„Autokauf im Internet ist keine Zukunftsmusik, sondern längst Realität“, so Ralf Kalmbach, weltweiter Leiter des Automobilgeschäfts bei A.T. Kearney. Allein in den nächsten drei Jahren werden bis zu 7,6 Millionen Fahrzeuge, also rund ein Drittel aller Neu-, Gebraucht- und Jahreswagen, online gekauft. Für die Hersteller hieße das: Sie müssten schnell, aber vor allem differenziert reagieren.
Das sind die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Autokäuferstudie 2016 von A.T. Kearney. Darin zeigt die Managementberatung erstmals anhand repräsentativer Daten, wie die Digitalisierung den Autokauf - von der Information über die Modellauswahl bis zum Kaufabschluss - verändert. Für die Autokäufer-Studie Deutschland 2016 hat TNS Infratest im Auftrag von A.T. Kearney Ende Januar bis Anfang Februar 2016 2.500 repräsentativ ausgewählte Personen ab 18 Jahren telefonisch zu ihrem bisherigen und zukünftigen Verhalten beim Autokauf befragt.
Fünf verschiedene Autokäufer-Typen
Erste wichtige Erkenntnis: Autokäufer ist nicht gleich Autokäufer. Die für die Untersuchung Befragten ließen sich vielmehr in fünf verschiedene Typen clustern, die sich nach Kriterien wie Alter und Einkommen, Einstellung zum Thema Mobilität, Vorgehensweise beim Autokauf, Markentreue, Nutzung von Informationsquellen sowie hinsichtlich ihrer Aufgeschlossenheit für einen Online-Autokauf stark unterscheiden.
Die mit 26 Prozent aktuell größte Gruppe ist der „Pragmatische Mainstream“ mit vielen unter 40-Jährigen, die Online-Medien nutzen und grundsätzlich bereit sind, im Internet zu kaufen. Bei ihnen entscheidet am Ende aber oft der Preis. Gar nicht infrage kommt ein Online-Autokauf für die beiden eher älteren Autokäufer-Typen der „Involvierten Traditionalisten“ (21 Prozent) und „Analogen“ (18 Prozent). Sie kaufen gar nicht oder selten im Internet und lassen sich lieber beim Händler beraten.
Junge Zielgruppe besonders aufgeschlossen
Deutlich aufgeschlossener sind die beiden jüngeren Zielgruppen der „Digitalen Nutzenorientierten“ (12 Prozent) und „Digitalen Familien“ (23 Prozent). Sie kaufen als Schnäppchen-Jäger häufig im Internet und nutzen gerade als preisbewusste Familien vor allem Online-Medien. Insgesamt sind der Untersuchung zufolge schon heute mehr als 60 Prozent der online-affinen Zielgruppen dazu bereit, ihr nächstes Auto im Internet zu kaufen.
„Wir erleben einen massiven Umbruch in Richtung digitaler Automobilvertrieb“, so Dr. Karl Obermair, Studienleiter und Experte für Mobilitätsservices bei A.T. Kearney. „Angetrieben durch den sozio-demographischen und technologischen Wandel wird sich das Informations- und Kaufverhalten in den nächsten Jahren weiter digitalisieren und so mit zunehmender Dynamik nach dem Gebrauchtwagenmarkt auch das klassische Neuwagengeschäft grundlegend verändern.“
Die Studienautoren gehen davon aus, dass sich der Wandel zum digitalen Autokauf in zwei Wellen vollzieht. In der ersten werden auch jüngere Zielgruppen ihr Auto noch klassisch beim Händler besichtigen und eine Probefahrt machen, dann aber dort kaufen, wo sie den besten Preis bekommen - und das ist sehr oft das Internet. In der zweiten Welle wird es keine Medienbrüche mehr geben, weil der komplette Kaufprozess von der Modellkonfiguration über die virtuelle Besichtigung und Probefahrt bis hin zum Abschluss durchgängig online stattfindet.
Nachdem die jüngeren, digitalen Auto-Käufer-Typen bislang überwiegend Gebrauchtwagen erwerben und damit als Zielgruppe noch nicht primär im Visier der Hersteller sind, drohen diesen durch die Digitalisierung große Absatzeinbußen. „In wenigen Jahren werden die jungen, digital affinen Käuferschichten in den Neuwagen-Markt vordringen. Hersteller, Importeure und Händler müssen ihre Vertriebsstrukturen mit einer maßgeschneiderten und markenspezifischen Multi-Channel-Strategie so anpassen, dass sie diese Interessenten dann nicht an Online-Autobörsen und Vergleichsplattformen verlieren“, so Kalmbach.