Politik

CSU: Keine Banken-Rettung in Italien mit europäischen Steuergeldern

Lesezeit: 3 min
21.07.2016 01:45
Stephan Mayer schließt eine Banken-Rettung in Italien mit europäischen Steuergeldern aus. Die EU-Regeln seien klar. Daher müsse im Falle der Insolvenz einer Bank eine Beteiligung der Gläubiger erfolgen. Es sei im Übrigen völlig ausgeschlossen, dass die gemeinsame europäische Einlagensicherung rückwirkend zum Tragen kommen könne.
CSU: Keine Banken-Rettung in Italien mit europäischen Steuergeldern
Stephan Mayer, Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. (Foto: Henning Schacht)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Herr Mayer, ist der Brexit unwiderruflich?

Stephan Mayer: Sag niemals nie. Ich will nicht ausschließen, dass es noch zu einem zweiten Referendum kommt – mit dem Ergebnis, dass sich die Briten doch wieder der EU anschließen. Jedoch sehe ich aber weder bei den Tories noch bei der Labour Party ernsthafte Bestrebungen, eine zweite Volksabstimmung in die Wege zu leiten. Insofern ist ein Verbleib Großbritanniens in der EU nicht sehr wahrscheinlich.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Ist der Ausgang des britischen Referendums ein Hinweis darauf, dass die EU in einer Krise steckt?

Stephan Mayer: Die EU durchlebt eine schwierige Zeit, und das nicht erst seit dem 23. Juni, dem Tag des Referendums. Ich finde, wir sollten uns eine Atempause gönnen. Und ernsthaft darüber diskutieren, ob und welche Kompetenzen wir aus Brüssel auf nationale und regionale Ebenen zurückverlagern. Nicht alles muss zentralistisch entschieden werden.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Der Brexit ist ja nicht die einzige Baustelle. In Italien zeichnet sich gerade eine Bankenkrise ab. Eine weitere Bedrohung für die EU?

Stephan Mayer: Fest steht, dass Ministerpräsident Renzi das Bankenproblem in den Griff bekommen muss.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Ministerpräsident Renzi möchte die italienischen Banken mit Steuergeldern stützen. Die Rede ist von einer Kapitalspritze von 150 Milliarden Euro.

Stephan Mayer: Seit Anfang dieses Jahres geht das nicht mehr. Die EU-Bestimmungen sehen vor, dass es im Falle einer Bankenpleite zu einem Bail-in kommen muss. Das heißt, dass zunächst einmal die Einleger und Käufer von Anleihen zur Kasse gebeten werden müssen. Eine Aufweichung dieser Regeln darf es nicht geben. Sonst macht sich die EU unglaubwürdig.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sie schließen also eine Rettung der italienischen Krisenbanken durch die – letzten Endes ja – europäischen Steuerzahler kategorisch aus?

Stephan Mayer: Ja.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: In Italien steht im Herbst ein Verfassungsreferendum an. Darin geht es darum, dem Abgeordnetenhaus mehr Macht einzuräumen, die des Senats zu beschneiden. Wenn sich die Bankenkrise bis dahin ausweitet, dürfte Renzi das Referendum verlieren – und damit sein Stuhl wackeln. Wäre das nicht ein Grund für Kanzlerin Merkel, Renzi noch einmal entgegenzukommen? Andernfalls könnte die euro-kritische Partei „MoVimento 5 Stelle“ in Italien mehr Zustimmung bekommen.

Stephan Mayer: Ich begrüße die geplante Verfassungsreform in Italien durchaus. Bisher hat der dortige Bikameralismus, über den der Senat die Beschlüsse der Abgeordnetenkammer ausbremsen konnte, das Land politisch gelähmt. Das heißt aber nicht, dass wir nun gleich wieder sämtliche europäischen Absprachen zur Bankenrettung für nichtig erklären. Täten wir dies, bräuchten wir ja erst gar keine Absprachen zu treffen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wird die Bankenkrise in Italien Auswirkungen auf die europäische Bankenunion haben? Immerhin dürfte doch die Aussicht, auf einen dann gemeinsamen europäischen Einlagensicherungstopf zugreifen zu können, für viele Banken in den sogenannten Krisenländern doch verlockend wirken.

Stephan Mayer: Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass diese Einlagensicherung rückwirkend greift. Das bedeutet, dass bei aktuellen Krisenbanken wie der „Monte dei Paschi di Siena“ im Falle einer Insolvenz der Bail-in angewendet werden muss.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Überall in Europa gewinnen euro- und „europa- skeptische“ Parteien an Zuspruch. In Großbritannien ist Nigel Farage zum Gesicht des „Leave“ geworden. In Frankreich fordert der Front National die etablierten Parteien heraus. Die Bewegung „MoVimento 5 Stelle“ ist in Italien laut Umfragen jetzt stärkste Partei. Wie sieht es in Deutschland aus? Was macht die AFD?

Stephan Mayer: Die AfD war bis zum Aufkommen der Flüchtlingskrise im letzten Jahr politisch bereits erledigt. Jetzt haben sie sich auf dieses Thema gestürzt – auch wenn sie inzwischen natürlich versuchen, auch andere Felder zu besetzen. Aber Populismus kann keine Antwort auf unsere Probleme sein.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Hat die Bundesregierung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise Fehler gemacht?

Stephan Mayer: Die Bundesregierung versucht, die Flüchtlingskrise mit konkreten Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Und damit sind wir durchaus erfolgreich. So haben wir ein Datenaustauschverbesserungsgesetz auf den Weg gebracht. Und noch vor kurzer Zeit betrug der Anteil von Menschen aus dem Westbalkan unter den Flüchtlingen 47 Prozent. Der tendiert jetzt gegen Null.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Brexit, Bankenkrise, Flüchtlingskrise. Brauchen wir in Deutschland nach der nächsten Bundestagswahl wieder eine Große Koalition, um der Lage Herr zu bleiben? Oder wäre auch Schwarz-Grün eine Option?

Stephan Mayer: Die Union sollte versuchen, möglichst viele Stimmen einzufahren. Ist das eigene Ergebnis gut, können wir entspannt in die Koalitionsverhandlungen gehen.

***

MdB (CSU) Stephan Mayer ist Vorsitzender der deutsch-britischen Parlamentariergruppe sowie Mitglied der Parlamentariergruppe Deutschland-Italien.


Mehr zum Thema:  

DWN
Technologie
Technologie Elektrifizierung: Wind und Solar boomen, doch Kohle bleibt der weltweit bedeutendste Energieträger
23.11.2024

Der Ausbau emissionsfreier Energieerzeugungskapazitäten schreitet in Rekordtempo voran. Doch auch die Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung...

DWN
Panorama
Panorama Plastikmüll bekämpfen: UN-Abkommen soll globale Umweltverschmutzung eindämmen
23.11.2024

Plastikmüll ist eine wachsende Gefahr für Umwelt und Meere. Forschende aus den USA zeigen, wie vier Maßnahmen den falsch entsorgten...

DWN
Politik
Politik Deutschland prüft Vorgehen nach Haftbefehl für Netanjahu
23.11.2024

Die Bundesregierung steht nach dem Haftbefehl gegen Israels Regierungschef vor einem Dilemma. Noch ist offen, wie sie sich positioniert....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Regierung: Google muss Chrome-Browser verkaufen
23.11.2024

Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Webbrowser Chrome trennen muss. Das...

DWN
Panorama
Panorama Corona-Maßnahmen führen zur Ausrottung eines Grippe-Stamms: Umstellung auf Dreifach-Impfstoff
23.11.2024

Die Grippeschutzimpfung hat sich für die aktuelle Saison verändert: Statt eines Vierfach-Impfstoffs wird nun ein Dreifach-Impfstoff...

DWN
Politik
Politik Tiefpunkt der Brandenburger Politik: Ministerin entlassen - Minister tritt zurück
23.11.2024

Machtprobe im Streit um die Klinikreform: Regierungschef Dietmar Woidke entlässt in der Bundesratssitzung die grüne Gesundheitsministerin...

DWN
Politik
Politik Rocketman: Putin kündigt Serienproduktion neuer Mittelstreckenwaffe an
23.11.2024

Der Westen verurteilt den Einsatz der neuen russischen Mittelstreckenrakete gegen die Ukraine als neuerliche Eskalation - Moskau feiert...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung vor Engpässen: DRV fordert Maßnahmen zur Stabilisierung
23.11.2024

Die Deutsche Rentenversicherung warnt vor einer möglichen Finanzierungslücke bis 2027. Trotz stabiler Einnahmen erfordert die Rentenkasse...