Politik

Merkel lehnt Kurs-Änderung bei Flüchtlingen ab

Angela Merkel wird ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik nicht ändern. Auf einer CDU-Veranstaltung in Saarbrücken sagte Merkel, sie sei entschlossen, ihren Weg fortzusetzen. Sie will die Bewegungsfreiheit in der EU bewahren – obwohl diese durch die diversen Grenzzäune in der Praxis bereits nicht mehr existiert.
13.11.2015 16:43
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ungeachtet der mehrheitlichen Ablehnung zu ihrer Politik ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik bekräftigt. Sie sei entschlossen, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, sagte Merkel am Freitag in einem Grußwort an eine Parteiverstanstaltung in Saarbrücken.

Merkel ist nicht bereit, eine konkrete Obergrenze für die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu nennen. „Obergrenzen kann ich nicht einseitig definieren», sagte sie am Freitag im ZDF: «Was wir in Deutschland nicht können, ist, einseitig fest(zu)legen: wer kommt noch, wer kommt nicht.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hatten zuvor Forderungen nach Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen wiederholt.

Auf die Frage, ob ihr mittlerweile vielkritisierter Satz „Wir schaffen das» noch gelte, sagte die Kanzlerin: „Ich glaube, wir müssen trotzdem daran arbeiten, dass wir das schaffen, und ich habe keinen Zweifel, dass wir es schaffen.“ Deutschland werde die Flüchtlingskrise aber nicht alleine bewältigen. Ihre größte Enttäuschung in der Krise sei, dass es in der EU so schwierig sei, eine faire Lastenverteilung zu erreichen. Zugleich versetzte sie Wolfgang Schäuble einen Seitenhieb und sagte, das Wort Lawine entspreche nicht der Art, wie sei denke.

In der konkreten Flüchtlingspolitik verliert Merkel immer mehr an Rückhalt in der Bevölkerung. Dem ZDF-Politbarometer zufolge bewertet eine Mehrheit von 52 Prozent der Deutschen ihre Arbeit in der Flüchtlingskrise als eher schlecht und nur 43 Prozent als gut. Allein seit Samstag kamen nach Angaben der Bundespolizei fast 50.000 Menschen nach Deutschland, seit Monatsanfang waren es rund 105.000.

Merkel sagte, es gehe darum, durch die Sicherung der EU-Außengrenzen, die Kooperation mit Ländern wie der Türkei und die Bekämpfung der Fluchtursachen dazu beizutragen, dass die Zahl der Flüchtlinge wieder zurückgehe. Sie wolle sicherstellen, dass auch künftig innerhalb der EU die volle Bewegungsfreiheit herrschen könne.

Merkel stellt sich damit gegen die CDU, deren Mittelstands-Vereinigung und Parlamentsgruppe einen Kurswechsel ebenso fordert wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und der Koalitionspartner CSU.

In der Berliner Szene wird in diesem Zusammenhang bereits von einem „Putsch“ gegen Merkel gesprochen: Der Chefredakteur des Magazins Cicero, Christoph Schwennicke, sagte im ZDF am Donnerstag: „De Maizière und Schäuble sind ganz klar anderer Meinung als Frau Merkel. Sie greifen der Kanzlerin ins Lenkrad, weil sie den Eindruck haben, sie fährt in die falsche Richtung. Der Putsch hat in der Sache stattgefunden. Er findet im Moment statt.“

In der Debatte über die Rückkehr zum sogenannten Dublin-Verfahren hat Merkel allerdings bereits eingelenkt. Dies sei „ein Schritt, um zu einer fairen Lastenverteilung“ in der EU zu kommen, sagte Merkel am Freitag nach einem Gespräch mit dem australischen Premierminister Malcolm Turnbull in Berlin. Die Länder an den EU-Außengrenzen könnten die „Last“ bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht alleine tragen, doch zugleich könnten diese „auch nicht die Last weniger teilen“. Merkel hob hervor, es gebe auf diesem Weg „noch viele Hürden zu überwinden“. Es müsse gelingen, wie beschlossen 160.000 Flüchtlinge aus südlichen EU-Staaten in der Europäischen Union zu verteilen. Mit Blick auf die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge sagte die Kanzlerin, das Dublin-Verfahren gelte für all die, bei denen eine Registrierung in einem anderen EU-Land erfolgt sei. Eine solche Registrierung sei derzeit „leider“ an den EU-Außengrenzen „viel zu selten der Fall“. Daher sei die Zahl der betroffenen Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, „ja auch gering“.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière will mit den Dublin-Regeln er dafür sorgen, dass syrische Flüchtlinge soweit wie möglich in andere EU-Länder zurückgeführt werden. Das überlastete Griechenland ist davon ausgenommen. Nach dem Dublin-Abkommen ist für das Asylverfahren der EU-Staat zuständig, in dem der Flüchtling zuerst registriert wurde. Die Kanzlerin bekräftigte zudem, dass die EU-Außengrenzen besser geschützt werden müssten. Die wenigen Kilometer Meeresweg zwischen der Türkei und dem EU-Land Griechenland seien derzeit „in der Hand von Schleppern und Schmugglern“. Dies solle „in Kooperation mit der Türkei“ geändert werden. Merkel sah dies auf einem guten Wege.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bahn: Sanierung des Schienennetzes dauert länger – die Folgen
05.07.2025

Die Pläne waren ehrgeizig – bis 2030 wollte die Bahn mit einer Dauerbaustelle das Schienennetz fit machen. Das Timing für die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt H&K-Aktie: Rüstungsboom lässt Aufträge bei Heckler & Koch explodieren
04.07.2025

Heckler & Koch blickt auf eine Vergangenheit voller Skandale – und auf eine glänzende Gegenwart und Zukunft. Der Traditionshersteller...