Finanzen

Europas Börsen nervös nach US-Attacke gegen Deutsche Bank

Lesezeit: 3 min
16.09.2016 15:49
Die Ankündigung einer Milliardenstrafe aus den USA verursachte auch bei anderen Instituten einen drastischen Kursverfall. Die großen europäischen Aktienindizes melden fast durchgängig Verluste.
Europas Börsen nervös nach US-Attacke gegen Deutsche Bank

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Aktienmärkte beherrschte am Freitag ein Thema: Die drohende Mega-Strafe für die Deutsche Bank. Anleger warfen nicht nur die Aktien des größten deutschen Geldhauses aus ihren Depots und sorgten für einen Kursverlust von acht Prozent, auch andere Finanzwerte gingen in die Knie. Die Titel der Commerzbank gaben fast 2 Prozent nach. Gute Nerven brauchten Anleger auch wegen des Verfalls an den Terminmärkten, der vereinzelt für stärkere Kursausschläge sorgte. Dax und EuroStoxx50 verloren rund 1,4 Prozent bzw. 1,2 Prozent auf 10.280 bzw. 2940 Punkte. Auch für die Wall Street signalisierten die Futures fallende Kurse.

Der britische Leitindex FTSE100 liegt derzeit rund 0,2 Prozent im Minus, ebenso wie der französische CAC40, der einen Verlust von 1 Prozent meldet. Der ATX aus Österreich lag rund 0,8 Prozent im Minus. Auch die Leitindizes aus Schweden, Tschechien, Russland, Ungarn und Polen schreiben rote Zahlen. Gegen den Trend vermeldeten der spanische IBEX 35 und der slowakische SAX Kursgewinne.

In den USA ging der Dow Jones mit minus 0,5 Prozent in den Handel, der breiter gefasste S&P 500 gab etwa 0,6 Prozent nach.

Bankaktien gehörten zu den größten Verlierern. Papiere der Schweizer Credit Suisse gaben mehr als 4 Prozent nach, ebenso wie Titel der UBS, die sich um etwa 2,5 Prozent verbilligten. BNP Paribas aus Frankreich verloren etwa 1,8 Prozent. Aktien von Credit Agricole gaben etwa 0,8 Prozent nach, jene von Societe Generale um rund 2,5 Prozent. In Großbritannien sind neben der Royal Bank of Scotland mit minus 4,5 Prozent vor allem Barclays (minus 2,5 Prozent) und HSBC (minus 0,6 Prozent) von Verkäufen betroffen. Scheine der UniCredit liegen in Mailand mit 5 Prozent im Minus, jene der Intesa Sanpaolo mit rund 2,7 Prozent. Die Aktien der angeschlagenen Banca Monte dei Paschi di Siena gaben um 6,5 Prozent nach.

Das US-Justizministerium will von der Deutschen Bank als Wiedergutmachung für Tricksereien auf dem amerikanischen Immobilienmarkt 14 Milliarden Dollar. Das Geldhaus geht davon aus, in den nun beginnenden Marathon-Verhandlungen mit den Behörden die Summe drücken zu können. Doch selbst ein Drittel der angedrohten Strafe wäre eine schwere Last für die Bank, die aktuell nur auf einen Börsenwert von 16,5 Milliarden Euro kommt, rechnete Analyst Neil Wilson vom Brokerhaus ETX Capital vor. „Man muss sich fragen, ob die Finanzregulatoren mit derart hohen Strafen nicht mehr Schaden anrichten, als sie Gutes tun. Wie sollen Banken die Krise jemals hinter sich lassen?“

Bei Börsianern flammte die Angst vor einer Kapitalspritze wieder auf. „Die Deutsche Bank wird diese Strafe nicht ohne Kapitalerhöhung bezahlen können“, sagte der Präsident des Ifo-Instituts Clemens Fuest. Die Gewinne des Instituts seien derzeit so niedrig, dass sie kaum ausreichten, die Lücke zu füllen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die Bank sich von der Vermögensverwaltung trennen muss, die stabile Erträge liefert.

Der Aktienkurs der Deutschen Bank verlor in den vergangenen sechs Monaten rund ein Drittel an Wert. Dagegen legten die Titel des US-Rivalen Goldman Sachs, der sich im Frühjahr mit dem US-Justizministerium im Hypothekenstreit auf einen Vergleich von rund fünf Milliarden Dollar geeinigt hatte, im selben Zeitraum mehr als zehn Prozent zu.

Aus ihren Depots warfen Anleger vor allem Aktien der Royal Bank of Scotland (RBS), der eine ähnlich hohe Zahlung wie der Deutschen Bank droht. „Selbst ein Drittel davon hätte einen lähmenden Effekt und würde die Rückkehr in die Gewinnzone weiter verzögern“, sagte Wilson. RBS gehörten mit einem Kursminus von 5,5 Prozent zu den größten Verlierern im europäische Banken-Index, der zwei Prozent einbüßte. In Zürich rutschten UBS und Credit Suisse, denen ähnliche Vergehen vorgeworfen werden wie der Deutschen Bank, um bis zu 5,6 Prozent ab.

Unter Druck gerieten auch Aktien aus dem Öl- und Gassektor nachdem Nigeria und Libyen ihre Öl-Exporte ausgeweitet hatten und der Preis für Rohöl deutlich gefallen war. Der europäische Index der Branche sank um 1,8 Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als sechs Wochen. Unter den größten Verlierern waren Saipem und ENI mit je rund drei Prozent, Total und OMV verloren bis zu 2,3 Prozent.

Gegen den Trend in Europa legten Haldex an der Stockholmer Börse bis zu 7,2 Prozent zu und waren mit 127 Kronen so teuer wie zuletzt vor knapp eineinhalb Jahren. Der Bremsen-Hersteller Knorr-Bremse stockte seine Offerte für den schwedischen Konkurrenten auf fuhr damit seinem deutschen Rivalen ZF Friedrichshafen in die Parade.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Robert Habeck sollte endlich die Kehrtwende vollziehen - im Heizungskeller Deutschlands
03.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...