Politik

Gauck hat entschieden: Keine zweite Amtszeit als Bundespräsident

Bundespräsident Joachim Gauck will offenbar nicht mehr für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehen. Obwohl Bundeskanzlerin Merkel gegen ihn zunächst erhebliche Vorbehalte hatte, wäre sie in der aktuellen Situation froh gewesen, keinen neuen Kandidaten suchen zu müssen. Doch Gauck fühlt sich offenbar einfach zu alt für eine weitere Periode.
04.06.2016 00:23
Lesezeit: 1 min

Bundespräsident Joachim Gauck soll sich nach Informationen der Bild-Zeitung gegen eine zweite Amtszeit entschieden haben. Wie das Blatt am Freitagabend unter Berufung auf politische Kreise in Berlin berichtete, will der 76-Jährige an diesem Montagabend mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Abendessen unter vier Augen in seinem Amtssitz Schloss Bellevue seine Beweggründe dann auch ausführlich erläutern. An diesem Dienstag wolle er seine Entscheidung in Berlin der Öffentlichkeit bekannt geben.

Zu den Gründen für seinen Verzicht zählen laut «Bild» Gaucks fortgeschrittenes Alter und gesundheitliche Beschwerden. Die Sprecherin des Bundespräsidenten sagte am Abend, das Präsidialamt bleibe bei seiner Linie, zu Berichten dieser Art nicht Stellung zu nehmen.

Gauck hatte die Entscheidung über seine Zukunft bis zum Frühsommer angekündigt. Union, SPD und Grüne befürworteten eine zweite Amtszeit des parteilosen früheren Pastors aus Rostock; auch Merkel sprach sich für eine Wiederwahl aus. Zuletzt meinten auch 70 Prozent der Bundesbürger in einer Umfrage, Gauck solle weitermachen.

Die Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, tritt am 12. Februar 2017 zusammen. Gauck hatte seine erste Amtszeit im März 2012 angetreten. Er war Nachfolger von Christian Wulff, der nach nur 20 Monaten auf Druck der Öffentlichkeit wegen Unstimmigkeiten bei Reisespesen und einem Hauskredit in seiner Amtszeit als Ministerpräsident von Niedersachsen zurücktreten musste.

2010 war Gauck als Kandidat von Rot-Grün bei der Wahl des Bundespräsidenten noch gegen Wulff unterlegen. 2012 unterstützten ihn nach einigem Zögern auch Merkel und die Union.

Ob er für eine zweite Amtszeit antritt, hatte Gauck lange offengelassen. Auf einer China-Reise im März sagte er, es sei ein schönes Gefühl zu spüren, dass viele Menschen sich eine Fortsetzung seiner Arbeit wünschten. «Dabei muss man aber auch seine eigenen physischen und psychischen Kräfte bedenken», sagte er.

Anders als in Österreich wird der Bundespräsident in Deutschland nicht direkt vom Volk gewählt, sondern in einer meist komplexen Absprache von den Parteien bestimmt. Daher ist es auch die Bundeskanzlerin, der Gauck zuerst informieren will. Die Tatsache, dass der Bundespräsident Teil der Parteien-Balance ist, nimmt ihm in den deutschen Öffentlichkeit viel von der Autorität, die das Staatsoberhaupt in anderen Ländern genießt.

Angesichts des "Bild"-Berichts forderte der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, SPD und Grüne auf, gemeinsam mit der Linken einen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl aufzustellen. "Wenn Sigmar Gabriel es ernst meint mit einem politischen Kurswechsel, wäre das ein wichtiges Signal", sagte er der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung: "Dafür müsste jemand gefunden werden, der für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit steht."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen CBDCs und Gold – Kontrolle oder Freiheit?

In einer Zeit rasanter Veränderungen stellt sich mehr denn je die Frage: Wie sicher ist unser Geld wirklich? Die Einführung von CBDCs...

DWN
Politik
Politik Neue Regierung: Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister - AfD und Steuerzahlerbund fordern Reform
01.05.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Politik
Politik Trump gegen die Welt: Warum Streit mit Verbündeten das China-Problem nur verschärft
01.05.2025

Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben zweifellos dem internationalen Ruf der USA auf den Finanzmärkten geschadet und das...

DWN
Technologie
Technologie PwC-Studie: Künstliche Intelligenz könnte Weltwirtschaft bis 2035 um 15 Prozent beflügeln – doch der Preis ist hoch
01.05.2025

Während viele Volkswirtschaften unter dem Druck multipler Krisen taumeln – Energiepreise, geopolitische Spannungen, ein fragiles...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Politik schwächt den Dollar – Rogoff sieht Machtverschiebung zugunsten Europas
01.05.2025

Kenneth Rogoff sieht in Trumps Politik den Katalysator für das Ende des Dollar-Zeitalters. Europa steht vor der historischen...

DWN
Finanzen
Finanzen JPMorgan: Zinsschock voraus – Warum US-Bonds Europa ausstechen
01.05.2025

JPMorgan sieht in US-Anleihen den neuen Renditetreiber – Europas zögerliche EZB-Politik wirkt abschreckend auf Investoren.

DWN
Panorama
Panorama Jung oder KI: Zwei Wege zur Lösung des Lkw-Fahrermangels
01.05.2025

Angesichts des anhaltenden Fahrermangels setzt die EU auf die Senkung der Altersgrenze für Lkw-Führerscheine, während die USA auf eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unternehmer weltweit in Alarmbereitschaft: Handelskriege, Schuldenkrisen und KI – Was kommt als Nächstes?
01.05.2025

UBS-Report: Unternehmer zwischen Angst vor Handelskriegen, Hoffnungen auf KI und dem Wettlauf um Nachhaltigkeit.

DWN
Finanzen
Finanzen Versteckte Risiken: Wie die Rentenversprechen zur Illusion werden
01.05.2025

Vorsorge mit Risiko: Warum viele Pensionslösungen nur scheinbar sicher sind – und wie mangelnde Transparenz zum größten Feind der...