Politik

Stimme der Vernunft: Steinmeier warnt vor Kriegs-Hysterie

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnt vor einer Kriegs-Hysterie nach den Anschlägen von Paris. Es gäbe keine einfache und auch keine militärische Lösung. Nur ein Waffenstillstand in Syrien könne den Konflikt entschärfen.
16.11.2015 12:52
Lesezeit: 2 min
Stimme der Vernunft: Steinmeier warnt vor Kriegs-Hysterie
Das neue Buch von DWN-Herausgeber Michael Maier erscheint in wenigen Tagen beim Finanzbuch Verlag München. (Foto: FBV)

Nach den Anschlägen von Paris hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor übereilten Entscheidungen im Kampf gegen Extremisten gewarnt. Auch wenn das Vorgehen gegen die Dschihadistenmiliz IS fortgesetzt werden müsse, sei klar, „dass am Ende Kampf gegen Terrorismus nicht militärisch gewonnen werden kann“, sagte Steinmeier am Montag beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Alle müssten sich deshalb „sehr selbst kontrollieren, dass wir aus dem Druck der Situation heraus nicht falsche Entscheidungen treffen beziehungsweise Entscheidungen treffen, die nicht weiterhelfen werden“.

Aus Frankreich und aus der Türkei kommen nach den Anschlägen explizit militärische Töne: Frankreichs Präsident Hollande sprach unmittelbar nach den Attentaten von Krieg, Premier Valls fordert eine „heilige Union“ gegen den Krieg. Bundespräsident Gauck spricht von einem neuen Krieg. Der türkische Premier Erdogan verlangt massive militärische Aktionen. Der Papst spricht gar vom Dritten Weltkrieg. Die Nato bietet an, den Bündnisfall zu aktivieren. Die US-Neocons wollen Bodentruppen in Syrien einsetzen. Frankreichs Luftwaffe fliegt seit Sonntagabend massive Luftangriffe. Die Zahl der Vertriebenen aus dem Kriegsgebiet steigt.

Steinmeier erschient in diesem Zusammenhang als Stimme der Vernunft: Alle Regierungen müssten an der Seite Frankreichs stehen und den Kampf gegen den IS fortsetzen, sagte Steinmeier. Während andere Länder mit Luftangriffen gegen die Extremisten vorgingen, werde Deutschland dies weiter über die Unterstützung von Kämpfern am Boden tun. Steinmeier verwies dabei auf die deutschen Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga. Diese hätten es den Kurden nicht nur ermöglicht, sich gegen den IS zu verteidigen, sondern auch Gebiete zurückzugewinnen.

Auch nach den Anschlägen von Paris gebe es aber „keine einfachen Lösungen“, um gegen Extremismus vorzugehen, sagte Steinmeier. Neben der weiteren Unterstützung des Kampfes gegen den IS müsse es aus seiner Sicht insbesondere Ziel sein, „energisch“ daran weiterzuarbeiten, über Verhandlungen mit allen Akteuren den „Kernkonflikt“ in Syrien zu entschärfen.

Tatsächlich konstituieren die globalen Auseinandersetzungen seit vielen Jahren einen latenten, globalen Kriegszustand. Deutschland und Europa sind bisher lediglich verschont geblieben, erleben seit der Ankunft der Flüchtlinge jedoch, dass diese Kriege real sind.

Beendet werden können diese allerdings nicht durch noch mehr Krieg, wie dies die Rüstungsindustrie, die Geheimdienste und die Nato als Lösung anbieten.

***

Anfang Dezember erscheint das neue Buch von DWN-Herausgeber Michael Maier: „Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Krieg Deutschland und Europa verändern“. In dem Buch werden jene Erscheinungsformen der modernen Kriege analysiert, die seit einigen Jahren auf der Welt global zu beobachten sind: Waffen werden nicht mehr von Soldaten bedient, sondern von Computerspezialisten. Söldner kämpfen anstelle regulärer Armeen. Finanzkrieger und Spekulanten machen Jagd auf die Sparguthaben und den Sozialstaat. Die Königsdisziplin ist der Cyber-Krieg: Stromversorgung, Krankenhäuser, Telefonnetze sind anfällig für Attacken. In den Medien toben Propaganda-Schlachten.

Das Merkmal all dieser modernen Kriege: Wir wissen nicht mehr, wer ist Feind, wer Freund. Doch woher kommt die globale Entwicklung? Und wie können und müssen Deutschland und Europa reagieren? Bestellen Sie das Buch hier beim Verlag vor (Erscheinungstermin 5.12.2015).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus für die Chefetage: DAX-Vorstände kassieren das 41-Fache ihrer Mitarbeiter
14.08.2025

Während die Wirtschaft stagniert, steigen die Managergehälter: DAX-Vorstände verdienen im Schnitt das 41-Fache ihrer Mitarbeiter – und...

DWN
Politik
Politik Trump öffnet Chip-Schleusen für China: Sicherheit nur noch zweitrangig
13.08.2025

Trotz jahrelanger Warnungen vor Pekings Militärambitionen gibt Trump den Verkauf modernster US-Chips an China frei – und stellt Profit...

DWN
Politik
Politik Bedrohung durch Russland? Estland weist russischen Diplomaten aus
13.08.2025

Die Beziehungen zwischen Russland und Estland sind seit Jahren konfliktgeladen und angespannt. Nun weist das EU- und Nato-Land einen...

DWN
Finanzen
Finanzen Wegen EU-Sanktionen: China verhängt Sanktionen gegen zwei EU-Banken
13.08.2025

Im Konflikt um Russland-Sanktionen setzt Peking zwei europäische Geldhäuser auf seine Sanktionsliste. Es handelt sich um eine...

DWN
Politik
Politik 100 Tage schwarz-rote Koalition: SPD kritisiert Union
13.08.2025

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch fordert 100 Tage nach dem Start der schwarz-roten Koalition, Probleme in der Zusammenarbeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Perplexity AI will Chrome übernehmen: KI-Suchmaschine bietet Milliarden
13.08.2025

Ein KI-Start-up wagt den Angriff auf Google: Perplexity AI will mit seiner KI-Suchmaschine den Chrome-Browser für Milliarden übernehmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse: Attraktive Benefits als Alternative zur Gehaltserhöhung
13.08.2025

Smartphone, Kita-Gebühr, Rad oder Deutschlandticket: Mit diesen zehn Gehaltsextras können Beschäftigte Steuern und Abgaben sparen. Wie...