John Hanke, der Entwickler hinter Google Earth hat einen neuen Coup gelandet: Pokémon Go. Ein von Niantic (einem Google spin-off) und Nintendo (einem Japanischen Spiele und Konsolen-Hersteller) gemeinsam entwickeltes virtuelles Computerspiel für Smartphones hat das Potenzial, das Konzept der “Virtual Reality” im Handumdrehen zu revolutionieren.
Das Konzept: Man hält seinen Smartphone in die Luft und schaut durch die Kamera. Anstatt aber nur die Landschaft zu sehen die vor einem liegt, fliegt darauf ein kleines niedliches Tierchen das man einfangen muss, um Punkte zu sammeln. Kein Vergleich mit den nicht gerade ästhetisch anmutenden Virtual Reality Kamera-Brillen, in denen man verkabelt in seinem Wohnzimmer sitzen muss.
Je mehr Tierchen man einfängt, desto mehr Punkte bekommt man. Im Laufe des Spiels muss man seine Tierchen trainieren und gegen andere Tierchen kämpfen. Diese Turniere finden an einem sogenannten Pokéstop statt. Dort können Spieler nützliche Werkzeuge einsammeln oder virtuelle Leuchttürme („beacons“) hinterlegen, um von anderen Spielern gefunden zu werden.
Das Spiel ist etwa in London gerade zur rechten Zeit gekommen. Statt sich mit dem Brexit zu beschäftigen, sind die Leute wie verrückt mit dem Spiel beschäftigt. Ein Londoner berichtet den Deutschen Wirtschafts Nachrichten:
"An jeder Ecke in der Stadt stehen die Leute und starren in ihre Smartphones um dort virtuelle Tierchen zu entdecken. Aus Bussen schauen Leute nur noch durch ihre Smartphones heraus um vorbeilaufende Tierchen zu finden. Sogar manche Autos fahren langsamer durch die Stadt, da so die Wahrscheinlichkeit größer ist, einen Pikachu einfangen zu können.
Selbst in internationalen Beraterfirmen legen die hochdotierten Mitarbeiter zwischenzeitlich ihre Arbeit nieder, um schnell ein Turnier mit einem Kollegen auszutragen oder um schnell die neuesten Tipps und Tricks miteinander zu besprechen. Die Mittagspausen in der Londoner City dienen auf einmal nicht mehr dazu, um die neuesten politischen Entwicklungen bezüglich dem Brexit zu besprechen. Stattdessen verlassen die Anzugträger, die sonst höchstens ein Sandwich zu Mittag essen, ihre Büros, um auf der Straße auf und ab zu gehen, und kleine virtuelle Tierchen einzufangen, die dann am Nachmittag stolz den Kollegen vorgeführt werden."
Seit dem 13. Juli ist das Spiel auch in Deutschland erhältlich. Laut Computer Bild ist das Spiel so erfolgreich, dass der Server in den ersten Tagen komplett überlastet war und ständig abstürzte. Menschen starren auf offener Straße in ihre Smartphones in der Hoffnung, ein vorbeifliegendes Pokémon einzufangen, idealerweise den kleinen Pikachu. In Zeiten einer überwiegend negativen Nachrichtenlage eine willkommene und effektive Ablenkung.
Dem Economist zufolge zeigt das Konzept allerdings bereits auch beunruhigende Nebenwirkungen. So hinterließ eine bewaffnete Bande in Missouri (USA) beacons zum Beispiel auf einsamen Parkplätzen, um ambitionierte Spieler dann in aller Ruhe ausrauben zu können, mindestens aber um ihr Smartphone zu erleichtern. Ein anderer Spieler fand laut dem Economist auf der Suche nach Pokémon eine Leiche in einen Fluss.
Für Nintendo ist das Spiel eine Rettungsleine. Erst im Februar gab das Unternehmen laut der Financial Times eine Profitwarnung. Laut Gamespot kämpft das Unternehmen bereits seit fünf Jahren mit sinkenden Verkaufszahlen, unter anderem wegen dem Trend weg von der fixen Spielkonsole hin zum Smartphone.
Dank Pokémon Go stieg der Aktienpreis von Nintendo um über 50%, berichtet der Economist. 46 Milliarden US-Dollar hat das Pokémon Franchise seit 1996 bereits eingenommen, Tendenz steigend. Kommerziell spannend wird es vor allem, wenn Gastronomiebetriebe und Geschäfte zur Kasse gebeten werden, um Spieler in ihre Räumlichkeiten zu locken, um dort Turniere auszutragen oder niedliche Tierchen zu finden - ganz abgesehen von den Milliarden Terabytes an Nutzerdaten, die dem in Kalifornien ansässigen Unternehmen damit jede Minute zur Verfügung gestellt werden.
Computer Bild zufolge hat Pokémon Go bereits nach wenigen Tagen mehr täglich aktive Nutzer als Twitter und beschäftigt Nutzer durchschnittlich länger als die Facebook Foto-App Instagram.