Politik

Orban gegen Merkel: „Grenzen nicht mit Kuscheltieren zu verteidigen“

Die osteuropäischen Staaten haben sich geschlossen gegen die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Merkel ausgesprochen. Ungarn will seine Grenzen besser befestigen, Polen lehnt „Zwangsumsiedlungen“ aus historischen und kulturellen Gründen ab. Damit ist völlig unklar, wie es in der Flüchtlingspolitik der EU weitergehen soll.
27.08.2016 02:08
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr oder weniger geschlossen haben sich die Visegrad-Staaten gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel positioniert.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban kündigte am Freitag vor Beratungen der Visegrad-Gruppe in Warschau die Verstärkung der ungarischen Anlagen an der Grenze zu Serbien an. Zur Verstärkung des bisherigen, mit Stacheldraht bewehrten Zauns solle entlang der 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien ein "robusteres Verteidigungssystem" gebaut werden, sagte Orban dem ungarischen Rundfunk. "Die Grenze kann nicht mit Blumen und Kuscheltieren verteidigt werden, sondern mit Polizisten, Soldaten und Waffen", fügte der Orban hinzu. Mit der neuen Grenzanlage solle es möglich sein, "hunderttausende" von Flüchtlingen abzuwehren, falls die Türkei ihre Kooperation mit der Europäischen Union in Flüchtlingsfragen aufkündige.

Im vergangenen Jahr hatten mehr als 400.000 Flüchtlinge Ungarn auf ihrem Weg nach Nordwesteuropa durchquert, vor allem nach Deutschland. Daraufhin ließ Orban Grenzzäune bauen. In diesem Jahr reisten bislang erst knapp 18.000 Flüchtlinge nach Ungarn ein. Anfang Oktober stimmen die Ungarn in einem Referendum über die von der EU beschlossene Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas ab. Die Regierung in Budapest lehnt diese vehement ab.

Eine "Zwangsumsiedlung" nannte Polens Außenminister Witold Waszczykowski die Umverteilung von Flüchtlingen noch vor dem Besuch der Kanzlerin - und lehnt diese ab. Damit habe Polen in seiner eigenen Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. "Aus ideologischen und historischen Gründen ist das für uns nicht vertretbar", sagte er. Hinzu käme, dass sich nicht alle Länder in Europa so eine Politik, wie Deutschland sie vorschlägt, leisten könnten. Tschechiens Präsident spricht schlichtweg von "Unsinn" und "absurden Humanismus".

Die slowakische Regierung betont den Sicherheitsaspekt: "Niemand kann mehr bestreiten, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen der unkontrollierten Immigration und dem Terrorismus gibt", sagte der slowakische Regierungschef Robert Fico. Deswegen wolle die Slowakei ihre Grenzen lieber schließen, statt zu öffnen.

Ärzte ohne Grenzen haben Deutschland und der EU einen Verrat ihrer Werte in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen. "Man kann nicht einerseits immer wieder auf die gemeinsamen Werte pochen und immer wieder betonen, dass man eben den Flüchtlingen hilft, aber in der Konsequenz und in der realen Politik genau das nicht tun", sagte der Geschäftsführer der Organisation, Florian Westphal, am Freitag dem Sender SWR.

Westphal warf den Regierungen der EU im "Interview der Woche" des SWR eine Abschottungspolitik vor. Knapp ein Jahr nach der Entscheidung von Deutschland und Österreich, in Ungarn gestrandete Flüchtlinge ohne Voraussetzung einreisen zu lassen, "betreibt und unterstützt die Bundesregierung eine Politik der Europäischen Union, die vor allem darauf abzielt, Menschen davon abzuhalten, und es ihnen unmöglich zu machen, nach Europa zu gelangen".

Ärzte ohne Grenzen kritisierte in diesem Zusammenhang das EU-Türkei-Abkommen sowie Einschränkungen bei der Familienzusammenführung. Westphal forderte im Gegenteil, die Familienzusammenführung für Flüchtlinge zu beschleunigen und an Schutzsuchende humanitäre Visa auszustellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Polizeiliche Kriminalstatistik 2024: Immer mehr Gewaltdelikte
02.04.2025

Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 offenbart ein besorgniserregendes Bild: Trotz eines leichten Rückgangs der Gesamtkriminalität...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kurzarbeit auf Rekordhoch: Kritik an Verlängerung des Kurzarbeitergeldes wächst
02.04.2025

Die Wirtschaft steckt fest in einer Strukturkrise: seit 5 Jahren kein Wachstum. Die Folge: Immer mehr Unternehmen bauen Stellen ganz ab...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft: Verbände fordern dringenden Kurswechsel der Koalition
02.04.2025

Bitte kein "Weiter-so"! Mit Unmut blicken deutsche Wirtschafts- und Industrieverbände auf das, was die noch namenlose Koalition aus Union...

DWN
Politik
Politik Neue US-Zölle: Was die deutsche Wirtschaft fürchten muss
02.04.2025

Die geplanten Zölle von US-Präsident Trump sorgen für Unruhe in Europa. Niemand weiß genau, welche Branchen betroffen sein werden –...

DWN
Politik
Politik Ukraine erhält massive Militärhilfe aus Schweden und den Niederlanden – Russland weitet Einberufungen aus
02.04.2025

Die Ukraine erhält verstärkte militärische und finanzielle Unterstützung von Schweden und den Niederlanden, während Russland...

DWN
Politik
Politik Migration: Nancy Faeser sieht eigene Migrationspolitik als Erfolg
01.04.2025

Während SPD und Union über eine mögliche Koalition verhandeln: Die geschäftsführende Innenministerin Faeser präsentierte heute...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...