Für die deutschen Maschinenbauer werden die USA als Absatzmarkt immer wichtiger. In kein anderes Land habe die Branche 2015 so viele Anlagen exportiert, teilte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am Montag mit. Die Lieferungen seien um 11,2 Prozent auf 16,8 Milliarden Euro gestiegen. Damit habe der US-Markt dem bisherigen Spitzenreiter China den Rang abgelaufen. Die Ausfuhren in die Volksrepublik seien um 5,9 Prozent auf 16 Milliarden Euro geklettert. Insgesamt konnten die Maschinenbauer, zu denen neben börsennotierten Konzernen wie Thyssenkrupp und Gea auch zahlreiche Mittelständler gehören, ihre Ausfuhren um 2,6 Prozent auf 155 Milliarden Euro steigern.
Die Wirtschaft in den USA hat in den vergangenen Jahren insbesondere von den niedrigen Energiekosten profitiert, die auch die Nachfrage nach Maschinen ankurbelt. Weiteren Schwung erhoffen sich die deutschen Hersteller von der Beseitigung technischer Export hürden durch TTIP. Viele Maschinen müssten bisher ein zweites Mal getestet und zugelassen werden, klagt die Branche. Durch abweichende technische Regulierungen in den einzelnen Bundesstaaten der USA entstünden beim Export Zusatzkosten von fünf bis 20 Prozent. Die Maschinenbauer gelten mit rund einer Million Beschäftigten als Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Auch insgesamt haben die USA nach mehr als einem halben Jahrhundert Framnkreich als wichtigsten Kunden der deutschen Wirtschaft abgelöst. Die deutschen Warenexporte in die Vereinigten Staaten schnellten 2015 um fast 19 Prozent auf 114 Milliarden Euro nach oben, wie aus Reuters am Wochenende vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Die Ausfuhren nach Frankreich wuchsen dagegen nur um 2,5 Prozent auf 103 Milliarden Euro. Damit endet eine Ära: Das Nachbarland war seit 1961 ununterbrochen und nahezu unangefochten der größte Abnehmer deutscher Waren.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält den Aufstieg der USA zur Nummer eins nicht für ein Strohfeuer. „Das ist eher ein langfristiger Trend“, sagt DIW-Konjunkturexperte Simon Juncker. Ein Grund dafür sei die höhere Wachstumsdynamik in den Vereinigten Staaten. Die weltgrößte Volkswirtschaft legte im vergangenen Jahr um 2,4 Prozent zu, Frankreich mit 1,1 Prozent nicht einmal halb so stark. Das Bild dürfte in diesem Jahr ähnlich aussehen. Die Industriestaaten-Organisation OECD rechnet für 2016 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes in den USA von 2,0 Prozent, während für Frankreich nur 1,2 Prozent erwartet werden.
„Es überrascht nicht, dass die USA der wichtigste Handelspartner Deutschlands sind“, sagt auch der Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, Bernhard Mattes. „Die amerikanische Wirtschaft erfährt derzeit einen stabilen Aufschwung, der deutschen Unternehmen zugutekommt. Dazu gehören niedrige Energiepreise, ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau in den USA sowie der schwache Außenwert des Euro gegenüber dem Dollar.“
Der Euro hat angesichts der extrem lockeren Geldpolitik der EZB seit Mitte 2014 um rund ein Fünftel zum Dollar abgewertet. „Der Wechselkurseffekt hat relativ deutlich die Auslandsnachfrage angeschoben“, erläutert DIW-Experte Juncker. Mit Frankreich teilt Deutschland dagegen die gemeinsame Währung, weshalb es hier keinen Impuls durch die Abwertung gibt.
Mattes rechnet unterdessen mit einer anhaltend starken Nachfrage. „Die USA zählen Deutschland aufgrund seiner Kernkompetenzen im Maschinen- und Anlagenbau sowie der Auto- und Chemieindustrie zu einem wichtigen Partner, der bei der dringend notwendigen Re-Industrialisierung der US-Wirtschaft helfen kann“, so Mattes, im Hauptberuf Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH. „Aus 'Made in Germany' wird 'Made with Germany', weswegen die Aussichten für deutsche Unternehmen und ihre Tochtergesellschaften in den USA positiv bleiben dürften.“