Finanzen

Europas Banken stehen ratlos vor der nächsten Krise

Lesezeit: 2 min
18.08.2016 02:30
Die Geldpolitik der EZB hat die europäischen Banken in die Krise geführt. Auswege gibt es kaum - nun warten alle Beobachter auf die große Konsolidierung. Die Banken selbst sind nicht mehr Herr der Lage.
Europas Banken stehen ratlos vor der nächsten Krise

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In einer Analyse untersucht Reuters neue Wege, wie Banken in Zukunft Geld einsparen könnten:

Sparen, sparen, sparen - das ist das Gebot der Stunde für Europas Investmentbanken. Die anhaltenden Mini-Zinsen, das teurer gewordene Handelsgeschäft und die Heerscharen an Regulierungsexperten, die eingestellt werden müssen, lassen vielen Häusern keine andere Wahl. Sie dampfen das Kerngeschäft ein, entlassen Händler, ziehen sich aus einzelnen Märkten zurück, kürzen Boni oder streichen das Reisebudget zusammen. Jetzt könnte eine neue Dimension hinzukommen: eine enge Zusammenarbeit etwa in der IT oder eine gemeinsame Nutzung von Immobilien. Für die um ihr Image bedachte Finanzbranche wäre das ein absolutes Novum. Erzrivalen, die ihren Stolz überwinden und künftig aus der Not heraus kooperieren?

Die öffentliche Diskussion darüber hat UBS-Chef Sergio Ermotti angestoßen. Er ist bekannt dafür, seine Worte stets mit Bedacht zu wählen - und wurde unlängst bei der Präsentation der Halbjahreszahlen doch sehr deutlich: „Ich bin zuversichtlich, dass wir - wie andere Branchen auch - enger zusammenrücken werden, um Größenvorteile zu heben“, erklärte er. Erste Gespräche dazu gebe es bereits zwischen einzelnen Instituten. „Aber das geht langsamer, als ich es für nötig halten würde.“ Fünf bis zehn Jahre wird es bis zum Durchbruch dauern, schätzen Branchenexperten.

Ermotti redet nicht von Fusionen, sondern von Kooperationen. Denn auf Fusionen wartet man in Europa schon lange vergeblich. Dabei wäre eine Marktkonsolidierung eigentlich die logische Konsequenz, wenn viele Großbanken nicht mal mehr ihre Kapitalkosten verdienen und die US-Konkurrenten davonziehen. Doch mit Teamwork könnte es anfangen. Erste Beispiele gibt es bereits: So haben sich 18 Banken und Vermögensverwalter verbündet, um eine gemeinsame Chat-Plattform an den Start zu bringen, auf der sich Händler und Fondsmanager austauschen können. Etabliert sich diese Plattform (Projekt „Symphony“), müssten die Firmen nicht mehr verschiedene Kommunikationskanäle wie den Eikon Messenger von Reuters oder Instant Bloomberg parallel laufen lassen.

Mehrere Banken haben sich auch für die Daten-Plattform „Clarient Entity Hub“ zusammengetan, wo Neukunden mit standardisierten Systemen durchleuchtet werden, damit sich die Institute keine neuen Risiken etwa beim Thema Geldwäsche ins Haus holen. Und im Zahlungsverkehr wird branchenweit hinter verschlossenen Türen gerade an der neuen „Blockchain“-Technologie getüftelt. Sie funktioniert wie ein virtuelles Kassenbuch, über das sich Geschäfte direkt zwischen den Parteien abwickeln lassen. Befürworter dieser Technologie argumentieren, hiermit ließen sich Milliarden sparen, vom Zeitvorteil ganz zu schweigen.

Wie groß der Druck ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen, die das Analysehaus Tricumen für die sieben größten europäischen Investmentbanken ausgerechnet hat: Demnach sind die operativen Erträge auf 72 Milliarden Dollar im Jahr 2015 geschrumpft, von 81,5 Milliarden Dollar im Jahr 2007. Gleichzeitig ging die Kostenquote auf 88 von 62 Prozent hoch. Dafür sind zwar auch die vielen teuren Rechtsstreitigkeiten verantwortlich, unter denen etliche Geldhäuser noch immer ächzen. Paradebeispiel dafür ist die Deutsche Bank. Aber trotz der hohen Sonderbelastungen, die die Frankfurter schultern müssen, steht hier für einige Großinvestoren die Frage im Raum, ob der laufende Sparkurs angesichts der wegbrechenden Erträge nicht noch einmal verschärft werden muss.

Die britische Großbank Barclays hatte zwar vergleichsweise spät, dann aber mit viel härteren Einschnitten auch in der Belegschaft gegengesteuert. „Die Kosten einer Investmentbank werden im Grunde durch drei Faktoren beeinflusst: Leute, Technologie und Immobilien“, fasst Barclays-Chef Jes Staley zusammen. Beim Thema Immobilien sehen Branchenkenner schon länger Einsparpotenzial. Warum können sich Banken - gerade an Luxus-Standorten wie London - nicht auch Büroflächen teilen? Die Zeiten, in denen sich jedes Geldhaus mit Rang und Namen einen eigenen Turm mit eigenem Schriftzug leistete, könnten schon bald vorbei sein, argumentieren sie. Nach Einschätzung von Radi Khasawneh vom Beratungshaus Boston Consulting steht die Finanzbranche vor grundsätzlichen organisatorischen Fragen. Die herkömmlichen Sparmaßnahmen seien erschöpft. „Es muss etwas Größeres passieren.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Chef sieht Zinssenkungspfad unklar und plädiert für digitalen Euro
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Boom bei Gründungen von KI-Startups in Deutschland
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, entstehen in Deutschland gerade unzählige KI-Startups. Im...

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
24.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Frauen in Tech-Berufen: Deutliches Ungleichgewicht trotz wachsender Nachfrage
24.04.2024

Der Frauenanteil in Berufen in den Bereichen Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist laut einer Studie niedrig....