Der scheidende Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat keine Angst vor dem Islam. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Lehmann:
„Ich habe keine Angst. Und zwar zunächst einmal aus einem sehr plausiblen Grund. Als ich in Rom mein Studium begann, 1957, habe ich eine Vorlesung gehabt – lateinisch – von drei Stunden in der Woche, in einem langen Semester, über die nicht christlichen Religionen – längst vor dem Konzil. Da waren sechs, acht Stunden über den Islam dabei. Ich habe heute noch meine Mitschrift und ich hatte wenigstens ein bisschen Ahnung davon, deswegen brauchte ich auch keine Angst zu haben. Ich habe nachher, später, als ich zwölf Jahre in Freiburg an der Universität war, einen Kollegen in der Fakultät gehabt, der einen Lehrstuhl für Religionsgeschichte hatte – Pater (Richard) Gramlich, Jesuit –, der ein großartiger Kenner des Islam war, vor allen Dingen auch viele islamische Gedichte, Poesie aus dem Iran und so weiter zum ersten Mal übersetzt hat und wo ich also auch den Islam in dieser Hinsicht von einer Seite kennengelernt habe noch einmal, wie ich das vorher nicht wusste. Angst hat man vor etwas, was man nicht kennt. Und wir haben natürlich in vieler Hinsicht Angst, weil wir perplex sind vor den unglaublichen Grausamkeiten, auf die sich manche Strömungen – IS – in dem Bereich des Islam berufen. Aber die Erwartungen eines neuen europäischen Islam und was da alles so prophezeit wird, daran glaube ich noch nicht. Jedenfalls sehe ich noch nicht, wie man einen lebbaren Islam innerhalb unserer Demokratie in größerem Maße vorfinden wird. Aber ich hoffe, dass es so etwas gibt.“
Auf die Frage des DLF, dass der Pegida gelungen sei, was den Kirchen nicht gelungen sei, nämlich das Wort "Christlich" "wieder in die politische Debatte zu bringen", sagte Lehmann:
„Es gibt gewiss Versäumnisse, wovon die profitieren. Sie haben einiges genannt – ich würde zum Beispiel Heimat, Vaterland dazusetzen noch. Wir haben sicher auch vor lauter Blick auf Europa, Globalisierung und so fort manchmal die Verwurzelung der Leute in ihrer heimatlichen Kultur und so weiter etwas versäumt. Es gab vielleicht etwas unglückliche Dinge, etwa unter dem Stichwort der Leitkultur so etwas zu beleben, das ist halt nicht geglückt, und es geht ja bis in die 30er-Jahre hinein, mit der Berufung auf christliches Abendland und so weiter. Die Leute, die das vertreten haben, die waren natürlich in vielen anderen Fragen dann so unbeweglich, dass ich jedenfalls zum Beispiel das Wort nicht mehr gebraucht habe, obwohl ich eigentlich wirklich Europäer und Abendländer bin und auch bleibe.“
Daher spreche er lieber von "Europa" als vom christlichen "Abendland".
Die Frage der Christenverfolgungen durch die islamistischen Söldner-Truppen im Nahen Osten wurden in dem Gespräch nicht behandelt, ebenso wenig die Gewalt gegen christliche Flüchtlinge und Migranten in Deutschland.