Politik

Euro-Rettung treibt Griechenland in die nächste Rezession

Lesezeit: 2 min
31.05.2016 00:03
Griechenland wehrt sich gegen zusätzliche Forderungen der internationalen Gläubiger. Insbesondere der Verkauf von Krediten und Änderungen im Rentensystem sind Medienberichten zufolge umstritten. Die Euro-Rettung im Rahmen der Schulden-Krise hat Griechenland bereits wieder an die Schwelle einer Rezession getrieben.
Euro-Rettung treibt Griechenland in die nächste Rezession

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Griechenland kann Insidern zufolge einige der Zusatz-Forderungen der internationalen Geldgeber nicht umsetzen. Dies habe Finanzminister Euclid Tsakalotos vergangene Woche in einem Brief an seine europäischen Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) erklärt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Montag von drei mit den Verhandlungen vertrauten Personen.

Laut griechischer Zeitung Ta Nea ging der Brief an EU-Kommissar Pierre Moscovici, EZB-Direktor Benoit Coeure und IWF-Europa-Chef Poul Thomsen. Vom Finanzministerium war vorerst keine Stellungnahme zu erhalten. Offen blieb zunächst auch, ob das Vorgehen die Auszahlung weiterer Kredittranchen an Griechenland verzögern könnte.

Die Finanzminister der Euro-Zone und der IWF hatten sich erst vorige Woche auf weitere Kredite für Griechenland geeinigt. Die Geldgeber und die Regierung in Athen verständigten sich grundsätzlich auf die Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro. Einem der Insider zufolge drehen sich die Forderungen um Reformen bei der Rente. „Wir können keine wesentlichen Veränderungen machen“, sagte ein Regierungsvertreter zu Reuters. „Aber wir werden die technischen Verbesserungen angehen, die diskutiert wurden. Einige von ihnen sind richtig.“

Am Sonntag endete eine Telefonkonferenz zwischen griechischen Staatsvertretern und Repräsentanten der Gläubiger-Organisationen ohne Ergebnis, die sich ebenfalls mit den von Athen geforderten Sparmaßnahmen, Privatisierungen und Reformen befasst hatte, wie die griechische Zeitung Ekathimerini berichtet.

Dabei ging es in erster Linie um den geplanten Verkauf ausfallgefährdeter Kredite, die mit Garantien des griechischen Staates versehen sind, und die von den Gläubigern geforderte Einziehung von bereits geleisteten Zuschusszahlungen an arme Rentner. Die Regierung in Athen befürchtet, dass der Verkauf der Kredite aufgrund der Staatsgarantien zu hohen Schadensersatzforderungen in der Zukunft führen könnte. Die Rücknahme der Zuschuss-Zahlungen hingegen würde die Lage der ohnehin leidenden Bevölkerung weiter verschlechtern.

Insgesamt verlangt der Internationale Währungsfonds und die EU-Institutionen 15 Änderungen bei den Reformen-Vorhaben. Wie Ekathimerini schreibt, soll bis zum kommenden Freitag eine Einigung erzielt werden. Am Montag sei zudem eine weitere Telefonkonferenz geplant gewesen.

Unterdessen steuert das Land auf die nächste Rezession zu. Die Wirtschaft des Krisenstaates schrumpfte zwischen Januar und März um 0,5 Prozent zum Vorquartal und damit stärker als zunächst angenommen, wie das Statistikamt Elstat am Montag mitteilte. Fachleute sprechen von einer Rezession, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge sinkt. In sieben der vergangenen acht Jahre war die Wirtschaft des hoch verschuldeten Landes geschrumpft. Auch für 2016 erwartet die EU-Kommission ein Minus von 0,3 Prozent. Im ersten Quartal bremsten sinkende Exporte die Konjunktur in dem Euro-Land. Zudem sank der gesamte Konsum um 0,5 Prozent. Eine Einigung mit den Geldgebern könnte ab dem dritten Quartal für Schwung sorgen, sagte Eurobank-Analyst Platon Monokroussos.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte auf einer Konferenz in Berlin, er sehe Griechenlands Entwicklung trotz aller Schwierigkeiten mit mehr Hoffnung. Die dortige Arbeitslosigkeit nähere sich einem Wendepunkt. Schäuble fügte jedoch hinzu: „Kein Land in Europa hat einen so hohen Anteil an Steuern, die eigentlich bezahlt werden müssen, aber nicht erhoben werden.“

Bisher wurden laut einer Studie in Griechenland so gut wie ausschließlich die europäischen Banken gerettet, die sich in Griechenland verspekuliert hatten. In einer nächsten Etappe dürfen die europäischen Steuerzahler die Kredite des IWF übernehmen müssen. Die griechische Bevölkerung hat im Rahmen dieses staatlich organisierten Ponzi-Schemas so gut wie kein Geld gesehen. Der Abstieg der Wirtschaft und die entsprechenden sozialen Folgen sind von kritischen Beobachtern seit langem prognostiziert worden.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...