Politik

Chaos in der Ukraine: Premier Jazenjuk tritt zurück

Der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk tritt zurück. „Jaz“ war von den Amerikanern ausgewählt worden und wurde von der EU unterstützt. Zuletzt wurde ihm jedoch vorgeworfen, zu wenig gegen die Korruption im Lande getan zu haben.
10.04.2016 16:35
Lesezeit: 1 min

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk tritt nach einem monatelangen Machtkampf zurück. Grund sei die politische Krise der Regierung, erklärte er am Sonntag in einer Fernsehansprache. Die Diskussion um seine Person habe die Beschäftigung mit den notwendigen Veränderungen im Land blockiert. Formell werde er seinen Rücktritt am Dienstag im Parlament einreichen. Jazenjuk ist seit 2014 im Amt. Präsident Petro Poroschenko hat Neuwahlen ausgeschlossen.

Jazenjuk war ursprünglich von den Amerikanern ausgewählt worden, die sich in dieser Frage gegen Angela Merkel durchgesetzt hatten: Merkel hätte lieber den deutsch-ukrainischen Boxer Klitschko als Chef der Regierung gesehen. Doch die Europa-Chefin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, wollte den ehemaligen Zentralbanker Jazenjuk.

Der Ministerpräsident stand seit Monaten unter Druck – originellerweise vor allem aus den USA: Deren neuer Favorit ist der frühere georgische Staatspräsident Saakaschwili, der heute als Gouverneur von Odessa fungiert. Saakaschwili bezeichnete „Jaz“ schon vor Monaten als das Zentrum der Korruption in Kiew und forderte, die gesamte politische Elite in Kiew zu entlassen. Saakaschwili gilt als einer der Favoriten auf die Nachfolge von Jazenjuk. Saakaschwili wird per internationalem Haftbefehl gesucht, weil er in seiner Heimat Volksvermögen veruntreut haben soll.

Mitte Februar forderte auch Poroschenko den Rücktritt von „Jaz“. Allerdings scheiterte ein Misstrauensantrag wie auch ein Versuch Anfang März, eine Expertenregierung zu bilden. In Umfragen ist die Zustimmung zu Jazenjuk unter ein Prozent gefallen, aus seiner Koalitionsregierung sind mehrere Parteien ausgeschieden.

Die Machtkämpfe in der Koalition und Korruptionsskandale haben dazu geführt, dass die Milliarden an europäischen und internationalen Steuergeldern in erheblichem Ausmaß in dunklen Kanälen versickert sein dürften. Denn zur Besserung der Wirtschaft haben sie nicht beigetragen: Die Bevölkerung leidet unter steigenden Energiepreisen und einer Inflation, die Preise für Importwaren in die Höhe treibt.

Erst vor wenigen Monaten konnte eine Staats-Pleite verhindert werden, weil der IWF kurzerhand seine Regeln für die Kreditvergabe änderte, um dem Pleite-Staat weitere Gelder zukommen zu lassen.

Nun soll sich Poroschenko um eine neue, saubere Regierung kümmern. Poroschenko hat allerdings ein wenig mit dem Problem zu kämpfen, dass sein Name in den Panama Papers aufgetaucht ist. Er soll sich in den Wirren der Regierungswechsels in Kiew als Gründer von Briefkastenfirmen betätigt haben. Dies könnte bei dem einen oder anderen zu Zweifeln an der Integrität des vom Westen bisher hoch geschätzten Präsidenten führen.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...