Politik

Erdogan nach dem Anschlag: Türkei wird gegen alle Feinde kämpfen

Der türkische Präsident Erdogan hat nach dem Anschlag von Istanbul angekündigt, die Türkei werde gegen alle ihre Feinde kämpfen. Erdogan sagte in Ankara, dass Russland versuche, einen Vasallen-Staat in Syrien zu errichten. Die türkische Regierung gibt an, ein syrischer IS-Mann sei für den Anschlag verantwortlich.
12.01.2016 18:25
Lesezeit: 2 min

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte zum Anschlag in Istanbul, vermutlich habe sich ein syrischer Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Präsident Erdogan sagte, sein Land sei das erste Ziel aller Terroristengruppen in der Region, und die Türkei werde gegen alle gleichermaßen kämpfen. Der türkische Premier Davutoglu sagte, die Regierung könne bestätigen, es habe sich beim Täter um ein Mitglied des IS gehandelt.

Bemerkenswert: Nach dem Anschlag kritisierte Erdogan bei einem Treffen mit türkischen Botschaftern in Ankara auffallend deutlich Russland. Die Russen würden versuchen, im Norden Syriens einen Vasallenstaat um Latakia errichten, dem Gebiet der Turkmenen, wie Erdogan sagt.

Erdogan sagte laut Today Zaman: „Russlands Anliegen ist nicht der Kampf gegen den IS. Ganz im Gegenteil. Russland möchte in der Region Latakia und im Umland einen syrischen ,Boutique‘-Staat errichten, um sich dort ein Betätigungsfeld zu schaffen. Dabei bombardiert Russland unsere turkmenischen Geschwister. Aus dieser Sicht war der Jet-Streit nicht der Grund für die Verschlechterung unserer bilateralen Beziehungen, sondern ein willkommener Anlass.“

Die Zeitung Sabah zitiert den türkischen Premier Ahmet Davutoglu: „Eine der Hauptquellen des Terrorismus sind die Spannungen in Syrien und das daraus resultierende Sicherheits-Vakuum. Am meisten betroffen von diesem Problem ist die Türkei. Der Kampf gegen den Terrorismus wird sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene solange weitergeführt werden, bis der IS als Gefahr für unser Land vollständig aus dem Weg geräumt.“

Russland hat die Anschläge umgehend verurteilt. Das Außenministerium teilt laut Zaman mit, dass die Anschläge ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit seien, dass die Staatengemeinschaft gemeinsam gegen den islamistischen Terror kämpfen müsse.

Die Türkei hat in den vergangenen Monaten immer wieder versucht, im Norden Syrien Territorium zu gewinnen. Dieses Ansinnen wurde mit dem Schutz der Turkmenen begründet, obwohl diese unter Assad nicht verfolgt wurden und sich auch nicht verfolgt fühlten. Die zweite Begründung war die Bekämpfung der kurdischen YPG, die ein Partner der PKK ist. Die Türkei fordert seit langem einen Sicherheitskorridor im Norden, der mit einer Flugverbotszone einhergehen würde. Diese hätte die russischen Angriffe unterbinden sollen. Die Flugverbotszone deckt sich mit einem Gebiet, das die Türkei aus historischen Gründen beansprucht. 

Die syrische Armee hat mit Unterstützung durch russische Luftangriffe in den vergangenen Tagen bedeutende Fortschritt um Latakia gemacht, die wichtige Stadt Salma befreit und dabei auch Gruppen zurückgedrängt, die aus der Türkei versorgt werden, berichtet Al-Masdar. Al-Masdar weiter: "Der nächste Schritt wird für die syrische Armee sein, die Rebellen-Hochburg Al-Rabiyah in den turkmenischen Bergen einzunehmen. Wenn diese Stadt fällt, ist anzunehmen, dass sich die Islamisten aus der gesamten Provinz zurückziehen, weil sie keine Anhöhen mehr kontrollieren."

Die Amerikaner hatten nach ihrer Einigung mit Russland die Türkei in diesem Vorhaben gestoppt. Auch den Einmarsch im Nordirak hat US-Präsident Barack Obama dem Nato-Staat verboten. Deutschland hat sich ebenfalls sehr zurückgehalten, was die Unterstützung der territorialen Ansprüche von Ankara anlangt. Es ist unklar, ob sich diese Position nah dem Anschlag in Istanbul ändert, bei dem mindestens neun deutsche Staatsbürger getötet wurden.

Der türkische Ministerpräsident Davutoglu berief ein Krisentreffen mit dem Innenminister und den Chefs der Geheimdienste ein.

In der Türkei hat es in der jüngsten Vergangenheit mehrfach Bombenanschläge gegeben. Am 10. Oktober kamen bei einem Anschlag auf einen Friedensmarsch in Ankara fast 130 Menschen ums Leben. Auch hinter dieser Tat vermuteten Sicherheitsbehörden den IS. Von der Türkei aus fliegt eine von den USA angeführte Koalition Luftangriffe gegen IS-Stellungen in Syrien und im Irak. Auch die Bundeswehr unterstützt mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen von Incirlik aus den Einsatz.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.