauerhaft geschlossen werden. In den Auffanglagern herrscht eine aufgeheizte Stimmung. Vor wenigen Tagen gab es einen Großbrand in einem Lager, bei dem zwei Drittel aller Zelte niedergebrannt sind.

Kroatien hat trotz scharfer Kritik aus Slowenien wieder Tausende Flüchtlinge an die Grenze transportiert. Allein in der vergangenen Nacht seien dort 4000 Menschen abgesetzt worden, berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA unter Berufung auf die Polizei am Freitag in Ljubljana.

Der slowenische Regierungschef Miro Cerar hatte am Vorabend Kroatien angegriffen. Es sei unsolidarisch und unfair, weil es keinerlei Absprachen mit den Behörden in Ljubljana treffe. Zudem werden die Flüchtlinge in Lebensgefahr gebracht. Er werde wegen dieses nicht hinnehmbaren Verhaltens die EU-Kommission einschalten.

„Kroatien bringt die Flüchtlinge auf die grüne Grenze, wann eben Kroatien selbst das entscheidet, und manchmal sind da tragische Geschichten dabei, wo zum Beispiel nur 500 Meter oder einen Kilometer weiter eine Straße ist, ein Übergang, unsere Helfer dort, aber die Flüchtlinge kennen das Terrain nicht und gehen dann über die Flüsse, und das tut uns auch sehr weh“, so die slowenische Botschafterin im DLF.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Genomsequenzierung: Investieren in die personalisierte Medizin der Zukunft
09.05.2024

Genomsequenzierung, Gentherapie, personalisierte Medizin: Die Medizin- und Pharma-Industrie steht vor einem Wendepunkt. Gleichzeitig sind...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zur Mafia in Deutschland: „Hier gehe ich von Strafvereitelung im Amt aus“
09.05.2024

Italienische Mafia-Organisationen gewinnen in Deutschland zunehmend an Einfluss – und können dabei teilweise auf das stillschweigende...

DWN
Technologie
Technologie Luftfahrt: Klimaneutralität bis 2050 wohl unrealistisch
09.05.2024

Der Luftverkehr gilt als ein starker Treiber zur Klimakrise. Mit technischen Lösungen klimaschonendes- oder gar klimaneutrales Fliegen zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien: Warum die Kapitalrendite eines Unternehmens wichtiger als die Bewertung ist
09.05.2024

Was bestimmt eigentlich den Wert einer Aktie? In der Berichterstattung stehen häufig Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten liegt im Trend - nicht nur aus Umwelterwägungen
09.05.2024

Die klassische Büroarbeit hat es spätestens seit Corona schwer, sich gegen das geschätzte Homeoffice zu behaupten. Immer mehr...

DWN
Technologie
Technologie Erneuerbare Energien knacken wichtige Marke
09.05.2024

Erneuerbare Energien wachsen vor allem dank Wind- und Solarenergie. Der Anteil an der globalen Stromproduktion beträgt mittlerweile 30...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sicherheitsalarm: Wie sich Unternehmen gegen Spionage und Cyberbedrohungen schützen können
09.05.2024

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik warnt davor, dass die Bedrohungslage im Cyberraum ernst ist, insbesondere in Bezug...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Ampel auf Rot: Warum die deutsche Wirtschaft abwandert
08.05.2024

Der Frust des deutschen Mittelstands ist gewaltig. Immer mehr Unternehmer denken über Verlagerung ihrer Produktionsbetriebe nach. Nach...