Finanzen

Türkische Zentralbank will Banken unbegrenzt mit Liquidität stützen

Die türkische Zentralbank hat angekündigt, die Banken des Landes notfalls unbegrenzt mit Geld zu versorgen. Hinter der Entscheidung steht die Befürchtung, dass der Putschversuch einen Bankrun auslösen und das Vertrauen ausländischer Investoren untergraben könnte. Beobachter sind skeptisch, ob die Beruhigungsmaßnahme fruchten wird.
18.07.2016 02:32
Lesezeit: 1 min

Die türkische Zentralbank hat am Sonntag angekündigt, das Bankensystem des Landes im Falle eines Bankruns unbegrenzt mit Liquidität zu versorgen. Auslöser der Sorgen war der gescheiterte Staatsstreich, der außerdem zu einer starken Abwertung der Lira und türkischen Fonds geführt hatte, wie der Finanzblog Zerohedge berichtet. Die Lira wertete so stark ab, wie in den vergangenen acht Jahren nicht mehr. Sie stand schon ohnehin unter Durck – seit Ende 2012 hat sie inzwischen rund 40 Prozent ihres Wertes verloren.

Die Zentralbank gab in ihrer Stellungnahme mehrere Maßnahmen bekannt, um den heimischen Finanzmarkt zu stützen: Neben der Bereitstellung von Liquidität wurde unter anderem der Tages-Leitzins auf Null gesenkt, den Banken erlaubt, ihre Devisenbestände als Pfand zur Stützung der Lira zu verwenden und eine Rundum-Überwachung der Entwicklungen am Markt installiert.

Mit dem Maßnahmenpaket will die Zentralbank gegen die steigende Verunsicherung ausländischer Investoren nach dem Putschversuch vorgehen. Denn die türkische Wirtschaft ist besonders von ausländischen Direktinvestitionen und kurzfristigen Krediten abhängig, um das Handelsdefizit von monatlich rund 3 Milliarden Dollar zu finanzieren. Ob ihr das gelingen wird, erscheint derzeit alles andere als sicher. „Der kürzlich erfolgte Anstieg der Kapitalzuflüsse in die Türkei wird sich nun sicherlich in sein Gegenteil verkehren und unweigerlich zu Turbulenzen an den Märkten führe“, heißt es von der Londoner Beratungsfirma Crossborder Capital. Auf lange Sicht wird interessant sein, wie sich die Entwicklung auf den Flüchtlingsvertrag auswirkt, der die Migrationskrise im Moment lindert“, wird ein Analyst von Crédit Agricole zitiert.

Der Handelsbeginn am Montag wird zum Lackmustest für das Vertrauen der Investoren werden. Seit Beginn des Jahres hatte der türkische Aktienmarkt um über 15 Prozent zugelegt und auch die Investitionen zogen an. „Attraktive Aktien sind diejenigen Firmen, die den großen und gesunden Konsumentenmarkt bedienen. Aber weil das Vertrauen der Kunden eng mit dem Wert der Lira verknüpft ist, könnten wir durchaus ein Abschmelzen der diesjährigen Gewinne sehen, insbesondere wenn die Lira nicht mehr anzieht und die Inflation wieder zunimmt“, wird ein Beobachter von Financial Times zitiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...