Politik

Streit mit Saudi-Arabien: Iraner können dieses Jahr nicht nach Mekka reisen

Iranische Gläubige können dieses Jahr nicht an der Pilgerfahrt nach Mekka teilnehmen. Vordergründig geht es um die Aufarbeitung einer Massenpanik, bei der im vergangenen Jahr hunderte Menschen getötet wurden. Die wahren Gründe für das Verbot dürften darin bestehen, dass sich beide Länder in mehreren Konflikten als geopolitische Rivalen gegenüberstehen.
30.05.2016 10:22
Lesezeit: 2 min

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Iranische Gläubige werden in diesem Jahr nicht an der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch in Mekka teilnehmen, wie AFP berichtet. Wegen „Hindernissen“ von Seiten Saudi-Arabiens könnten sich iranische Pilger „leider“ nicht am Hadsch beteiligen, zitierte das iranische Staatsfernsehen am Sonntag Kulturminister Ali Dschannati. Die Streitigkeiten über Einreisebedingungen hätten in zwei Verhandlungsrunden nicht ausgeräumt werden können. Trotz der angespannten Beziehungen zwischen Riad und Teheran ist die Aussetzung der Pilgerfahrt sehr ungewöhnlich.

Nach Angaben Saudi-Arabiens reiste eine iranische Delegation am Freitag ab, ohne dass eine abschließende Einigung erzielt wurde. Das Hadsch-Ministerium erklärte, es habe in den zweitägigen Gesprächen „viele Lösungen“ angeboten, um auf die iranischen Forderungen einzugehen. In einigen Punkten habe es eine Einigung gegeben, unter anderem über die Verwendung elektronischer Visa.

Iranischen Angaben zufolge wollte Riad aber unter anderem iranischen Flugzeugen mit Pilgern keine Landeerlaubnis in Saudi-Arabien geben. Saudi-Arabiens Außenminister Adel al-Dschubeir warf Teheran vor, für sich das Recht auf die Organisation anti-israelischer und US-feindlicher Kundgebungen sowie weitere „Privilegien“ beansprucht zu haben, die „zu Chaos während des Hadsch“ geführt hätten.

Riad unterzeichne jedes Jahr mit über 70 Ländern eine Absichtserklärung, „um die Sicherheit der Pilger zu gewährleisten“, sagte al-Dschubeir nach Gesprächen mit seinem britischen Kollegen Philip Hammond in Dschidda. Teheran aber habe seine Unterschrift verweigert. Gleichzeitig forderte der saudi-arabische Außenminister den Iran auf, sich nicht weiter in die „internen Belange“ des Irak sowie anderer Nachbarstaaten einzumischen.

1987 hatte eine Kundgebung iranischer Pilger in Mekka zu blutigen Zusammenstößen mit den saudi-arabischen Sicherheitskräften geführt, bei denen über 400 Menschen getötet wurden, zu einem Großteil Iraner. Daraufhin unterhielten beide Länder vier Jahre lang keine diplomatischen Beziehungen. Seitdem halten die iranischen Pilger ihre Kundgebungen diskret in ihrem eigenen Lager ab, um jeden Kontakt mit den Sicherheitskräften zu vermeiden.

Die Beziehungen der beiden regionalen Rivalen stecken erneut in einer tiefen Krise, seitdem im Januar wütende Demonstranten die saudi-arabische Botschaft in Teheran und ein Konsulat angegriffen hatten. Die Proteste richteten sich gegen die Hinrichtung des prominenten schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien. Als Reaktion auf die Proteste brachen Riad und mehrere weitere sunnitische Staaten die Beziehungen zum Iran ab.

Die Teilnahme an der Wallfahrt zur heiligsten Stätte des Islam in Mekka ist Pflicht für jeden gläubigen Muslim. Gemäß dem Koran muss jeder Muslim, ob Mann oder Frau, der gesund ist und es sich leisten kann, einmal im Leben an der Pilgerreise teilnehmen. Im vergangenen Jahr waren beim größten Unglück in der Geschichte der Pilgerfahrt nach Mekka 2300 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen mehr als 450 Iraner. Teheran warf daraufhin dem Königreich, das für die Organisation der Pilgerfahrt zuständig ist, Inkompetenz vor.

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