Es ist ein Bauwerk der Superlative: 57 Kilometer lang ist der Gotthard-Basistunnel, der am Mittwoch nach 17-jähriger Bauzeit eröffnet wird. Damit ist er der längste Eisenbahntunnel der Welt. 28,2 Millionen Kubikmeter Gestein mussten bei den Bauarbeiten aus den Alpen gebrochen werden, der Bau kostete rund elf Milliarden Euro, 2400 Arbeiter waren im Einsatz.
Bis zu 2300 Meter tief verläuft der Tunnel unter den Alpen, so die AFP. Mit seiner Inbetriebnahme sollen sich die Fahrzeiten zwischen Nord- und Südeuropa erheblich verkürzen. Am Mittwoch wird das Bauwerk feierlich eröffnet, und zur Jungfernfahrt werden neben Schweizer Politikern Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident François Hollande und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi erwartet.
Seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt es bereits einen - wesentlich höher verlaufenden - Schienentunnel durch den Gotthard, doch mit dem neuen Basistunnel verkürzen sich die Fahrzeiten. Der Gotthard-Basistunnel sei "für Europa ein Geschenk des Himmels", sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Die Bahnstrecke unter den Alpen sei eine "lebenswichtige Verbindung" zwischen den Nordsee-Häfen von Rotterdam und Antwerpen und den Adria-Häfen.
Der Nord-Süd-Verkehr quer durch Europa soll durch den Tunnel flüssiger werden, zudem erhoffen sich die EU-Verantwortlichen eine weitere Verlagerung des Frachtverkehrs von der Straße auf die Schiene und damit weniger Luftverschmutzung.
Auch die Zahl der Bahnreisenden auf der Gotthard-Route soll nach Angaben des Schweizer Bahnbetreibers SBB auf 15.000 täglich im Jahr 2020 steigen. Nach der feierlichen Eröffnung ist zunächst ein mehrmonatiger Testlauf vorgesehen, bevor der Tunnel im Dezember vollständig den Betrieb aufnimmt. Dann soll sich die Fahrzeit zwischen Zürich und Mailand um rund eine Stunde auf zwei Stunden und 40 Minuten verringern. 260 Fracht- und 65 Passagierzüge sollen den Tunnel täglich passieren.
Das Bauwerk hat eine lange Vorgeschichte: Schon 1947 entwickelte der Schweizer Ingenieur Carl Eduard Gruner die Idee für den Riesentunnel. Nach seinen Vorstellungen sollte das Projekt zum Jahr 2000 fertiggestellt sein - letztlich irrte sich Gruner um 16 Jahre. Der Weg zur Verwirklichung seiner Vision war steinig. 1963 setzte die Schweizer Regierung ein Gremium ein, das den Bau eines Basistunnel unter dem Gotthard prüfen sollte. 1983 kamen die Behörden schließlich zu dem Schluss, das Projekt sei "nicht dringlich".
In den folgenden Jahren wuchs jedoch die Zustimmung zu dem Projekt, 1992 und 1998 stimmten die Schweizer in zwei Referenden für den Bau. 1999 begannen schließlich die Arbeiten, 15 Jahre später konnte der Alpen-Durchstich gefeiert werden.
Letztlich profitierte das Bauwerk von der langen Wartezeit von der ersten Idee bis zu deren Realisierung. Hätte Ingenieur Gruner schon vor 69 Jahren begonnen, den Tunnel zu bauen, hätten Arbeiter in einer teuren und gefährlichen Unternehmung einen Weg durch das Gestein sprengen und bohren müssen. Doch durch den Fortschritt in der Bohrtechnik war es schließlich ein hochmodernes und gigantisches Tunnelbohrgerät, das sich quer durch die Alpen fraß, den Abraum hinten auswarf und gleichzeitig vorfabrizierte Betonwände verlegte.
Neben seiner verkehrspolitischen Bedeutung ist dem Gotthard-Basistunnel auch ein Platz im Guinness-Buch der Rekorde sicher: Er löst den 53,9 Kilometer langen Seikan-Eisenbahntunnel zwischen den japanischen Hauptinseln Honshu und Hokkaido als weltlängster Bahntunnel ab, der 50,5 Kilometer lange Eurotunnel unter dem Ärmelkanal wird dann auf den dritten Platz verdrängt.