Politik

Portugal: Kreditnehmer fordern Prämien für ihre Schulden

Lesezeit: 2 min
17.05.2016 00:49
Spanische und portugiesische Konsumentenschützer fordern Prämien für Schuldner, die Kredite laufen haben. Dies sei die Entsprechung zum Negativ-Zins, den Banken bei der EZB zahlen müssen. Die gesetzliche Lage versetzt Schuldner in diesen Ländern in die Lage, einen entsprechenden Anspruch anzumelden.
Portugal: Kreditnehmer fordern Prämien für ihre Schulden

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Spanien und Portugal gibt es derzeit einen handfesten Streit zwischen den Finanzinstituten, Konsumentenschützern sowie Abgeordneten. Hintergrund ist eine spezielle Zinsregelung, die es für Immobilienkredite gibt. Anders als in Ländern wie Deutschland, werden die Zinsen für die Vergabe eines Immobilienkredites in Spanien und Portugal nicht festgeschrieben. In Spanien und Portugal ändern sich die Zinsen, die man für einen aufgenommenen Immobilienkredit zahlen muss, regelmäßig. Die Zinsen sind in diesen Ländern an den Interbankenzins, den Euribor, gebunden. Und zusätzlich dazu beinhalten die zu zahlenden Zinsen bereits einen festgelegten Teil des Kredits.

Im Zuge der anhaltenden Niedrigzinspolitik der EZB rutschte auch der Eurobor im vergangenen Jahr das erste Mal in den Negativbereich. Das hat in Portugal in einigen Fällen dazu geführt, dass die Zinsen für die Immobilienkredite ebenfalls in den Negativbereich rutschten. Ähnliches geschah in Dänemark. Hier müssen Banken tausenden Kreditnehmern derzeit Zinsen für die von ihnen vergebenen Kredite zahlen. Sie bezahlen sie momentan praktisch dafür, dass sie Immobilienkredite vergeben haben, statt Zinsen von den Kreditnehmern zu kassieren. Inzwischen haben die dänischen Banken einige Gebühren erhöht, um diese unerwarteten Zahlungen zu kompensieren, eine rechtliche Grundlage dafür haben sie jedoch nicht, so das WSJ.

In Spanien und Portugal zahlen zwar die meisten der Kreditnehmer noch Zinsen für ihre Immobilienkredite, doch die Banken wollen auf Nummer sicher gehen und ergreifen erste Maßnahmen. „Auf keinen Fall wird ein Kunde Zinszahlungen erhalten“, denn das wäre gegen das Wesen der Kredite, sagte Carlos Torres Vila von der Banco Bilbao Argentaria bei einer Pressekonferenz Ende April. Maximal würden die Kunden keine Zinsen zahlen müssen. Portugals Banken sehen das im Allgemeinen ähnlich. In einigen Fällen, in denen die Zinsen in den Negativbereich fielen, haben die Banken diese auf Null angehoben.

Konsumentenschützer kritisieren die Handhabe der Banken. Genauso wie die Zinsen variabel steigen können, können sie auch fallen, und daran müssten sich die Banken halten, so die Argumentation. Wenn Banken Kunden bei steigenden Zinsen mehr Zinsen auf ihre Einlagen zahlen, müssten sie eben Kreditnehmern die Zinsen zahlen, wenn diese im Negativbereich lägen. In Portugal wurde im Januar ein Gesetzesvorschlag vorgestellt, der die Kreditgeber dazu zwingen will, im Fall von Negativzinsen den Kreditnehmer zu bezahlen.

Für die Banken in Spanien und Portugal kann diese Debatte zu einem handfesten Problem werden. In beiden Ländern kämpfen die Banken mit faulen Krediten in ihren Bilanzen. Würde der Euribor von derzeit minus 0,144 Prozent weiter auf minus 1 Prozent fallen, würde das die Banken Portugals etwa 700 Millionen Euro kosten, um ihre Zinsmargen bei den Immobilienkrediten auszugleichen. Selbst, wenn die Banken die Zinsen für die Immobilienkredite einfach auf null setzen würden, würden sie der Zentralbank des Landes zufolge 500 Millionen Euro verlieren – allein aus der Differenz zwischen dem, was sie Bankkunden zahlen und dem, was sie durch Kredite einnehmen. „Wir müssen einen fairen Ausgleich zwischen den Erwartungen der Kreditnehmer und dem Sicherheitspolster sowie der Stabilität des Finanzsystems finden“, sagt Carlos Costa von Portugals Zentralbank.

Er schlägt vor, bei den bestehenden Kreditverträgen die Negativzinsen wie Nullzinsen zu bewerten und bei neuen Verträgen generell festzulegen, dass ein negativer Eurobor maximal zu Nullzinsen führen kann.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kann Automatisierung die deutsche Industrie retten?
26.12.2024

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit Fachkräftemangel und explodierenden Kosten. Wie können Automatisierung und Robotik diese...

DWN
Politik
Politik Wahlforscher Jung: Die Union hat ein "Merz-Problem" - und Habeck eine gute Chance
26.12.2024

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Unionskandidat Merz der nächste deutsche Bundeskanzler wird, sagt Wahlforscher Matthias Jung. Doch er...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Fünf Jahre Corona: Als Covid-19 die Welt in den Stillstand zwang
26.12.2024

Lockdowns, Masken, Grenzschließungen: Fünf Jahre nach dem Auftauchen der ersten Covid-19-Fälle hat die Corona-Pandemie weltweit ihre...

DWN
Politik
Politik Chaos und Dutzende Tote in Mosambik nach Wahlergebnis
26.12.2024

Seit der Verkündung des Wahlsiegs der Regierungspartei kommt es zu immer blutigeren Unruhen. Demonstranten befreien Gefangene und...

DWN
Immobilien
Immobilien In Life-Science-Immobilien investieren: Tipps für den Einstieg in die neue Assetklasse
26.12.2024

Immobilien in der Life-Sciences-Branche sind höchst spezialisiert und komplex - und für Investoren ein besonders spannender...

DWN
Politik
Politik Biden setzt Zeichen: Todesurteile werden zu lebenslangen Haftstrafen umgewandelt
25.12.2024

Der scheidende US-Präsident Joe Biden positioniert sich klar gegen die Todesstrafe auf Bundesebene. Sein Nachfolger Donald Trump vertritt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft DWN-Interview: Hat Deutschlands Bergbau eine Zukunft?
25.12.2024

Deutschlands Bergbau steckt in einer kritischen Phase: Das Land verfügt über wertvolle Rohstoffe und ist in Bergbautechnologien führend....