Tausende prokurdische Demonstranten haben am Samstag in Istanbul sowohl gegen den Putschversuch in der Türkei als auch gegen die Reaktion von Staatschef Recep Tayyip Erdogan protestiert. Auf einem Spruchband an der Rednertribüne stand "Nein zum Putsch, Demokratie sofort" zu lesen, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Zu der Kundgebung hatte die wichtigste türkische Kurdenpartei HDP aufgerufen. Die HDP hatte unmittelbar nach dem Putschversuch die Regierung Erdogan vorbehaltlos unterstützt.
HDP-Chef Selahattin Demirtas kritisierte vor den Demonstranten Erdogans Entscheidung, die Dauer des zulässigen Polizeigewahrsams auf 30 Tage auszudehnen. "Ein 30-tägiger Gewahrsam läuft auf Folter an sich hinaus", sagte der Parteichef und studierte Anwalt.
"Gegen den Putsch zu kämpfen ist richtig, legitim, gerechtfertigt. Aber die Maßnahmen, die Sie ergriffen haben, werden den Weg für mehr Ungerechtigkeiten ebnen", sagte Demirtas an die Adresse der Regierung in Ankara laut afp. Der Parteichef rief dazu auf, von "Wut, Hass und Polarisierung" Abstand zu nehmen. "Die Gesellschaft erwartet von uns Frieden."
Die 30-jährige Demonstrantin Latifa sagte: "Wir wollen keinen Staatsstreich des Militärs." Erdogans Politik fördere die Demokratie allerdings auch nicht.
"Wir wollen Demokratie, aber nicht seine Demokratie", hob die Demonstrantin hervor.
Vor gut einer Woche hatten Teile des türkischen Militärs versucht, Erdogan zu stürzen. Der Putschversuch wurde niedergeschlagen. Erdogan beschuldigt den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger, hinter dem Umsturzversuch zu stehen. Seine Regierung geht nun massiv gegen die Gülen-Bewegung vor. Erdogan verhängte außerdem einen Ausnahmezustand, so dass er per Dekret unter Umgehung des Parlaments regieren kann.
Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei soll die Präsidentengarde aufgelöst werden. Das sagte der türkische Regierungschef Binali Yildirim am Samstagabend dem Sender A Haber. "Es wird keine Präsidentengarde mehr geben, sie hat keinen Zweck, es gibt keinen Bedarf", begründete der Ministerpräsident den Schritt.
Am Freitag war mitgeteilt worden, dass im Zusammenhang mit dem Putschversuch Haftbefehl gegen 300 Mitglieder der Präsidentengarde erlassen wurde. Nach Informationen des Fernsehsenders CNN-Türk wurden auf dieser Grundlage bereits 283 Mitglieder der Präsidentengarde festgenommen. Der Elitetruppe hat insgesamt bis zu 2500 Mitglieder.
Teile der Armee hatten vor gut einer Woche einen Putschversuch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gestartet, der schnell niedergeschlagen wurde. Erdogan beschuldigt den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger, hinter dem Umsturzversuch zu stehen. Als Konsequenz verhängte Erdogan einen Ausnahmezustand.
Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei ist ein wichtiger Mitarbeiter des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen festgenommen worden. Hails Hanci sei in der Schwarzmeer-Provinz Trabzon festgenommen worden, teilte ein Regierungsvertreter am Samstagabend mit.
Dieser sei die "rechte Hand" Gülens und kümmere sich um den Transfer von Geldern an Gülen.
Hanci sei "anscheinend" zwei Tage vor dem Putschversuch in die Türkei gekommen, sagte der Regierungsvertreter. Am Samstag war ebenfalls bekannt geworden, dass Gülens Neffe, Muhammet Sait Gülen, in Gewahrsam genommen wurde.
Der türkische Staatschef Erdogan beschuldigt Gülen und seine Anhänger, hinter dem Umsturzversuch vor rund einer Woche zu stehen. Gülen weist dies zurück. In einem ersten Dekret seit Ausrufung des Ausnahmezustands ordnete Erdogan am Samstag die Schließung tausender Einrichtungen mit mutmaßlichen Verbindungen zur Bewegung seines einstigen Weggefährten an. Demnach werden 1043 Privatschulen, 1229 Vereine und Stiftungen, 19 Gewerkschaften und Verbände und 35 Gesundheitseinrichtungen geschlossen, die zu Gülens Hizmet-Bewegung gehören sollen.