Unternehmen

Zu hohe Steuern in der Schweiz: Mittelschicht rutscht nach unten ab

Lesezeit: 2 min
21.11.2012 01:20
In der Schweiz werden mittlere Einkommensbezieher immer mehr strapaziert. Während reichere und ärmere Haushalte reale Lohnzuwächse einfahren, hinkt die Entwicklung der Löhne beim Schweizer Mittelstand hinterher.
Zu hohe Steuern in der Schweiz: Mittelschicht rutscht nach unten ab

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Aktuell: Schweizer Exporteure bekommen Euro-Krise zu spüren

Als offene und kleine Volkswirtschaft befindet sich die Schweiz in starker Abhängigkeit von der globalen Konjunktur. Dennoch sind die Probleme, die der Mittelstand in der Alpenrepublik hat von der Weltwirtschaft entkoppelt. Vielmehr stehen hinter der schwachen Lohnentwicklung des Schweizer Mittelstands die staatliche Umverteilung und der Druck durch äußere Faktoren wie technischer Fortschritt und Demographie, belegt die neue Studie „Der strapazierte Mittelstand“ des Schweizer Think Tanks Avenir Suisse.

Eine Möglichkeit, den Mittelstand oder die Mittelschicht zu definieren, geschieht mit Hilfe von Quintilen. So zählen zur Mittelschicht die mittleren Einkommen (Zweites bis Viertes Quintil). Die Einkommensgrenzen liegen demnach in der Schweiz bei 67.300 Franken und 149.100 Franken. Betrachtet man die unteren zehn Prozent der Einkommen, so zeigt sich ein Lohnzuwachs im Zeitraum von 1994 bis 2010 um acht Prozent. Die oberen zehn Prozent der Einkommen stiegen im selben Zeitraum sogar um 15 Prozent.

Die Einkommen der Mittelschicht liegen darunter. Dadurch nähren sie sich den unteren Einkommen an, während sich die hohen Einkommen immer mehr entfernen. Diese Entwicklung resultiert aus mehreren Gründen. Zum Einen lassen sich einfache Tätigkeiten nur selten automatisieren. Dagegen laufen komplexere Aufgaben, wie die Buchhaltung, immer mehr Gefahr, aufgrund von technischem Fortschritt überflüssig zu werden. In der Folge stehen die Löhne für diese Tätigkeiten unter Druck. Ein anderer Faktor ist die relativ hohe Frauenquote bei mittelständischen Festanstellungen. Deren Löhne sind tendenziell geringer, wodurch die Lohnhöhe der Mittelschicht insgesamt geringer wird.

Ein weiterer Grund ist die staatliche Umverteilung in der Schweiz. Mittlere Einkommen haben eine deutlich höhere Steuerlast zu tragen als die oberen und unteren Einkommensgruppen. So kommen die Transferleistungen vor allem den einkommensschwachen Haushalten zugute. Dies bewirkt, dass sich deren Reallöhne an die Einkommen der Mittelschicht angleichen. Nach der Umverteilung verfügt der Mittelstand dann über 40.000 bis 70.000 Franken im Jahr (Siehe obere Grafik).

Diese Ursachen schlagen sich auch in dem Gini-Koeffizienten der Schweizer Einkommen nieder, der Auskunft über die Gleichverteilung der Einkommen in einem Land gibt. Je niedriger er ausfällt, desto näher sind die Einkommen beieinander. In der Schweiz liegt er mit 0,275 deutlich unter den Werten der meisten Industrienationen. Zum Vergleich: Der OECD-Durchschnitt liegt bei 0,32 und Deutschland weist einen Gini-Koeffizienten von 0,29 auf.

Der Schweizer Mittelschicht werden auch Personen mit Abschlüssen der Sekundarstufe II zugerechnet. Auch hier zeigt sich, dass die Mittelschicht im Vergleich zu höheren und niedrigeren Schulabschlüssen bei den Lohnzuwächsen hinterher hinken. So habe sie sich von den Personen mit Sekundarstufe I-Abschlüssen monetär nicht absetzen können. Personen mit Hochschulabschlüssen kassierten dagegen deutlich höhere Löhne, so die Autoren der Studie. Vor Arbeitslosigkeit muss sich der Schweizer Mittelstand dagegen weniger fürchten. Die Arbeitslosenquote blieb auch während der Krise konstant niedrig (Siehe untere Grafik).

Weitere Themen

UBS: Immobilien in der Schweiz werden zum Risiko

Kehrtwende: Schweizer Nationalbank weicht Euro-Kurs auf

Krise erfasst Schweizer Großbank UBS: 10.000 Stellen werden gestrichen

 


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Flüchtlingswellen und Wirtschaftskrisen: Was ein Zerfall der Levante für Deutschland bedeuten würde
24.11.2024

Die Levante könnte sich zur Achillesferse Europas entwickeln, wenn sich der schwelende Konflikt zwischen Israel und Iran zu einem...

DWN
Panorama
Panorama Alarmierende Umfrage: Kriege und Klimakrise belasten Schüler in Deutschland
24.11.2024

Eine neue Umfrage zeigt: Viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind von Sorgen geplagt. Kriege, Klimakrise und Leistungsdruck...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär trifft sich in Florida mit Trump
24.11.2024

Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird in der Nato von vielen Alliierten mit Sorge gesehen. Schon vor dem Machtwechsel reist der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Leerstand in Innenstädten: Decathlon setzt auf Expansion gegen die Krise
24.11.2024

Leerstand prägt deutsche Innenstädte. Doch Decathlon sieht Chancen: Bis 2027 sollen mehr als 60 neue Filialen entstehen – viele davon...

DWN
Finanzen
Finanzen DWN-Sonntagskolumne: The Rational Investor - warum Emotionen bei der Geldanlage schaden
24.11.2024

Als ich gehört habe, dass in einer Umfrage des ZDF vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 über 70 Prozent der Deutschen...

DWN
Politik
Politik Christian Lindners Vorwurf lautet: SPD strebt "Zerstörung" der Liberalen an
24.11.2024

Seit dem Bruch der Ampel-Koalition herrscht ein scharfer Ton zwischen SPD und FDP. Nun legt der entlassene Finanzminister nach. Die SPD...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW hält an Werksschließungen fest - Sparansage auch bei Bosch
24.11.2024

Im Streit um Einsparungen bei VW bleibt das Unternehmen hart: Die Kapazitäten sollen schnell runter. Die IG Metall reagiert in der...

DWN
Panorama
Panorama Sammelkarten als Wertanlage: Das Geschäft mit begehrten Karten
24.11.2024

Sammelkarten sind weit mehr als nur ein Zeitvertreib. Besonders seltene Karten erzielen zum Teil Rekordpreise. Was steckt hinter diesem...