Finanzen

Expansion auf Kosten Russlands: US-Ölfirmen wollen den europäischen Markt

Lesezeit: 2 min
29.02.2016 01:26
Die US-Ölindustrie will Europa als neuen Absatzmarkt erobern: Die Lager sind übervoll, die US-Konjunktur ist schwach. Das Säbelrasseln der US-Regierung gegen Russland dient auch dem Zweck, die Russen die EU als Kunden abzujagen. Viel Gegenwehr zeigen die EU-Politiker nicht.
Expansion auf Kosten Russlands: US-Ölfirmen wollen den europäischen Markt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Weltweit herrscht ein massives Überangebot an Erdöl. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) geht davon aus, dass die daraus resultierenden Lagervorräte im laufenden Jahr um täglich rund 1,1 Millionen Barrel (159 Liter) zunehmen werden. Die permanente Ausweitung der Lagermenge drückt aber nicht nur den Preis für Öl. Sie verzögert auch die Normalisierung der Preise, wenn sich Angebot und Nachfrage eines Tages wieder einpendeln werden.

Derzeit spricht einiges dafür, dass die Überproduktion noch längere Zeit anhalten wird. Einerseits wird die Rückkehr des Iran auf den Weltmarkt das Angebot deutlich ausweiten. Der iranische Gesandte bei der OPEC hatte bereits angekündigt, dass der Iran nicht daran denke, seine Förderung einzuschränken.

Russland, Saudi-Arabien, Katar und Venezuela hatten zwar ihre Bereitschaft signalisiert, die Fördermengen auf dem Niveau von Januar einzufrieren, sind dazu aber nur bereit, wenn sich alle großen Produzenten beteiligen – was sehr unwahrscheinlich ist. Im Übrigen würde auch eine Deckelung der Förderung auf dem aktuellen Stand immer noch zu einem deutlichen Überangebot beitragen, weil die weltweite Nachfrage schwach ist.

Die ersten Opfer der tiefen Preise scheinen amerikanische Fracking-Firmen zu sein, deren finanzielle Belastbarkeit begrenzt ist. Die ersten von ihnen mussten den Betrieb bereits einstellen, wie der Finanzblog Zerohedge meldet. Demzufolge hat der größte Produzent im Bundesstaat North Dakota, Whiting Petroleum, kürzlich angekündigt, die Suche nach Öl mithilfe der Fracking-Methode einzustellen und rund 80 Prozent seiner Ausgaben einzusparen. Die Firma Continental Resources hat ebenfalls starke Einsparungen bekanntgegeben. Ein weiterer führender Förderer in North Dakota, Hess Corp, hat die Anzahl seiner Bohrlöcher unterdessen von 17 auf 2 reduziert.

Saudi-Arabiens Ölminister hatte sich kürzlich indirekt über die Konkurrenten aus der amerikanischen Fracking-Industrie geäußert und gesagt, dass es kostenintensive Produzenten seien, die „entweder ihre Kosten verringern, Geld leihen oder den Betrieb aufgeben müssten.“ Den Fracking-Firmen scheint aber noch eine Option offenzustehen: die Expansion auf neue Märkte.

Mitte Februar gab die EU bekannt, dass sie amerikanischen Produzenten erlauben werde, Schiefergas nach Europa zu liefern. Die Europäer sollen dadurch ihre Abhängigkeit von Russland verringern, während sich für amerikanische Firmen neue Absatzmöglichkeiten ergeben.

Die Entscheidung der EU hat außerdem eine geopolitische Komponente, weil dadurch der Einfluss Moskaus in Europa geschwächt werden soll. Die Amerikaner orchestrieren ihre Handelspolitik mit Säbelrasseln in Richtung Russlands. Diesem Zweck dient auch das Konstrukt einer Energie-Union, das kürzlich von der EU vorgestellt worden ist. Aus Sicht der EU taugt diese als Grundlage für eine vollständige Entmachtung der Nationalstaaten im Energie-Sektor. Energieprojekte einzelner Staaten, die der EU oder ihren Verbündeten aus politischen Gesichtspunkten nicht passen, könnten dadurch gestoppt oder gar nicht erst realisiert werden.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands hohe Öl-Exporte riskieren Streit mit OPEC
07.06.2023

Russland hat eigentlich eine Drosselung seiner Rohöl-Förderung angekündigt. Doch die Exporte auf dem Seeweg sind weiter stark. Nun...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: Rechtsrahmen steht noch in diesem Monat
07.06.2023

Die Einführung eines digitalen Euro nimmt immer mehr an Fahrt auf. Dabei will die Europäische Kommission noch in diesem Monat Vorschläge...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission geht gegen neues polnisches Gesetz vor
07.06.2023

Der Ton aus Brüssel nach Warschau wird schärfer. Die EU-Kommission will nun gegen ein neues Gesetz in Polen vorgehen.

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Vorstand: Europa hat bei Digitalgeld-Projekt die Nase vorn
07.06.2023

Laut Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling hat Europa bei der Einführung einer digitalen Währung einen Vorsprung vor China und den USA....

DWN
Politik
Politik Dublin-Abkommen vor dem Aus: EU plant verschärfte Regeln für Asylbewerber
07.06.2023

Am Donnerstag sollen die EU-Innenminister in der Frage der strittigen Reform des EU-Asylsystems zusammenkommen. Noch kurz vor den...

DWN
Politik
Politik „Air Defender 2023“: Nato startet größtes Luft-Manöver seiner Geschichte
07.06.2023

Das westliche Militärbündnis startet das größte Luftmanöver seiner Geschichte. Deutschland fällt dabei eine Schlüsselrolle zu.

DWN
Politik
Politik ARD-Chef Gniffke: „Wir werden für eine Erhöhung der Rundfunkbeiträge kämpfen“
06.06.2023

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk will den Beitrag ab 2024 erhöhen – trotz Gesamteinnahmen von über 8 Milliarden Euro im Jahr....

DWN
Immobilien
Immobilien US-Banken verkaufen eilig Gewerbeimmobilien-Kredite
06.06.2023

Auch wenn Kreditnehmer ihre Rückzahlungen pünktlich geleistet haben, wollen große US-Banken Hunderte von Millionen Dollar an...