Politik

Scherz über Erdogan kostet deutschen EU-Diplomaten den Job

Der deutsche EU-Botschafter in der Türkei, Hansjörg Haber, wird abberufen. Er hatte sich einen Scherz über den türkischen Präsidenten Erdogan erlaubt. Daraufhin wurde er von Ankara einbestellt. Es ist nicht bekannt, ob die Türkei auf die EU Druck ausgeübt hat, Haber aus Ankara abzuziehen.
14.06.2016 16:48
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Inmitten wachsender Spannungen zwischen der Türkei und der EU tritt der deutsche EU-Botschafter Hansjörg Haber in Ankara nach nicht einmal einem Jahr von seinem Posten zurück. „Ich kann bestätigen, dass Botschafter Haber, der Leiter der EU-Delegation in Ankara, zurückgetreten ist und seinen derzeitigen Posten zum 1. August 2016 verlassen wird“, sagte Maja Kocijančič, die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstag in Brüssel. Sie machte keine Angabe zu den Gründen. Ein Nachfolger werde rasch benannt, erklärte EU-Kommissionsprecherin zu Mittag. Etliche Medien spekulieren, dass der Botschafter wegen eines Scherzes abberufen wurde, den Haber über den türkischen Präsidenten Erdogan gemacht hatte.

Der deutsche EU-Spitzendiplomat hatte den Posten in der Türkei erst im vergangenen September angetreten. Wegen einer kritischen Bemerkung zum Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei hatte das türkische Außenministerium Haber im vergangenen Monat einbestellt.

Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu hatte berichtet, Grund sei folgende Aussage Habers zum Abkommen gewesen: „Wir haben ein Sprichwort: Beginnen wie ein Türke und beenden wie ein Deutscher. Hier ist es umgekehrt.“ Die EU hatte die Aussage nicht bestätigt. Mit dem türkischen Sprichwort ist in etwa gemeint, man solle eine Aufgabe motiviert angehen, sie dann aber auch systematisch zu Ende führen.

Zwischen Ankara und Brüssel gibt es derzeit unter anderem wegen der geplanten EU-Visumfreiheit für Türken Spannungen. Das Aufheben der Visumpflicht ist eine Gegenleistung dafür, dass die Türkei sich bereiterklärt, Flüchtlinge aus der EU zurückzunehmen. Ankara weigert sich, die Anti-Terror-Gesetze der Türkei zu entschärfen, was aber eine der 72 Bedingungen für die Visumfreiheit ist.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim betonte am Dienstag, eine Änderung der Anti-Terror-Gesetze komme „nie und nimmer in Frage“. Eher werde die Türkei auf die Visafreiheit verzichten. Yildirim warf der EU bei einer AKP-Fraktionssitzung im Parlament in Ankara vor, die Forderung nach einer Änderung der Gesetze im Nachhinein erhoben zu haben. „Das ist deren Gewohnheit.“ Mit der Forderung bezwecke die EU folgendes: „Bekämpft den Terror nicht.“

Entgegen Yildirims Aussage ist die Forderung nach einer Änderung der Anti-Terror-Gesetze - in wortgleicher Form - Teil eines Abkommens vom Dezember 2013. Dieses Abkommen hatte die Regierung des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan mit der EU geschlossen. Die EU will damit erreichen, dass die Gesetze nicht gegen politische Gegner missbraucht werden können.

Staatspräsident Erdogan drang indes auf Fortschritte bei den seit mehr als zehn Jahren andauernden Verhandlungen für einen EU-Beitritt seines Landes. „Niemand soll unsere Geduld auf die Probe stellen“, sagte er nach Angaben von Anadolu am Montagabend in Ankara. Die Sprecherin Mogherinis sagte am Dienstag: „Wir als Europäische Union setzen unsere Arbeit mit der Türkei fort. Die Türkei ist ein Schlüsselpartner und ein Kandidatenland.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.