Gemischtes

Deutschland bereitet Abschied vom Diesel vor

Deutschland plant erste Schritte zur Abschaffung der Diesel-Motoren. Aktuell sollen Steuervorteile für Diesel-Kraftstoffe nach dem Willen mehrerer Umweltminister abgeschafft werden. Langfristig hat sich Deutschland verpflichtet, sich bis 2050 ganz von Verbrennungsmotoren zu verabschieden.
07.04.2016 11:14
Lesezeit: 2 min

Als eine Folge der Abgas-Affäre bei VW wollen die Umweltminister mehrerer Bundesländer Diesel-Fahren verteuern. Steuervorteile des Diesel-Kraftstoffes gegenüber dem Benzin sollen schrittweise abgebaut werden, fordern die Ressortchefs aus Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen in einem gemeinsamen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die Forderungen stammen aus einem Beschlussvorschlag für die Sonder-Umweltministerkonferenz zum Abgas-Skandal an diesem Donnerstag in Berlin. Auch generelle Tempo-30-Limits in Innenstädten und eine Elektrofahrzeug-Quote für Autohersteller sollen demnach geprüft werden.

Die Verteuerung von Diesel soll ein Signal senden und den Kauf der Fahrzeuge unattraktiver machen. Langfristig könnte Deutschland damit den WEg bereit in eine Zukunft ohne Diesel-Motoren. Damit könnte Deutschland dem Beispiel Norwegens folgen, die jüngst einen Nationalen Transport Plan veröffentlicht haben, nachdem ab 2025 gar keine Diesel- und Benzinautos mehr verkauft werden dürfen. Stattdessen sollen nur noch Fahrzeuge mit Elektroantrieb eine Zulassung bekommen. Damit wäre ausgerechnet das ölreiche Norwegen das erste Land weltweit, das fossile Brennstoffe von seinen Straßen verbannt.

Der Plan ist eine Vorbereitung zur Einhaltung der Klima-Ziele der ZEV-Allianz, der auch Deutschland am Rande des Klimagipfels in Paris beitrat. Dieser sieht für alle unterzeichnenden Länder vor, ab 2050 den Verkehr ohne fossile Rohstoffe zu bestreiten, heißt es in einer Mitteilung. An der Allianz nehmen neben Deutschland und Norwegen auch Großbritannien, die Niederlande, acht US-Bundesstaaten sowie die kanadische Provinz Quebec teil. Demnach ergebe sich aus dem Verzicht von Diesel- und Benzinmotoren eine jährliche Ersparnis von einer Milliarde Tonnen CO2-Emissionen.

Ob die Beschlüsse wie von den fünf Ländern gewünscht durchkommen, ist unklar - die Umweltministerkonferenz trifft Beschlüsse nur einstimmig. Alles in allem sei die Übereinstimmung groß, sagte der Staatssekretär für Verkehr und Umwelt des gastgebenden Landes Berlin, Christian Gaebler (SPD), der dpa. Das Thema Dieselsteuer sei aber strittig. „Der Diesel hat beim CO2-Ausstoß einen erheblichen Vorteil“, sagte Gaebler. „Ich glaube, deswegen muss man da die Kirche im Dorf lassen.“ Zudem müsste die schwarz-rote Koalition in Berlin für die Änderung Bundesgesetze ändern.

Die Beschlussvorlage der fünf Länder ruft den Bund zudem auf, sich auf Ebene der EU dafür einzusetzen, dass transparente Nachkontrollen von Fahrzeugen im Bestand auf den Straßen erfolgen, um sicherzugehen, „dass im realen Betrieb die geltenden Emissionsbegrenzungen eingehalten werden“. Die Kosten dafür müssten die Autobauer tragen.

Dem Kraftfahrt-Bundesamt soll zudem die Hoheit über Abgaskontrollen bei Autos entzogen werden. Künftig soll sich nach dem Willen der Länder das Umweltbundesamt darum kümmern. Autobauer müssten dann möglicherweise schärfere Kontrollen fürchten. Der Großteil der Fragen, die sich aus der Affäre um manipulierte Abgaswerte ergeben, betrifft das Verkehrsressort.

In der Vorlage des Umweltminister-Bündnisses fehlen als Unterzeichner die Ressortchefs aus den Bundesländern der Porsche- und Mercedes-Heimat Baden-Württemberg sowie aus der BMW- und Audi-Heimat Bayern. Alle vier Automarken sind für hohe Diesel-Anteile bekannt. Sie produzieren überwiegend schwere Limousinen, deren Umwelt- und Schadstoffbilanz anspruchsvoller ist, allein schon wegen des Gewichts und der meist üppigen Motorisierung.

Das Land Niedersachsen, in dem jeder fünfte Job des VW-Konzerns beheimatet ist, stützt die Beschlussvorlage für das Aus der Diesel-Steuersubventionen zudem mit der Aufforderung an den Bund, mögliche Hebel für die Umsetzung „darzulegen und einen Zeitplan für den Abbau der Steuerprivilegien von Diesel vorzulegen“.

Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup nannte die Vorschläge eine „schallende Ohrfeige“ für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der die Aufklärung des Diesel-Skandals verschleppe. Stickoxid- und Feinstaubwerte würden auch in diesem Jahr in etlichen Städten massiv die Grenzwerte überschreiten. Die Vorschläge gingen in die richtige Richtung.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Turbojet-Drohne: Polen präsentiert universelle Technologieplattform
06.09.2025

Polen präsentiert die Turbojet-Drohne – eine universelle Technologieplattform für Militär und Zivil. Für Deutschland stellt sich die...

DWN
Panorama
Panorama Boot kaufen: Was Sie dabei unbedingt beachten sollten
06.09.2025

Mit einer frischen Meeresbrise im Gesicht das eigene Boot über die Wellen zu steuern, ist für viele Menschen ein Traum – doch dieser...

DWN
Immobilien
Immobilien Indexmiete: Eine gute Wahl?
06.09.2025

Wenn Mieter einen neuen Vertrag unterschreiben, fällt ihnen vielleicht ein ganz spezielles Wort im der Vertragsüberschrift auf: der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grönländischer Schlamm: Vom Zufallsfund zum Milliardenprojekt
06.09.2025

Grönländischer Schlamm soll Ernten steigern und CO2 binden. Investoren wittern Milliardenpotenzial – und Deutschland könnte davon...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verarbeitete Lebensmittel: Wie Konzerne Gesundheitsrisiken herunterspielen
06.09.2025

Coca-Cola, Kraft und Mondelez gewinnen einen Prozess zu verarbeiteten Lebensmitteln. Doch Studien zeigen deutliche Gesundheitsgefahren –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russland und China üben Druck aus – NASA plant Mond-Reaktor bis 2030
06.09.2025

Die NASA will bis 2030 einen Mond-Reaktor bauen – im Wettlauf mit China und Russland. Hinter der Technik stehen geopolitische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strengere Homeoffice-Regeln: Eine Bank geht den entgegengesetzten Weg
06.09.2025

Während viele Banken strengere Homeoffice-Regeln einführen, setzt eine Bank auf maximale Flexibilität – ein Modell, das auch für...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Zeigt her eure Schuhe! Wie die Heute Maschinenfabrik im 21. Jahrhundert erfolgreich bleibt
05.09.2025

Die Schuhputzgeräte der Heute Maschinenfabrik mit rotierenden Bürsten sind weltweit im Einsatz. Im Laufe der über 100jährigen...