Politik

Schweizer lehnen Grundeinkommen mit großer Mehrheit ab

Die Schweizer haben den Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens mit etwa 78 Prozent klar abgelehnt. Auch in der Frage, ob die Schweiter Staatsbetriebe unbegrenzt Gewinnen machen dürfen, folgten die Schweizer der Empfehlung der Regierung - und lehnten eine Deckelung ab.
05.06.2016 15:18
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Schweizer haben die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in einem Referendum mit großer Mehrheit abgelehnt: Nach einer Hochrechnung des Instituts gfs.bern stimmten 78 Prozent der Wähler bei dem Referendum am Sonntag gegen die Pläne. Endgültige Ergebnisse wurden für den frühen Abend erwartet.

Das Grundeinkommen sollte nach der Vorstellung der Initiatoren allen Schweizern sowie Ausländern, die seit mindestens fünf Jahren in der Schweiz leben, ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen, ohne dass dafür ein fester Job nötig ist.

Die Gesetzesinitiative hatte keinen Betrag für das bedingungslose Grundeinkommen festgelegt, die Initiatoren empfahlen aber ein Einkommen in Höhe von 2500 Schweizer Franken (2260 Euro) für jeden Erwachsenen und 650 Franken für jeden Minderjährigen. Die Schweiz ist eines der Länder mit den höchsten Lebenshaltungskosten der Welt.

Die Schweizer Regierung sowie nahezu alle Parteien hatten die Bevölkerung dazu aufgerufen, das bedingungslose Grundeinkommen abzulehnen. Sie hielten die Initiative für zu teuer und befürchteten Nachteile für die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Die Befürworter argumentierten hingegen, ein bedingungsloses Grundeinkommen würde dem Staat durch die Abschaffung von Sozialleistungen Milliardeneinsparungen bringen.

Hintergrund ist auch die Sorge, dass angesichts der fortschreitenden Automatisierung vieler Arbeitsbereiche mittelfristig zahlreiche Stellen verschwinden könnten. Die Regierung warnte dagegen vor Kosten von 208 Milliarden Franken jährlich. Mit Ausnahme der Grünen lehnten alle großen Parteien den Vorstoß ab.

Die Ablehnung sei auf Unklarheiten und Zweifel bei der Finanzierung des Grundeinkommens zurückzuführen, erklärte Claude Longchamp, der Leiter des Institus gfs.bern im Schweizer Fernsehen SRF.

Die Wahllokale hatten am Vormittag geöffnet und ihre Türen bereits wenige Stunden später wieder geschlossen. Ein Großteil der Schweizer hatte bereits per Briefwahl gewählt. In Genf etwa gaben 47,4 Prozent der Wähler vor dem Sonntag ihre Stimme ab. Schon im Vorfeld hatte sich eine breite Ablehnung der Initiative abgezeichnet.

Auch in Deutschland wird immer wieder über ein bedingungsloses Grundeinkommen debattiert, das unter anderem von Teilen der Linkspartei befürwortet wird. Die Initiative "Mein Grundeinkommen" sammelt über das Internet Spenden, um Ausgewählten eine solche Absicherung zu ermöglichen.

Auch in einer zweiten Abstimmung entschieden die Schweizer gegen die Vorlage: Schweizer Staatsunternehmen wie der Telekom-Konzern Swisscom, die Post und die Bahn SBB können weiterhin Gewinne an Aktionäre und die Staatskasse abführen. Die Wähler des Landes lehnten am Sonntag einen Vorschlag ab, wonach die Konzerne ihr Geschäft auf eine landesweite Grundversorgung mit sehr gutem Service fokussieren sollten und nicht auf die Gewinnerwirtschaftung. Überschüsse sollten nach den Vorstellungen der Initiatoren der Abstimmung reinvestiert und nicht ausgeschüttet werden.

Hochrechnungen zufolge sprachen sich 67 Prozent der Schweizer Wähler gegen diesen Vorstoß von Verbraucherschützern aus, der zudem die Jahresgehälter der Top-Manager in den Unternehmen auf rund eine halbe Million Franken begrenzt hätte. Die Unternehmen lehnten die Initiative genauso ab wie die Schweizer Regierung und alle großen Parteien des Landes.

Ein "Ja" zu dem Gesetzesvorschlag hätte beispielsweise das Geschäftsmodell des Swisscom-Konzerns infrage gestellt. In dem Fall hätte die Regierung Analysten zufolge möglicherweise die Privatisierung des Unternehmens ins Auge gefasst. Zurzeit besitzt die Eidgenossenschaft gut 51 Prozent der Swisscom.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...